Dienstag, 28. Mai 2024

Minischrittchen unter linkem Protestgeheul

Der Kanton Solothurn will etwas tun für eine realitätsnähere Besteuerung. Denn letztere sollte nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erfolgen. Dazu gehört etwa auch, dass relevante Abzüge regelmässig den effektiven Realitäten angepasst werden.

Es betrifft in erster Linie den Mittelstand, wenn die Abzüge für die Krankenkassenprämien etwas näher an die Realität rücken. Neben der linksgrünen Seite hatte im Parlament ausgerechnet die Mitte-Partei noch gegen dieses Unterfangen gestimmt. Die gleiche Partei, die nun mit einer ziemlich nutzlosen Initiative die Gesundheitskosten senken will.

Tatsache ist, dass diese minimalste Erhöhung um 250 Franken im Jahr für eine erwachsene Person bloss einen Tropfen auf den heissen Stein bedeutet. Sie macht rund 2.2 Prozent der Kosten für die jährliche Grundversicherung aus. Wenn man davon ausgeht, dass der Mittelstand einen Grenzsteuersatz von gut 30 Prozent hat, werden die Kosten der Krankenkasse auf diese Weise um höchstens 0.7 Prozent reduziert.

Die Ausgaben für Selbstbehalt und Franchise sind da nicht einmal mit eingerechnet. Zudem fallen unter diesen Pauschalabzug auch die Bankzinsen auf Sparkonten.

Allein im nächsten Jahr dürften die Prämien wieder deutlich stärker steigen als das, was der Kanton Solothurn nun als «Entlastung» vorsieht. Da stellt sich denn die Frage, ob eine solche Minimal-Erhöhung des Abzugs nicht mehr (administrativen) Aufwand macht als einen positiven Effekt auslöst. Es ist nicht nachzuvollziehen, weshalb Regierung und Parlament nicht mindestens eine Erhöhung des Abzugs um 1000 Franken im Jahr vorsehen.

Es scheint, dass die Kleinheit dieses Schrittes vor allem der Angst vor dem linken Widerstand geschuldet ist. Wie wenig das bringt, lässt sich jedoch daran ablesen, dass die Linke reflex- und gebetsmühlenartig auch gegen diese 250 Franken im Jahr plädiert. Ist ja auch nachvollziehbar: ihre Klientel profitiert von stark subventionierten Krankenkassenprämien. Und der Mittelstand kann ihnen offensichtlich gestohlen bleiben.

P.S. Ein Ehepaar bezahlt heute allein für die Grundversicherung im Kanton Solothurn gegen 12'000 Franken im Jahr. Künftig betrüge der maximale Steuerabzug dafür (inkl. Sparzinsen) 5'500 Franken; weniger als die Hälfte also der effektiven Krankenkassenprämie. Im (Nachbar-)Kanton Bern zum Beispiel beträgt der steuerliche Pauschalabzug 7'000 Franken, im Kanton Aargau 6'800 Franken.

P.S. 2: Die Regierung argumentiert, dass der Kanton kein Geld habe und deshalb die Krankenkassenabzüge nicht um mehr als 250 Franken erhöhen könne. Tatsächlich aber profitiert der Kanton von der Teuerung (kalte Progression) und indirekt auch davon, dass er mögliche Ausgabenposten der Steuerpflichtigen nicht ebendieser Teuerung anpasst. Zu Deutsch: der Kanton kann Mehreinnahmen verzeichnen, ohne dafür den Finger krümmen zu müssen. Die Rechnung bezahlen wie stets die Steuerpflichtigen. Zur Erinnerung: beim Staatspersonal war man mit 2 Prozent Lohnerhöhungen zusätzlich zum Stufenanstieg äusserst grosszügig; ebenso grosszügig, wie man nun gegenüber den Steuerzahlenden kleinlich ist.

Donnerstag, 23. Mai 2024

(Möchtegern-)Oligarchen lauern überall

Als Oligarchen bezeichnen die Medien seit ein paar Jahren russische, meist regierungsnahe Milliardäre. Für diese Auslegung des griechischen Begriffs ist der Philosoph Platon (*427 vor Christus) zuständig. Er definierte die Oligarchie in seiner Kritik an den Zuständen im antiken Griechenland seiner Zeit als «gesetzlose Herrschaft der Reichen, die nur an ihrem Eigennutz interessiert sind». Für Platon war also die Oligarchie die Herrschaft der Reichen; diejenige der Aristokratie (die wir in der Schweiz bis ins 19. Jahrhundert kannten) wäre in dieser Logik die Herrschaft der "Besten" (wörtlich der "Vornehmen").

Das ist zwar Platons Definition, aber eigentlich trifft es die Bezeichnung nur mangelhaft. Denn «Oligarchie» ist altgriechisch und heisst auf Deutsch «Herrschaft der Wenigen». Das heisst, dass Wenige bestimmen (wollen), was der Rest der Menschheit zu tun hat.

Die Demokratie hat viele Feinde, die Oligarchie, in ihrem Wortsinn gemeint, gehört dazu. Seit ein paar Jahren – sicherlich auch als Folge des Internets und der Social Media – versuchen permanent kleine Gruppierungen, klare Minderheiten, der demokratischen Volksmehrheit in unserem Land ihren Willen aufzuzwingen. Da sind die Klimaaktivistinnen, da sind die Islamisten, da sind die Nonbinären, da sind die NGO-Vertreterinnen mit Machtansprüchen, da sind die Rechts- wie die Linksextremen, da sind die militanten Feministinnen, da sind die Klimagrossmütter, … etc.

In diese Reihe passen etliche kleine Gruppierungen, die sich selber für den Nabel der Welt halten. Die mindestens das moralische Recht exklusiv für sich beanspruchen. Die sich daraus ihre Legitimität dazu ableiten, sich über die demokratische Mehrheit und deren Recht zu stellen. Gruppierungen, die sich ihr eigenes Recht schaffen und sich das Recht herausnehmen, das Leben der Mehrheit bestimmen zu wollen – ja, manche wollen gar über das Leben der Mehrheit bestimmen.

Unser demokratisch legitimierter Rechtsstaat wird von diesen Gruppierungen über alle Massen beansprucht. Da versuchen Wenige über die Mehrheit Macht zu erlangen. Besser und wörtlicher hätten auch die alten Griechen die «Oligarchie» nicht definieren können.

Und die Mehrheit? Sie übt sich in wegschauender Grosszügigkeit, richtiger und (immer häufiger) in falscher Toleranz. Dies zum grossen Schaden unserer Demokratie. Denn diese Minderheitsgruppierungen untergraben letztlich die Fundamente der Demokratie. Werden sie weiterhin derart nonchalant «laufen gelassen», wird damit jener Kochtopf erhitzt, aus dem sich extremistische Überreaktionen nähren. Es ist deshalb höchste Zeit, die Relationen wieder herzustellen: Die Mehrheit muss Rücksicht nehmen auf die Minderheiten. Das gilt klar und deutlich. Aber daraus kann und darf sich niemals ein Machtanspruch der Minderheiten ableiten.

Sonntag, 19. Mai 2024

Die armen reichen Beamten und -innen?

Oder: Den Unverschämten scheint die Welt zu gehören. Lassen wir uns das gefallen?

Die Solothurner Beamten und -innen verlangen den Teuerungsausgleich auf ihren Pensionskassenrenten. Weshalb ist das etwas Besonderes?

Die Steuerzahlenden müssen während Jahrzehnten jährlich einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag in die staatliche Pensionskasse bezahlen, um sie zu sanieren. Die gleichen Steuerzahlenden, die selbstverständlich auch ihre eigenen Pensionskassenbeiträge entrichten müssen – zu denen ihnen notabene niemand einen gröberen Zustupf gewährt. Deshalb gibt es einen politisch ausgehandelten Vertrag, der besagt, dass auch die Rentner dieser Pensionskasse (die diese paritätisch zusammen mit der Regierung in die Misere geritten haben) sich an der Sanierung beteiligen müssen. Sonst hätte das Stimmvolk diesem Deal wohl auch nie zugestimmt. Ein Sanierungsbeitrag besteht dabei darin, dass auf den sehr guten Renten der kantonalen Pensionskasse kein Teuerungsausgleich bezahlt wird.

Genau das aber wollen diese Rentnerinnen und Rentner nun ändern. Sie wollen also jetzt das Weggli und den Batzen haben. Obwohl sie einst mit dem Weggli einverstanden waren…

Ist das nötig? Oder ist es eine völlig unverschämte Forderung?

Eindeutig Letzteres. Noch vor ca. 30 Jahren galt: Beamte verdienen nicht glanzvolle Löhne (schliesslich müssen diese von den Steuerzahlenden aufgebracht werden), dafür haben sie eine krisensichere Arbeitsstelle, weniger Leistungsdruck am Arbeitsplatz und eine überdurchschnittlich gute Pension.

Heute gilt jedoch: Beamte haben einen ausgezeichneten, einen hohen Lohn. Sie verdienen durchschnittlich 12 Prozent mehr als in vergleichbaren Positionen/Stellen in der Privatwirtschaft. Dabei nahmen die Beamtenlöhne in den letzten Jahren deutlich stärker zu als jene zum Beispiel bei den KMU. Der sichere Arbeitsplatz ist geblieben, das Stresslevel weitgehend auch (Ausnahmen gibt’s immer) und die überdurchschnittliche Rente blieb auch erhalten.

Das reicht den Solothurner Beamten und -innen aber nicht. Sie wollten für das laufende Jahr noch mehr Lohn, obwohl der Teuerungsausgleich bereits deutlich über jenem in der Privatwirtschaft liegt. Und jetzt wollen sie also auch noch eine höhere Rente. Dass der Kanton eine leere Kasse hat, dass die Steuern enorm hoch sind und dass die Steuerkraft des Kantons derart bescheiden ist, dass «Armenhaus» hier wohl der zutreffende Begriff ist: all das scheint die Solothurner Beamtenschaft keinen Deut zu scheren. Die Devise lautet: «Hauptsache, das eigene Portemonnaie ist voll. Der Rest interessiert mich nicht.»

Diese Frage sei erlaubt: Hat unser Kanton die richtigen Beamtinnen und Beamten?

Mittwoch, 15. Mai 2024

Die Politiker-Angst vor den heissen Eisen

Die Angst vor heissen Eisen hat wieder einmal Hochkonjunktur in unserer Politik. Ganz besonders davon betroffen ist – wie häufiger – die AHV. 

Wer bei seiner Pensionierung in einen Staat mit «weicher» Währung» und/oder tiefen Lebenshaltungskosten oder in sein ursprüngliches Heimatland auswandert, kann sich dank Schweizer AHV in der Regel ein sorgenloses Alter im Wohlstand leisten. Diesen Menschen ist das an sich auch zu gönnen. Dennoch führt die grosse Zahl an Rentner-Ausländern zu einem Ungleichgewicht.

Ein Ungleichgewicht, das im Rahmen der AHV-Revision, die ja bei uns beinahe seit 1948 ein Dauerthema ist, eigentlich politisch aufgearbeitet werden müsste – um das unsere Politiker von rechts bis links aber einen Bogen machen wie die Katze um einen (zu) heissen Brei.

Worum geht es?

Wer seine AHV im Ausland bezieht, beteiligt sich nicht (mehr) an der Finanzierung des Sozialwerkes:

-        Der oder die bezahlt keine Steuern in der Schweiz. Aus dem Steuertopf des Bundes wird jedoch die AHV jährlich mit rund 9 Milliarden Franken «subventioniert». Im Ausland lebende AHV-Rentner zahlen aber bekanntlich in der Schweiz keine Steuern.

-        Rund 3 Milliarden erhält die AHV-Kasse jährlich von der Mehrwertsteuer. Dazu tragen die Ausland-AHV-Rentnerinnen logischerweise nichts bei. Weil sie in der Schweiz nicht konsumieren, schafft das hierzulande zudem keine Arbeitsplätze und keine Gewinne, die wiederum Steuereinnahmen generieren.

-        Für alle Rentnern und -innen, die kein Schweizer Bankkonto haben, muss die AHV jährlich hohe Millionenbeträge für die Geldtransaktionen aufwenden.

Damit werden die im Ausland lebenden AHV-Bezügerinnen gegenüber jenen in der Schweiz insofern bevorteilt, als die letzteren günstiger sind und einen Teil ihrer AHV-Renten indirekt wieder in die AHV-Kasse einzahlen (müssen). Es wäre deshalb aus Schweizer Sicht nicht unehrbar, wenn AHV-Renten, die ins Ausland bezahlt werden, um zum Beispiel 15 Prozent gekürzt werden.

Aber mit den ausgewanderten Schweizern und den rückgewanderten Ausländerinnen will es sich niemand verderben. Anders jedenfalls ist nicht zu erklären, wieso diese Ausgabeneinsparungen für die klamme AHV-Kasse nicht ernsthaft in Erwägung gezogen und politisch breit diskutiert werden.

Dies könnte immerhin zu einer – im besten Fall für alle Seiten – faireren Lösung führen. Deshalb sollte die Politik auch diese AHV-Kartoffel anpacken. So heiss ist sie denn auch wieder nicht. Denn die AHV-Zukunft wird nicht ohne solche, für Politikerinnen durchaus unangenehme Entscheide gesichert werden; dazu gehört übrigens auch das Rentenalter, das unbedingt erhöht werden muss.

P.S. Ein kleiner Tipp für halbherzige Politiker und -innen: das Anpacken von heissen Eisen profiliert mehr als die teuersten PR-Berater.

Samstag, 11. Mai 2024

Lügen und ihre (zu) langen Beine

«Lügen haben kurze Beine», lehrten wir als Kinder. Und: «Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Wenn er auch die Wahrheit spricht.» Die Politik hat sich diese erzieherischen Kindersprüche noch nie zu Herzen genommen. Nicht umsonst meint der Stammtisch auf die Frage, wann Politiker lügen: «Immer, wenn sie den Mund auftun.»

Da übertreibt der Stammtisch natürlich und wie gewöhnlich. Aber auch in dieser Übertreibung sitzt ein Stück Wahrheit.

Im Moment läuft der Abstimmungskampf zu zwei Gesundheitsinitiativen, die beide mehr der jeweils lancierenden Partei als dem Schweizer Volk nützen (so war es wohl auch geplant). Falls sich letzteres dann nicht über den Tisch ziehen lässt.

Im Abstimmungskampf wird wieder einmal gelogen, dass sich die Balken biegen. So verkünden denn linke Politikerinnen unaufhaltsam, dass unser System der Krankenversicherung absolut ungerecht sei, weil die «Teilzeitkassiererin in der Migros» die gleiche Prämie bezahlen müsse wie der «Abzocker-Manager». Erstens sind aber die wenigsten Manager Abzocker und zweitens ist die Aussage kreuzfalsch.

Gutverdienende bezahlen nicht nur sehr viele Steuern, mit denen u.a. die Krankenkassenprämien der weniger gut Verdienenden subventioniert werden. Sie bezahlen nicht nur mehr für den KITA-Platz und subventionieren damit die Plätze jener, die weniger gut betucht sind, etc. Spitzenverdienerinnen bekommen im Gegensatz zu Teilzeit-Kassierern auch keine staatlichen Zuschüsse für ihre Krankenkassenprämien, sondern müssen den vollen Betrag selber berappen. Ihre Prämie liegt also deutlich höher als jene der Weniger-gut-Verdienenden.

Was die Linke will, ist bloss, diese Umverteilung von oben nach unten zu verstärken. Sie wollen den Akademiker, den Arzt und den Apotheker, den Ingenieur und den Informatiker noch mehr und die Kassiererin noch weniger bezahlen lassen. So lange, bis die Gutverdienenden kein Geld mehr haben und niemand mehr die Subventionen für die Schlechter-Verdienenden bezahlt.

Die ständige Repetition der Lüge von der gleichen Prämie macht diese nicht zur Wahrheit. Wenigstens das jedoch sollten die Politiker und -innen trotz aller Parteiideologie allmählich gelernt haben.

Dienstag, 7. Mai 2024

Demokratieverständnis à la Grün - oder bloss zum Grün-Ärgern?

Sie haben ihn eben gefeiert: jenen KMU-ler aus der Region Simmental, der dort eine Solaranlage bauen will, die Strom für 3000 Haushalte produzieren soll(te). Denn als kleiner regionaler Privatinvestor nahm er die Mühe auf sich, mit seinem Projekt die institutionellen und bürokratischen Hürden zu überspringen. Und er schaffte es in kurzer Frist. Die Gemeinde, die Region und der Kanton willigten sofort in sein offensichtlich sehr gutes Projekt ein.

Alles gut also? Keineswegs. Der Direktor eines grünen NGO erklärte, ohne das Projekt zu kennen, dass er dagegen sicher Einsprache erheben werde. Wenn nötig durch alle Instanzen. Dem kleinen Regionalinvestor wird wohl der Schnauf vorher ausgehen. Er wollte etwas für sein Tal, für die regionalen Arbeitsplätze und die regionale Energieversorgung tun und hat dafür schon viel sauer verdientes Geld ausgegeben. Er ist weder ein Strombaron noch ein Superreicher, bloss ein einfacher KMU-ler mit Idealismus. Aber das ist diesem NGO-Direktor egal, der noch nie einen Rappen selber verdient hat.

Der von unserem Staat königlich behandelte NGO-Direktor wird dem KMU-ler seinen Idealismus gehörig austreiben. Schliesslich hat er den längeren Atem; selbst wenn er nicht im Recht sein sollte, ist deshalb die Wahrscheinlichkeit gross, dass er das Projekt bodigen kann.

Die gleichen linksgrünen Kreise, die einen politischen Kompromiss forderten. Diesen auch erhielten. Und danach dagegen das Referendum ergriffen (Strommarktgesetz), vernichten so jeden Willen zur Alternativenergie in unserem Land. Offenbar wollten sie eben doch nicht die von ihnen so hochgelobte Alternativenergie, sondern einen Zusammenbruch unserer Wirtschaft und unseres Wohlstandes, des Kapitalismus, unserer Sicherheit und schliesslich unserer Demokratie. Damit sie allein die NGO-Diktatur errichten können. Klarer könnten dafür die Taten nicht sprechen.

Das ist alles übertrieben und bloss eine Verschwörungstheorie? Wenn das so ist, dann sollen die NGO-Damen und -Herren jetzt beweisen, dass ihnen die Demokratie mehr wert ist als ihre eigene Ideologie. Bisher war's umgekehrt.

Freitag, 3. Mai 2024

Das laute Wiehern des Amtsschimmels stellt die Sinnfrage

Wenn der Amtsschimmel so laut wiehert, wie in den letzten Wochen in der Stadt Solothurn, stellt sich stets die Frage nach dem Sinn der staatlichen Bürokratie. Und es sind die Bürgerinnen und Bürger, die genau diese Frage stellen. Manchmal etwas lauter und manchmal bloss hinter vorgehaltener Hand.

Ist der Protest so gross wie aktuell in Solothurn, ist das wie bei den Kakerlaken*: wenn man sie schon beim hellen Tag sieht, ist das Übel umso grösser.

Den Stein des Anstosses liefert in diesen Tagen die Altstadtkommission. Die eine Dame und die sechs Herren der Kommission für Altstadt und Denkmalpflege haben regelmässig das Bedürfnis auf ihre Existenz aufmerksam zu machen. Jedenfalls hat man als Aussenstehender genau dieses Gefühl:

-        Da ziehen sie wegen einer ästhetischen Banalität bis vor Bundesgericht und geben auch nach einer Niederlage in Lausanne noch keine Ruhe. Dass sie dabei wohlgesinnte und verantwortungsbewusste Investoren drangsalieren und verärgern, ist ihnen offenkundig egal. Die Rechnungen, alle Rechnungen bezahlen jedoch die Steuerzahler – nicht die Altstadtkommissionsmitglieder.

-        Da gängeln sie neustens das Gastrogewerbe der Stadt, das soeben – manche knapp genug – die Coronakrise überstanden hat. Zentimeter sind da plötzlich existentiell wichtig für die Ästhetik Solothurns. Ein abstraktes Stadtbild, irgendwo auf weissem Papier schwarz beschrieben, ist plötzlich tausendmal wichtiger als die Bedürfnisse lebendiger Menschen. Nein, nicht etwa die Bedürfnisse der Beizer stehen hier zur Debatte, sondern die Bedürfnisse ihrer Kundschaft. Und das sind noch immer lebendige Zweibeiner und keine wandelnden Papiertiger.

Hier nehmen sich ein paar Leute selber zu wichtig und vergessen darob, dass sie als Kommissionsmitglieder letztlich nur eine einzige Existenzberechtigung haben und dass sich diese definiert als Dienst an den Bewohnerinnen und Bewohnern dieser Stadt. Menschliche Bedürfnisse lassen sich höchst selten mit dem Metermass oder mit Bürokratie befriedigen. Sie benötigen ein «menschliches Mass», das Fakten und Empathie, Vernunft und Pragmatismus klug miteinander verbindet. Sonst kommt dem Handeln der Sinn abhanden.

*P.S. Selbstverständlich werden hier NICHT Menschen mit Ungeziefer verglichen. Es geht um einen VORGANG und einzig und allein darum. Jeder Mensch, egal in welcher Funktion tätig, hat seine unantastbare Würde und diese wird hier NICHT und niemals in Frage gestellt!