Freitag, 20. Dezember 2024

Die hohle Illusion der "Guten"

Ein (selbsternannter) philanthropischer Basler mit irgendwelchem akademisch klingendem Titel regt sich medial darüber auf, dass die Löhne der Geschäftsleitungen von Hilfswerken thematisiert werden. 

Die Fakten: Im Rahmen der allgemeinen Kritik an den Cheflöhnen hat es nun also auch die Hilfswerke getroffen. Bei neun von jenen, die ihre Löhne offenlegen, liegt das Salär des Vorsitzenden über CHF 160'000 im Jahr; Extras nicht mitgerechnet. Das SRK liegt mit gut 260'000 Chefinnenlohn an der Spitze, vor Caritas und WWF.

«Warum sollen die Leute, die Gutes tun, weniger verdienen als Leute, die Probleme schaffen?» So lautete der Kommentar des Baslers. Es ist dies wohl das erste Mal, dass beim Lohn die Frage aufgeworfen wird, ob das Tun des Chefs (moralisch) gut oder schlecht ist. Wenn dem wirklich so wäre, müssten wohl die Pfarrer am meisten verdienen... 

Was aber besonders abstrus ist, das sind die Vorstellungen dieses «Gutmenschen». Er geht davon aus, dass jeder Mensch, der bei einem Hilfswerk arbeitet, etwas Gutes tut und jeder, der sein Geld als Vorgesetzter in einer Verwaltung oder in einem Unternehmen verdient, «Probleme schafft».

Fakt ist aber: wer seinen Cheflohn in einem Unternehmen bekommt, dessen Lohn wird in und von diesem Unternehmen verdient. Wer sein Salär als Hilfswerk-Chef bekommt, dessen Entschädigung besteht aus Spenden von Menschen, die mit ihrem sauer verdienten Geld etwas Gutes tun wollten. Und wer in der Verwaltung arbeitet, bekommt zwar seinen Lohn aus Steuergeldern, hat aber gleichzeitig einen Auftrag zu erfüllen, der ihm von der Mehrheit der Stimmberechtigten aufgetragen wurde. Einen Auftrag notabene im Dienste der Allgemeinheit. Hilfswerk-Chefs dagegen geben sich ihren Auftrag    selber.

Der wichtigste Punkt jedoch ist der menschlich-allzumenschliche: Jeder kann an seiner Position mit seiner Arbeit Gutes tun und jeder – auch der Chef eines Hilfswerks – kann «Probleme schaffen» oder dem Bösen folgen. Den Einen nur das Gute und den Andern nur das Böse zu zutrauen wäre schlichte Dummheit, wenn es nicht Überheblichkeit wäre.

P.S. Als sich im 19. Jahrhundert die röm.-katholische Kirche auf den Standpunkt stellte, ihr Chef, der Papst, könne sich niemals irren, kam es zum Kulturkampf. Glauben wollten diese Unfehlbarkeit nicht einmal alle Katholiken. Offenbar sollen für die Chefs der Hilfswerke heute ähnliche Regeln gelten wie damals für den Papst. "Damals", weil die Päpste seit Jahrzehnten diese "Vollmacht" in der Schublade liessen.

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