Samstag, 23. November 2024

Ein relationsloser Aufschrei - mehr nicht

«Nun singen sie wieder» titelte Max Frisch seinen «Versuch eines Requiems». Das liegt schon ein paar Jahrzehnte zurück. Jährlich heben Medien, Politikerinnen und Parteien zum ebenfalls tragischen Gesang an: über die laufend steigenden Gesundheitsausgaben. Die jüngsten Zahlen sollten gar besonders aufschrecken: Bald überschreiten diese Kosten die 100-Milliarden-Grenze.

Dem wäre immerhin entgegenzuhalten, dass Jahr für Jahr ein paar 10'000 Menschen mehr in unserem Land wohnen. Und diese haben ebenfalls Anrecht auf die Gesundheitsversorgung. Ausserdem sind jährlich mehr Personen alt oder betagt. Weiter steigen jährlich die Ansprüche an das Gesundheitswesen: unsere Krankheiten sollen möglichst alle geheilt und unsere Unfallverletzungen möglichst ohne negative Folgen repariert werden. Wurde früher ein Arzt gerufen, wenn es um Leben und Tod ging, rennen heute junge Menschen schon mit einem simplen Tinnitus bedenken- und gedankenlos in den Spitalnotfall.

Kommt danach die Rechnung, trifft sie auf überaus überraschte bis empörte Empfängerinnen und Empfänger. Das nennt sich dann in der Psychologie «schizophren».

Seltsam mutet zudem an, dass die Gesundheitskosten dauernd ein Politikum sind, die allgemeinen Staatskosten aber nicht. Gemäss nationaler Statistik belaufen sich die jährlichen Kosten für den sogenannten Staatssektor auf sage und schreibe 250 Milliarden Franken. Dabei führen diese Kosten nicht einmal zur Heilung eines einfachen Schnupfens.

Aber es gibt noch ein paar andere Ausgaben, um deren Höhe sich Herr und Frau Schweizer inkl. Medien und Politik foutieren. Zum Beispiel die Kosten für Auslandferien. Sie nahmen 2023 um rund 12 Prozent (!) zu und betragen immerhin auch schon 20 Milliarden. Fast 30 Milliarden kostet uns pro Jahr die Mehrwertsteuer. Und ziemlich genau gleich hoch wie die Gesundheitsausgaben, ca. 100 Milliarden pro Jahr, sind die jährlichen Ausgaben für die soziale Sicherheit. Deren Wachstumsrate liegt sogar noch  deutlich höher als jenes der Gesundheitskosten.

Letztlich ist Vieles einfach eine Frage der Relationen. Und auch eine Frage der politischen Schwerpunkte. Während die einen Kosten jährlich sehr laut thematisiert werden, wird über die anderen ein dicker Mantel des Schweigens ausgebreitet. Sicher ist dabei bloss: dieses Verhalten löst weder das eine noch das andere Problem.

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