Donnerstag, 4. Juli 2024

Unternehmer - oder doch bloss Manager?

«Manager» tönt gut. Früher sagte man hierzulande «Verwalter». Und häufig trifft das besser zu auf das Selbstverständnis jener Menschen, die Mitglied einer Unternehmensleitung sind. Ihr eigener Gewinn hier und jetzt ist ihnen mehr wert als die Zukunft des Unternehmens, die Zukunft der Arbeitsplätze.

Wenn eine Unternehmensrendite sinkt oder sogar nicht mehr genügt, um Gegenwart und Zukunft finanzieren zu können: was ist dann zu tun?

Der Unternehmer wird seine Abläufe kontrollieren; den Overhead verkleinern (auch einen möglichen «Wasserkopf» in der administrativen Führung) und unnötige (d.h. nicht unmittelbar für das Unternehmen wichtige) Ausgaben streichen. Gleichzeitig wird er Ausschau halten nach neuen Absatzmärkten und unternehmerischen Chancen und diese zielstrebig ansteuern.

Das Management wird in der gleichen Situation ebenfalls zuerst die Kosten herunterfahren. Und das geht am einfachsten und ohne angestrengtes Nachdenken beim Personal. Stellenabbau heisst dann die Devise. Damit gehen sehr rasch viel Kompetenz, Wissen und Erfahrung verloren. Und wenn das Unternehmen Teile hat, die nicht genügend «performen» (also zu wenig erfolgreich sind), werden sie verkauft oder geschlossen. Damit kann man sich die Mühe ersparen zu ergründen, weshalb diese Bereiche nicht florierten und sie allenfalls auf neue Beine zu stellen. Das sollen dann andere erledigen, falls überhaupt.

Auf diese Weise wurden mit Unterstützung pseudogescheiter, aber teurer Berater mit HSG- und anderen renommierten Ausbildungen schon eine ganze Reihe grosser Schweizer Firmen in den Ruin geschickt oder verscherbelt. Erinnert sei etwa an die Ascom (ehemals Autophon und Hasler), an VonRoll, an Bally und als allerjüngstes und prominentes Beispiel – die Manager lernen offensichtlich nichts aus der Wirtschaftsgeschichte – die Migros.

Wer das Zimmer – statt aufzuräumen und allenfalls neu einzurichten – einfach abreisst, wird eher über Kurz als Lang das ganze Haus zum Einsturz bringen.

Unternehmerischen Erfolg haben letztlich nur unternehmerisch denkende Personen. Menschen, die nicht an sich und den eigenen Ruhm und Geldbeutel, sondern uneigennützig an die Zukunft des Unternehmens denken und glauben. Menschen, die Visionen haben, Chancen erkennen und den Mut wie die Ausdauer besitzen, diese konsequent und durchaus auch mit einer gewissen nachhaltigen Sturheit zu nutzen.

Unisono alle HSG-etc-Manager und reihenweise Wirtschaftsprofessoren haben in den 80-er Jahren verkündet, dass man so etwas wie Eisenbahnen in der Schweiz nicht mehr bauen könne. Diese Zeit sei vorbei. Die Schweiz als Industriestandort zu teuer. Das Produkt Schienenfahrzeuge zu simpel.

Und heute ist einer der weltweit erfolgreichsten, weil innovativsten Eisenbahnproduzenten ausgerechnet in der Schweiz angesiedelt und liefert seine Produkte weltweit aus. Da hatte jemand eine Idee und diese hartnäckig, mit viel Hirnschmalz und Arbeitsleistung zum Erfolg geführt. Kein einziger dieser «Sanierungsmanager» und «Super-Berater» hätte diese Herausforderung auch nur eines einzigen Blickes gewürdigt, wäre sie an ihn herangetragen worden.

Die heutigen Migros-Berater (ebenfalls mit klingendem Berater-Namen, wie man hört) werden ebenso wie die oberste Migros-Führung dennoch in die Wirtschaftsgeschichte eingehen: als jene, die nach Jahrzehnten der Prosperität diesen Grosskonzern bei den ersten auftauchenden Herausforderungen an die Wand gefahren haben.

P.S. Es ist davon auszugehen, dass die M-Gewinne in den nächsten Jahren deutlich tiefer ausfallen werden als bis anhin. Die Schweizer Kulturszene (ebenso wie manches Volksfest) wird das wegen des schrumpfenden Kulturprozentes hart treffen.

 


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