Dienstag, 30. Juli 2024

Medien im Clinch mit der Realität

Kürzlich in einer grossen Schweizer Tageszeitung gelesen: «Gegen Steuerhinterziehung im Inland». Das war die Überschrift über einen Leitartikel zum Thema: leere Bundeskasse. Die Bundeskasse, so der Journalist, werde wieder gesund, wenn die Schuldenbremse eingehalten und wenn die Schweiz auch im Inland den automatischen Informationsaustausch (AIA) einführen würde. Denn es lägen zu viele Vermögen unversteuert auf unseren Banken.

Da fragt sich der geneigte Leser und (leider) Abonnent: Hat dieser Journalist wirklich keine Ahnung oder schreibt er im Namen einer politischen Partei? Ist dieser Titel bloss eine mediale Provokation oder ideologisch hinterlegte Fake News?

Erstens kommt die Vermögenssteuer allein Kantonen und (Kirch-)Gemeinden zu. Die Bundessteuer ist lediglich auf dem Einkommen geschuldet. Zusätzlich versteuerte Vermögen erhöhen deshalb niemals die Bundeseinnahmen.

Zweitens: Als der AIA international (und bis heute mit diversen gravierenden Länder-Lücken) eingeführt wurde, haben in der Schweiz nicht die riesigen Vermögen die grössten Probleme gehabt, sondern vor allem der aus Südeuropa eingewanderte (untere) Mittelstand. Sehr oft haben diese Italiener, Spanier etc. in ihren Ferien im Heimatland an einem eigenen Haus gebaut. Sie haben dieses später als Ferienhaus und als Stein gewordene Hoffnung auf eine spätere Rückkehr in die Heimat benutzt. Die Wenigsten haben jedoch dieses Haus in der Schweizer Steuererklärung deklariert. Teilweise aus Nichtwissen, teilweise aus «Schlauheit». Der AIA hat sie in die Bredouille gebracht und den Steuerämtern Zusatzeinnahmen beschert.

Wer über sehr viel Vermögen verfügt, wer zum Beispiel ein (seriöses) Unternehmen besitzt oder daran wesentlich beteiligt ist: solchen steuerpflichtig gewordenen «Sparschweinchen» schaut jedes Steueramt äusserst genau auf die Finger. Schwarze Schafe gibt es überall. Ausgerechnet in diesem Bereich dürften sie jedoch sehr dünn gesät sein.

Fazit: einmal mehr ein Journalist, der über etwas berichtet, wovon er offensichtlich bloss «von Weitem» eine Ahnung hat. Zuerst sollten die Fakten studiert werden, bevor Papier bedruckt bzw. das Internet "bespielt" wird. Zudem: ein klein wenig permanente Weiterbildung («lebenslanges Lernen») würde auch im Redaktionsbüro nichts schaden.

 

Donnerstag, 25. Juli 2024

Die TATSÄCHLICHE Kostenrelation

Jetzt steht es also amtlich fest: wir geben im Jahr pro Kopf knapp 4000 Franken für die Gesundheitskosten aus.  -  Und daraus wird eine permanente politische Grossaufregung?

Die Gesundheit ist immerhin unser aller wertvollstes Gut. Das, so dürfte man doch meinen, darf auch etwas kosten. Denn nur was etwas kostet ist laut Volksmund auch etwas wert.

Für unser höchstes Gut sind 333 Franken pro Monat wahrlich nicht viel Geld. Hand aufs Herz: mit diesem Betrag liegt in den meisten Schweizer Zentren nicht manches Auswärtsessen drin. Und der Ausgang dürfte mit 333 Franken pro Monat auch nicht allzu luxuriös ausfallen. Bloss: haben Sie schon jemanden gehört, der im Bundeshaus Zetermordio schreit, weil der Ausgang teurer geworden ist oder weil das Schnitzel im Restaurant aufgeschlagen hat? Ganz zu schweigen von den geliebten Ferien. Zwei Ferienreisen im Jahr dürfen (inkl. Souvenirs, Restaurantbesuche, etc,) nicht allzu teuer sein, wenn sie zusammen maximal 4000 Franken kosten dürfen.

Ist es nicht seltsam? Für das (Lebens-)Wichtigste ist uns offenbar jeder Rappen zu viel. Für weniger Wichtiges und Nebensächliches geben wir das Geld mit beiden Händen aus ohne auf zu mucksen.

Die Lehre daraus? Die Politik sollte offensichtlich die Temperatur bei der Diskussion der Gesundheitskosten etwas senken. Solange wir noch derart viel Geld für Luxus und Nebensächliches haben, werden wir Schweizer und -innen nicht wegen steigender Gesundheitskosten bzw. Krankenkassenprämien verarmen. Immerhin betrug der Schweizer Durchschnittslohn 2023 6'800 Franken pro Monat. Die Gesundheitskosten betragen davon also weniger als 5 Prozent.

 

Samstag, 20. Juli 2024

Fleiss und Schweiss müssen sich lohnen

Die Linke in der Schweiz predigt – so als wären wir sozialpolitisch im 18. Jahrhundert stecken geblieben – noch immer von den bösen Reichen, die allen Andern und besonders den «Armen» alles wegnehmen und auf’s eigene Bankkonto schaufeln würden. Die neuste Initiative der Juso passt hier vollkommen in ein Bild, das sich seit 200 Jahren kaum verändert hat. Mindestens in der Schweiz. Denn die Sozialdemokraten im übrigen Europa haben den alten Klassenkampf schon längst gegen eine einigermassen pragmatische Sozialpolitik getauscht. 

Ist es denn wirklich so, dass die Superreichen in der Schweiz immer reicher und jene, die wenig bis nichts haben, immer zahlreicher werden? Alle glaubwürdigen und seriösen Statistiken sprechen eine vollkommen andere Sprache. Der allgemeine Wohlstand ist in der Schweiz seit dem 2. Weltkrieg gewaltig gewachsen. Davon haben alle Schichten profitiert. Die sogenannte Unterschicht sogar mehr als zum Beispiel der Mittelstand.

Fleiss gegen Staatsgelder

Wer etwas erarbeitet hat im Leben, wer viele Jahre, viel Geld und Fleiss in seine Ausbildung und Spezialisierung investiert und ein Vollpensum geleistet hat, darf sich – egal woher er ursprünglich kam – heute in der Schweiz eines Wohlstandes erfreuen, der so in der Geschichte unseres Landes einmalig ist.

Aber all jene, die Pech gehabt haben im Leben oder deren Arbeitsmoral nicht eben gross war? Sie profitieren von zahlreichen Segnungen unserer drei Staatsebenen und müssen selbst dann, wenn sie von der Allgemeinheit (bzw. der Sozialfürsorge) abhängig sind, auf kaum etwas Wesentliches verzichten.

Geteilter Wohlstand

Wer überdurchschnittlich viel verdient, wer überdurchschnittlich viel auf seinem Bankkonto hat, der kann seinen Wohlstand nicht allein geniessen: er muss ihn auf vielfache Weise mit der Allgemeinheit teilen. Dafür sorgen eine Riesenfülle an Umverteilungssystemen. 

Ein paar Beispiele?

-        Die Einkommens- wie die Vermögenssteuern

-        Die Mehrwertsteuer (wer mehr oder teurer konsumiert, bezahlt auch mehr)

-        Die Krankenkassenprämien (die «oben» nicht verbilligt werden)

-        Die AHV-, IV- etc.-Prämien. Hier bezahlen Gutverdienende viel mehr als sie im Versicherungsfall je beziehen können. Denn die Renten sind nach oben «gedeckelt»; die Prämien nicht. Nicht umsonst betonte die SP-Bundesrätin Ruth Dreifuss stets: «Die Reichen brauchen die AHV nicht – aber die AHV braucht die Reichen.» Denn ausschliesslich diese Bevölkerungsschicht bezahlt viel mehr in die Sozialversicherungskassen ein als sie je daraus bezieht.

-        Die Arbeitslosenversicherung kennt seit vielen Jahren immer wieder Zusatzabgaben auf höheren Löhnen. Diese Abgaben füllen zwar die ALV-Kasse, haben aber keinerlei Einfluss auf die Höhe eines allfälligen Arbeitslosengeldes.

-        Krippen, Tagesschulen, Kitas und andere Betreuungs- und Bildungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche: Hier bezahlen Gutverdienende stets mehr als der Rest. Teilweise wird auf diese Weise quersubventioniert, teilweise übernimmt der Steuerzahler (hier wieder vor allem der Gutverdienende) einen Teil oder gar alle Kosten.

-        Im Alterspflegeheim bezahlen diejenigen, die noch Erspartes auf der Bank haben, deutlich mehr für die Leistungen als jene, die mit leeren Hosensäcken anmarschieren.

      Ewiges Wiederholen macht aus "falsch" nicht "richtig"

Diese Liste ist keineswegs abschliessend. Und die Tendenz der Politik geht dahin, sie laufend zu erweitern. Das geschieht vor allem unter dem Druck der Linken, die gebetsmühlenartig ihre Botschaft wiederholt, dass alle Reichen schlecht, alle Armen gut, alle Reichen Abzocker und Egoisten und alle Armen deren Opfer seien. Die Reichen sind – so die marxistische Botschaft – immer illegal an ihr Geld gekommen; darum muss der Staat es ihnen wegnehmen. Und die Armen sind ausnahmslos völlig unverschuldet arm. Beides ist nachweislich mehr als falsch und wird durch ewiges Wiederholen nicht richtiger.

Unser Sozialstaat war noch nie in der Geschichte unseres Landes annähernd derart weitreichend. Bereits heute geht die Tendenz dahin, dieses Rad zu überdrehen: Blöd ist nicht mehr der, der seine Talente nicht nutzt. Blöd ist immer mehr derjenige, der sich anstrengt, statt «ganz einfach das Leben zu geniessen». Wenn sich Anstrengung und Fleiss aber nicht mehr lohnen, wird dieser Staat auf gleiche Weise in der Schuldenwirtschaft und letztlich im Zusammenbruch enden, wie das bei ausnahmslos allen kommunistischen Staaten in Osteuropa der Fall war.

Sonntag, 14. Juli 2024

Die Wenigsten reden - die Meisten handeln

Die Juso wollen grosse Vermögen in der Schweiz bei einer Vererbung zur Hälfte dem Staat «schenken». Damit wäre die Schweiz wohl weltweit DER Staat, der die Vermögen am stärksten steuerlich belastet. Denn wir bezahlen bekanntlich jährlich unsere Vermögenssteuer auf Kantons-, auf Gemeinde- und auf Kirchgemeinde-Ebene. Deshalb kennen die allermeisten Staaten, die eine Erbschaftssteuer kennen, nicht auch noch eine Vermögenssteuer.

Die Vermögenssteuer summiert sich zum Beispiel für KMU-Betriebe und grössere Gewerbebetriebe über die Jahre zu einem ganz ansehnlichen Happen, den sich hier der Staat von meinem Angesparten einverleibt. Einem Vermögen notabene, das ich zuerst durch Einkommen schaffen musste. Und bekanntlich habe ich auf dem Einkommen zwischen 40 und gut 50 Prozent Steuern bezahlt. Jedenfalls dann, wenn ich es schaffte, damit im Laufe meines Lebens mehrere Millionen Franken an Vermögen zu äufnen.

Von nichts kommt bekanntlich nichts. Nur wer mit viel Fleiss und Kompetenz ein Leben lang für sein Unternehmen geschuftet hat, wird einmal ein Vermögen von 50 Millionen Franken besitzen - wovon die Jungsozialisten die Hälfte dem Staat geben wollen. EINE, aber eine sehr wichtige Motivation für diesen Einsatz stellt beim Unternehmer immer und ausnahmslos die Möglichkeit dar, dass diese Arbeit auch für die Nachkommen, die Kinder und Enkel geleistet wurde. Wer möchte denn nicht, dass seine Kinder «es einmal besser» oder mindestens «es einmal gut» haben sollen?

Bereits mit der bestehenden Vermögenssteuer-Regelung liefern erfolgreiche Unternehmer, deren Firma (in diesem Fall wohl ein KMU) vom Fiskus auf 50 Millionen geschätzt wird (wer nicht börsenkotiert ist, wird vom Fiskus eingeschätzt) innert 40 Jahren im schweizerischen Durchschnitt gegen 15 Millionen ans Steueramt. Im Laufe des Erwerbslebens eines Unternehmers fallen also bereits von den erarbeiteten 50 Millionen 30 Prozent an die Allgemeinheit.

Das sind aber nicht alle Steuern, die ein KMU/Familienunternehmen bezahlt: Selbstverständlich fallen hier, neben der Mehrwertsteuer auf den Umsätzen, die Substanzsteuer auf dem Eigenkapital, die Gewinnsteuer und die Kirchensteuer an. Diese 4 beim Unternehmen selber. Den Unternehmenswert muss jedoch der Besitzer in Form der Vermögenssteuer nochmals versteuern; und wenn ein Teil des Gewinns nach Steuern als Dividende ausbezahlt wird, ist darauf bei Bund, Kanton, Gemeinde und Kirchgemeinde zusätzlich zur Gewinnsteuer bei der Firma die Einkommenssteuer fällig.

So ist nicht weiter erstaunlich, dass allein Kantone und Gemeinden pro Jahr rund 8 Milliarden Franken allein an Vermögenssteuern einnehmen. Das sind knapp 10% der gesamten Steuereinnahmen dieser beiden Staatsebenen. Fast die Hälfte davon bezahlt jedoch bloss 1 (ein!) Prozent der Steuerpflichtigen. Wenn also von diesem einen Prozent bloss 50% wegziehen, fehlen jährlich 2 Milliarden in den Kassen von Kantonen und Gemeinden.

Weiter ist es ja nicht so, dass in der Schweiz überhaupt keine Erbschaftssteuern bezahlt werden müssen. Im Gegenteil: viele Kantone kennen eine Abgabe auf der Erbschaft – auch dann, wenn diese an die sogenannt direkten Nachkommen fällt. Erben jedoch die Nichten, Geschwister oder Cousins, wird überall bereits heute eine sehr happige Erbschaftssteuer fällig.

Weil die Juso-Initiative rückwirkend gültig ist, bewegen sich aktuell bereits etliche Millionäre weg aus der Schweiz. Dass Peter Spuhler (Stadler Rail) seinen Wegzug öffentlich macht, ist eine grosse Ausnahme. Die andern verlassen unser Land still und leise – aber äusserst zügig. Für andere reiche Investoren und vermögende Privatpersonen wird die Schweiz unattraktiv und sie werden um unser Land einen grossen Bogen machen. Und das nicht erst am Abstimmungssonntag, der heute noch nicht einmal festgelegt ist, sondern bereits heute.

Damit entgehen Kantonen und Gemeinden enorme Steuerbeträge. Und der Bund wird wohl das, was er mit der einen, der Erbschaftssteuer-Hand nach Juso-Idee, zusätzlich einnehmen wird (falls überhaupt) in der anderen, der Bundessteuer-Hand um ein Mehrfaches verlieren. Zusätzlich werden die Sozialversicherungen, allen voran die AHV, aber ebenso zum Beispiel die ALV gewaltige Einnahmenausfälle beklagen.

Wirklich tragisch aber wird sein, dass eine Riesenzahl an Arbeitsplätzen verloren gehen wird und mit ihnen ein grosser Teil unseres Wohlstandes. Das würde dann auch der tiefsten Intention der Juso entsprechen, dem Kommunismus: Bloss hat der Kommunismus noch nie ein Land reich – aber schon sehr viele Länder sehr arm gemacht. So wären wir denn am Ende alle gleich - nämlich gleich arm.


P.S. Das böse Erwachen

Es ist davon auszugehen, dass viele Kulturschaffende die Juso-Initiative unterstützen werden, weil Kultur in der Schweiz (im Gegensatz zu vielen anderen Ländern) fast ausschliesslich links tickt. Für sie wird es aber ein äusserst hartes Erwachen geben: Die grössten Kultursponsoren werden plötzlich im Ausland sein und Dutzende von Millionen pro Jahr werden unseren Orchestern, Theatern,  Ausstellungen, Museen, Kulturveranstaltungen aller Art fehlen. Während sich unsere Nachbarländer schmunzelnd ob so viel Dummheit der Schweizer und -innen die Hände reiben. 

P.S. 2: Volkswirtschaftliche Riesenverluste auf breitester Front

Und wer würde die teilweise sehr traditionellen, international tätigen grossen Schweizer Familienunternehmen übernehmen, wenn die Besitzerfamilien auswandern? Chinesische, arabische oder russische Investoren? Spekulative Investment-Firmen, die auf kurzfristigen Gewinn aus sind und denen soziale Verantwortung nichts bedeutet? Selten war eine Volksinitiative derart verantwortungslos. Bundesrat und Parlament sind gefordert enorm rasch und konsequent zu handeln. Wer derart massiv unserem Land schadet, darf nicht mit Samthandschuhen angefasst werden.

Dienstag, 9. Juli 2024

Bitte hinschauen - und hinstehen

Das grosse Erstaunen und Entsetzen im Kanton Solothurn: Parlament wie Regierung stellen fest, dass sie etwas nicht wussten, das sie hätten wissen müssen.

Es geht um die Sonderzulagen des früheren CEO der Spitäler SOH AG – einem Betrieb, der zu 100 Prozent im Eigentum des Kantons Solothurn ist. Das heisst auch: Regierung und Parlament haben die Oberaufsicht(-spflicht).

Die früheren Sonderzulagen waren zumindest an der Grenze zur Legalität, weil bei allen öffentlich-rechtlichen Betrieben im Arbeitsrecht wie bei der Gehaltsordnung die Bestimmungen des Kantons gelten.

So handelt denn der Regierungsrat sofort, verlangt eine Untersuchung (die wieder Steuergelder kostet…) und stellt fest, dass das Finanzdepartement erst «im Rahmen der Nachfolgeplanung für den in Pension gehenden CEO von diesen Zahlungen erfahren» habe. Diese Nachfolgeplanung ist aber auch schon ein paar Monate her: warum reagiert die Regierung erst, wenn Feuer im Dach ist, bzw. wenn die Öffentlichkeit sich empört und das Kantonsparlament Interpellationen für dringlich erklärt? Und wieso wissen die Journalisten mehr als die zuständigen Behörden?

Eigentlich haben Regierung und Parlament schon viel früher versagt. Denn jährlich müssen diese öffentlich-rechtlichen Betriebe ihre Bilanzen und ihren Rechenschaftsbericht abliefern. Daraus hätten diese Zulagen (mindestens in Form gewisser Unregelmässigkeiten) ersichtlich sein müssen, falls sich die SOH AG an das aktuelle Aktienrecht hielt. Und davon ist auszugehen. Denn nach Aktienrecht müssen die Bezüge von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung offengelegt werden. Aber entweder niemand in Regierung, Verwaltung und Parlament hat diese Unterlagen wirklich studiert, hat also hingesehen - statt weggeschaut. Oder allesamt waren sie überfordert von der Materie und hatten den Durchblick nicht. Bekanntlich gibt der Herrgott ja nicht «automatisch» jedem, dem die Menschen ein Amt geben, auch den nötigen Verstand. Manchmal muss man sich Fachwissen auch erarbeiten. Aber wer die Verantwortung will, muss auch Arbeit, die diese einfordert, übernehmen.

Denn jetzt gebärden sich Regierung wie Parlament so, als hätten sie, denen die Oberaufsicht oblag und weiterhin obliegt, niemals von nichts gewusst. «Wer nicht weiss, muss fragen, damit er lernt», bringt man den Kleinen bei. Die Grossen sollten dieses Prinzip kennen.

Mit anderen Worten: das Erstaunen und Entsetzen bei Regierung und Parlament ist nicht angebracht. Versucht die Politik, angesichts der baldigen Wahlen, auf diese Weise vom eigenen Versagen abzulenken? Ist diese «Sandkasten-Geste» wirklich ernst gemeint? «Ich bin nicht schuldig - der dort auch.» - ?

Hinstehen und Verantwortung übernehmen mit einem grossen «mea (auch) culpa» wäre die glaubwürdige und korrekte Art, wie mit diesem Fehler des (früheren) SOH-Verwaltungsrates umzugehen wäre.

Donnerstag, 4. Juli 2024

Unternehmer - oder doch bloss Manager?

«Manager» tönt gut. Früher sagte man hierzulande «Verwalter». Und häufig trifft das besser zu auf das Selbstverständnis jener Menschen, die Mitglied einer Unternehmensleitung sind. Ihr eigener Gewinn hier und jetzt ist ihnen mehr wert als die Zukunft des Unternehmens, die Zukunft der Arbeitsplätze.

Wenn eine Unternehmensrendite sinkt oder sogar nicht mehr genügt, um Gegenwart und Zukunft finanzieren zu können: was ist dann zu tun?

Der Unternehmer wird seine Abläufe kontrollieren; den Overhead verkleinern (auch einen möglichen «Wasserkopf» in der administrativen Führung) und unnötige (d.h. nicht unmittelbar für das Unternehmen wichtige) Ausgaben streichen. Gleichzeitig wird er Ausschau halten nach neuen Absatzmärkten und unternehmerischen Chancen und diese zielstrebig ansteuern.

Das Management wird in der gleichen Situation ebenfalls zuerst die Kosten herunterfahren. Und das geht am einfachsten und ohne angestrengtes Nachdenken beim Personal. Stellenabbau heisst dann die Devise. Damit gehen sehr rasch viel Kompetenz, Wissen und Erfahrung verloren. Und wenn das Unternehmen Teile hat, die nicht genügend «performen» (also zu wenig erfolgreich sind), werden sie verkauft oder geschlossen. Damit kann man sich die Mühe ersparen zu ergründen, weshalb diese Bereiche nicht florierten und sie allenfalls auf neue Beine zu stellen. Das sollen dann andere erledigen, falls überhaupt.

Auf diese Weise wurden mit Unterstützung pseudogescheiter, aber teurer Berater mit HSG- und anderen renommierten Ausbildungen schon eine ganze Reihe grosser Schweizer Firmen in den Ruin geschickt oder verscherbelt. Erinnert sei etwa an die Ascom (ehemals Autophon und Hasler), an VonRoll, an Bally und als allerjüngstes und prominentes Beispiel – die Manager lernen offensichtlich nichts aus der Wirtschaftsgeschichte – die Migros.

Wer das Zimmer – statt aufzuräumen und allenfalls neu einzurichten – einfach abreisst, wird eher über Kurz als Lang das ganze Haus zum Einsturz bringen.

Unternehmerischen Erfolg haben letztlich nur unternehmerisch denkende Personen. Menschen, die nicht an sich und den eigenen Ruhm und Geldbeutel, sondern uneigennützig an die Zukunft des Unternehmens denken und glauben. Menschen, die Visionen haben, Chancen erkennen und den Mut wie die Ausdauer besitzen, diese konsequent und durchaus auch mit einer gewissen nachhaltigen Sturheit zu nutzen.

Unisono alle HSG-etc-Manager und reihenweise Wirtschaftsprofessoren haben in den 80-er Jahren verkündet, dass man so etwas wie Eisenbahnen in der Schweiz nicht mehr bauen könne. Diese Zeit sei vorbei. Die Schweiz als Industriestandort zu teuer. Das Produkt Schienenfahrzeuge zu simpel.

Und heute ist einer der weltweit erfolgreichsten, weil innovativsten Eisenbahnproduzenten ausgerechnet in der Schweiz angesiedelt und liefert seine Produkte weltweit aus. Da hatte jemand eine Idee und diese hartnäckig, mit viel Hirnschmalz und Arbeitsleistung zum Erfolg geführt. Kein einziger dieser «Sanierungsmanager» und «Super-Berater» hätte diese Herausforderung auch nur eines einzigen Blickes gewürdigt, wäre sie an ihn herangetragen worden.

Die heutigen Migros-Berater (ebenfalls mit klingendem Berater-Namen, wie man hört) werden ebenso wie die oberste Migros-Führung dennoch in die Wirtschaftsgeschichte eingehen: als jene, die nach Jahrzehnten der Prosperität diesen Grosskonzern bei den ersten auftauchenden Herausforderungen an die Wand gefahren haben.

P.S. Es ist davon auszugehen, dass die M-Gewinne in den nächsten Jahren deutlich tiefer ausfallen werden als bis anhin. Die Schweizer Kulturszene (ebenso wie manches Volksfest) wird das wegen des schrumpfenden Kulturprozentes hart treffen.