Montag, 25. März 2024

Lethargie hier - Sterbehilfe dort

Neue Statistiken zum nationalen Finanzausgleich zeigen es in aller Härte: Der Kanton Solothurn ist per Expresszug unterwegs an das Ende der Kantons-Rangliste. Ähnlich massiv verschlechtert sich das Steuersubstrat bloss im Kanton Neuenburg. Selbst der Kanton Wallis, der ganz am Ende der Rangliste figuriert, hat sich zwischen 2008 und 2024 prozentual weniger stark verschlechtert als der Kanton Solothurn.

Und was tun unsere Parteien und die Regierung? Die ersteren sind offenbar im Tiefschlaf, die letzteren beim «Verwalten». Die Alarmglocken schrillen im Kanton lauter als die Sirenen beim jährlichen Test und es passiert … nichts. Der Kanton Uri – geografisch wie verkehrstechnisch erheblich benachteiligt – konnte im besagten Zeitraum seine Steuerkraft steigern. Ebenso das dreisprachige Graubünden mit seinen 150 Tälern und Appenzell Innerrhoden. Zwei Kantone, die einst ähnlich unterwegs waren wie Solothurn, sind inzwischen «davongezogen»: Luzern und Thurgau.

Wertschöpfungsstarke Unternehmen machen offensichtlich um den Kanton Solothurn inzwischen ebenso einen grossen Bogen wie gute Steuerzahlende. Als ob das alles noch nicht reichen würde, packt die kantonale SP nun den Zweihänder aus, um die Attraktivität des Kantons Solothurn als Wohn- und Arbeitskanton nochmals gehörig zu kappen. Anfangs letzter Woche hat sie ihre Initiative für einen kantonalen Mindestlohn von 23 Franken eingereicht. Allein dieser Betrag liegt deutlich höher als der Mindestlohn des ebenfalls völlig erfolglosen Kantons Neuenburg (21 Franken) und nur leicht unter jenem im sehr teuren Stadtkanton Genf (24 Franken).

   Übrigens: Im Kanton Genf klagen junge Menschen und Studierende darüber, dass sie wegen des hohen Mindestlohnes keine Ferienjobs mehr finden. Tatsächlich zeigen die Zahlen einer Studie, die der Kanton in Auftrag gegeben hat, dass vor allem junge Menschen und Berufseinsteiger negativ von den neuen Bestimmungen betroffen sind. Die Studierenden protestieren denn auch bereits dagegen. Und wie reagieren die Gewerkschaften? Sie verleugnen das; ganz nach ihrer Devise: "Wir allein bestimmen die Realität." Da haben sie tatsächlich schon viel gelernt von Putin-Moskau.

Attraktiv wird so unser Kanton mit einem SP-Mindestlohn höchstens für Niedriglohnbezügerinnen. Das würde den Kanton Solothurn betreffend Steuerkraft nochmals um ein grosses Stück nach hinten schieben. Die Niedriglohnempfänger werden aber durch diesen Mindestlohn – SP sei Dank – bei uns bald keine Stellen mehr finden. Denn Coiffeursalons werden ebenso aufgeben wie kleine Detailhändler; grosse Detailhändler dagegen werden ihre Solothurner Filialen schliessen, weil sie schlechter rentieren als jene in den Nachbarkantonen (höhere Kosten bei weniger Umsatz). Die Solothurnerinnen werden auswärts zum Beck, zum Coiffeur und zum Einkaufen gehen müssen.

Die Attraktivität und die Steuerkraft des Kantons werden damit parallel zueinander so eindeutig und unzweifelhaft davon fliessen wie die Aare nach Schönenwerd. Höhere Steuern werden folgen und den Kanton als Wohn- wie als Arbeitskanton nochmals unbeliebter machen. Die Abwärtsspirale wird sich zwar etwas schneller drehen als bisher, aber sie wird das Einzige sein in diesem Kanton, das sich überhaupt noch bewegt.

Perspektiven, etwa für unsere jüngeren Generationen, sehen definitiv anders aus! Wann endlich schrillt der Wecker bei den bürgerlichen Parteien, bei SVP (es gibt bei uns nicht nur Bauern), Mitte (es gibt bei uns nicht nur röm.-kath. Bauern), GLP (es geht nicht nur um eine biologische Landwirtschaft) und FDP (staatstragend heisst nicht staatsverwaltend)?

P.S. Und zuhanden von Kantonsrat und Regierung: Gegen diesen Niedergang könnte man etwas tun - wenn man wollte. Die kantonale Entwicklung ist nicht einfach rein schicksalshaft oder gottgegeben, sondern das Ergebnis jahre- bis jahrzehntelanger Politik. Das Versagen der Behörden manifestiert sich in der täglichen Realität. Wären es die  gerne zitierten "nicht beinflussbaren äusseren Faktoren" gewesen, die für den Niedergang unseres Kantons verantwortlich sind, müssten die meisten anderen Schweizer Kantone ebenfalls derart schlecht dastehen. Dem ist aber nicht so. 

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