Donnerstag, 24. Oktober 2024

Die Steuerzahler und die Geldverteiler

Der neue Chef des Amts für Kultur und Sport des Kantons Solothurn ist soeben mit speziellen Äusserungen aufgefallen; mit Äusserungen, welche in den Ohren derjenigen, die dieses Amt finanzieren und die jene Gelder erst verdienen müssen, die von diesem Amt ausgegeben werden, höchst seltsam tönt.

So kommt der Staatsbeamte kritisch zum Schluss, dass der Kanton Solothurn eher weniger für Kultur ausgibt  «als andere Kantone». Welche Kantone hier zum Quervergleich herangezogen werden, bleibt jedoch sein Geheimnis. Auch scheint den Chefbeamten nicht zu kümmern, dass Solothurn als einer der finanzschwächsten Kantone unseres Landes alle Staatsaufgaben mit relativ wenig (Steuer-)Geld zu erledigen hat. Dazu gehört auch die Kultur.

Zudem: Gerade in Solothurn ist enorm viel los im kulturellen Bereich. Welches grössere Schweizer Dorf (mehr als das ist Solothurn genau genommen nicht) leistet sich ein eigenes Theater, einen Konzertsaal und ein Kunstmuseum? Von all den weiteren Museen, Ausstellungen und den vielen kulturellen Anlässen (Filmtage, Literaturtage, Barocktage, Horntage etc.) ganz zu schweigen. Wo bitte findet denn hier zu wenig Kultur statt? Ähnliches gilt durchaus auch für Olten, Grenchen oder Dornach. Und «auf dem Land»? Sind denn die vielen, qualitativ ausgezeichneten Blasorchester, die zahlreichen Freilichtaufführungen und Laientheater zum Beispiel in den Augen der Kulturbeamten keine Kultur?  Ist gute Kultur nur das, was der Kanton subventioniert oder bezahlt?

Auch wenn die Steuerzahler oder, um mit dem Worten des Staatsbeamten zu sprechen, «der Kanton» hier wohl höchstens einen kleinen bis mittleren Beitrag geleistet haben, tragen Hunderte, ja Tausende an Staatsbürgerinnen und Steuerzahlenden sowie sehr viele Firmen und Kulturfreunde mit ihrer Tatkraft und häufig auch mit ihrem Portemonnaie zur Realisierung von Kultur bei. Einer Kultur notabene, die meist mit Begeisterung geschaffen wird. Die meist mit grossen Besuchererfolgen rechnen darf. Die bei der Mehrheit der Bevölkerung «ankommt».

Gerade Letzteres lässt sich leider von der grossen Mehrheit der vom Staat aus der Bürgerkasse finanzierten Kultur nicht sagen. Diese ist grossmehrheitlich elitär, abgehoben oder weit weg vom Bürger und seinem Alltag, seinen Bedürfnissen und seinen Wünschen. Sie findet zu einem nicht unerheblichen Teil in einer Bubble statt, in der die einen den anderen im Kreis herum auf die Schultern klopfen, weshalb alle meinen, sie hätten Columbus’ Ei gefunden. 

Kulturförderung mit Staatsgeldern heisst zu Deutsch nichts Anderes als staatlich organisiertes (Steuer-)Geldverteilen. Wer dafür seinen Lohn kriegt, sollte in grosser Demut vor den Steuerzahlenden stehen und statt diese (wenn auch indirekt) zu kritisieren, sollte er sie für ihre Grosszügigkeit loben. Und er sollte sich überlegen, warum viele vom Staat geförderte Künstler mit ihren Werken nur eine extrem kleine Minderheit erreichen. Warum sich «das Volk» dafür schlicht nicht interessiert.

Staatliche Kulturförderung muss nicht eine Mehrheit begeistern; sie darf auch provokativ und mindestens teilweise ihrer Zeit voraus sein. Aber sie muss sich laufend hinterfragen, weil die Gefahr (zu) gross ist, dass sie sich in eine Bubble zurückzieht. Der Start des neuen Chefbeamten vermag diesbezüglich nicht zu überzeugen. 

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