Donnerstag, 5. Oktober 2023

Politik als Gegenteil von Vernunft?

In Solothurn wird tatsächlich erwogen, einen Teil der Verwaltung oder des Service Public zu dezentralisieren. Die Rede ist etwa von der Gebäudeversicherung SGV. Da stellt sich unweigerlich die Frage, welchen volkswirtschaftlichen Nutzen denn eine solche Auslagerung von Verwaltungseinheiten oder öffentlich-rechtlichen Unternehmen hätte – und was das Ganze kosten würde.

Im Falle der SGV wäre der Nutzen allenfalls beim öffentlichen Verkehr, weil bei einer Auslagerung nach Grenchen zum Beispiel die allermeisten Versicherten einen längeren Weg hätten zur SGV. Ausserdem würden wohl auch 90 Prozent der Arbeitnehmer, die nun in der Region Solothurn wohnen, da wohnen bleiben und schliesslich hätten auch die Mitarbeitenden der SGV, wenn sie Objekte oder Schäden vor Ort begutachten müssen, in den meisten Fällen einen längeren Weg vor sich. Neue gute Mitarbeiterinnen zu finden, wäre jedoch im Abseits noch schwieriger als heute schon.

Zahlen würden den Umzug im Fall SGV die Versicherten, also die Wohneigentümer. Der volkswirtschaftliche Nutzen wäre – da kann man sich sogar eine teure Studie sparen – negativ.

Und die Auslagerung von Verwaltungseinheiten? Der Bund hat vor vielen Jahren genau einen solchen Versuch gestartet – und ihn erst kürzlich abgebrochen. U.a. wurde das Amt für Wohnungswesen von Grenchen wieder nach Bern gezügelt. Der Bund kam zum Schluss, dass die Kosten zwar hoch, der volkswirtschaftliche, bzw. in diesem Fall der regionale Nutzen hingegen äusserst gering sei.

Anstatt sich mit dieser völlig unnötigen Frage auseinander zu setzen, sollten Regierung, Parlament und Verwaltung des Kantons Solothurn Geld und Hirnsubstanz besser dafür einsetzen, die eigene Organisation zu straffen und den Kanton digital nicht nur fit und wettbewerbsfähig zu machen, sondern ihn im besten Fall gar an die Spitze zu führen.

Dezentralisierung der Verwaltung ist ein Begriff des letzten und vorletzten Jahrhunderts. Digitalisierung ist Gegenwart und Zukunft. Das sei auch jenen Parlamentariern hinter die Ohren geschrieben, die aus rein wahltaktischen Überlegungen mit solchen Gedanken liebäugeln. Politik ist in diesem Fall wieder einmal das Gegenteil von vernünftig.


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