Der aktuelle Präsident des Bauernverbandes greift nach dem freien Bundesratssitz der Mitte-Partei. An sich ein bisher in der Geschichte unseres Landes kein ungewöhnlicher Vorgang. Bloss befinden wir uns im Jahr 2025 und nicht 1875.
Im aktuellen Bundesrat sitzt bereits ein Bauer, ein Weinbauer, um genau zu sein. Neben diesem SVP-Vertreter präsentiert sich auch die neuste SP-Vertreterin gerne mindestens als Teilzeitbäuerin. Der zweite SVP-ler ist Agronom und der zweite SP-ler war ursprünglich auch Landwirt. So weit so problematisch. Denn das Bundesratsgremium sollte nicht nur die Landesteile, sondern auch die Bevölkerung angemessen vertreten. Es ist also nicht angezeigt, dass alle Bundesräte (ehemalige) Lehrer, Anwältinnen, Ärzte oder Landwirte sind.
Besonders bei Berufen bzw. Branchen, die nachhaltig mit Steuer- und damit sogenanntem Bundesgeld finanziert werden – wie dies bei der Landwirtschaft der Fall ist – wäre Zurückhaltung bei deren Vertretung in der Landesregierung unbedingt angebracht.
Jährlich verdienen weniger Personen ihr Geld in der Landwirtschaft. Im vergangenen Jahr waren es noch 148'000 oder 2.77 Prozent aller Erwerbstätigen in unserem Land. Das ist wenig, sehr wenig. Selbst wenn man der Branche – Stichwort Landesversorgung – ein gewisses Mass an Wichtigkeit zugestehen mag, mehr als zwei Vertreter im Bundesrat, das geht entschieden zu weit. Gar fünf davon verträgt die Schweiz nicht.
Die Wertschöpfung der Landwirtschaft liegt aktuell bei rund 4.6 Milliarden Franken. Allein an Subventionen fliessen der Branche jährlich 3.6 Milliarden Franken zu. Zum Vergleich: die Finanzdienstleister erarbeiten eine Wertschöpfung von mehr als 41 Milliarden Franken – ganz ohne Bundessubventionen. Da fühlt sich selbst die Bundeshilfe wegen der Bankenpleite als Kinkerlitzchen an.
Man kann auch einen anderen Vergleich hinzuziehen. Das Schweizer Bruttoinlandprodukt BIP beträgt mehr als 800 Milliarden pro Jahr. Davon entfallen etwas mehr als ein halbes Prozent (0.57%) auf die Landwirtschaft.
Unser Wohlstand hängt also zu einem winzig kleinen Teil von der Landwirtschaft ab - und das lassen wir uns erst noch viel (Steuer-)Geld kosten. Dieses Staubkorn rechtfertigt niemals diese massive Übervertretung einer einzigen Branche in unserer Landesregierung. Das Parlament sollte ob der Personen die Relationen nicht ganz aus den Augen verlieren. Die Schweiz ist kein Bauerndorf mehr.
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