Freitag, 21. Juni 2024

Die verlorene Würde des Parlamentes

In den vergangenen Jahren ist unser Bundesparlament nicht selten damit hervorgetreten, dass es selber Gesetze geschaffen hat. Als Legislative darf es das; aber bisher waren es vor allem die Spezialisten der Verwaltung gewesen, welche die politischen Intentionen und Wünsche des Parlamentes in Gesetzesparagraphen gegossen haben.

Nicht selten musste das Parlament deshalb selbstgestrickte Gesetzesparagraphen, kaum verabschiedet, wieder revidieren, weil gravierende Fehler bzw. politisch ungewollte Folgen aufgetreten waren. Dienlich ist das für das Ansehen unserer beiden Parlamentskammern nicht.

In letzter Zeit ist jedoch eine eigentliche Missachtung bisheriger Standards zur Regel geworden. Fraktionspräsidenten, die sich wie Schulbuben verhalten und lächerlich machen. Parteipräsidenten, die entweder mit dem ungeschliffenen Zweihänder auf die politischen Kontrahenten losgehen; die einen Teil der Bevölkerung beschimpfen und so hoffen, bei einem anderen Teil punkten zu können.

Parteipräsidenten auch, die Ideen zum Besten geben, die ihnen zwar für eine kurze Zeit mediale Öffentlichkeit bescheren; die sich aber weder durch Relevanz noch durch Intelligenz auszeichnen.

Auch die Kommunikationssprache unserer Damen und Herren Nationalräte und -innen nähert sich allmählich einem Niveau, für das kleine Buben und Mädchen noch in den siebziger Jahren handfest bestraft wurden. Eine linke Nationalrätin sank kürzlich gar in die Fäkalsprache ab. Darauf angesprochen, meinte sie noch selbstherrlich, sie nenne die Dinge eben beim Namen.

Unsere Volksvertreter und -innen müssen ja wirklich nicht in Frack und Zylinder herumlaufen und sich damit weit über «das gewöhnliche Volk» erheben, wie das im 19. Jahrhundert noch üblich war. Umso mehr als bei uns ja der eigentliche oberste «Chef» noch immer ebendieses Volk ist. 

Aber sie haben die demokratischen Institutionen und letztlich auch unser Land zu repräsentieren. Dazu ist Kompetenz (die Weisheit des Denkens und Handelns) nötig – und dazu ist die Einhaltung einer rudimentären «Kinderstube» Voraussetzung. Gerade wer in Vertretung des Volkes agiert, sollte sich dessen stets bewusst sein und damit dessen Würde und die Würde der demokratischen Institutionen wahren.

Wie sagte doch der grosse römische Philosoph Seneca? «Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.» (Was immer Du tust, tu es klug und bedenke die Folgen bzw. das Ende) Nun, die «alten Römer» waren uns ja bloss 2000 Jahre voraus…

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