Bisher hat der Schreibende einen grossen Bogen um die Kosten im Gesundheitswesen gemacht. Weshalb? Als Steuer- und als Prämienzahlende wollen wir möglichst tiefe Rechnungen haben; als Kranke oder Verunfallte jedoch wollen wir mindestens eine Fünfsterne-Behandlung mit neusten Medikamenten auf international höchstem Niveau.
Das ist der Mensch und seine Inkonsequenz: Für mich stets das
Beste – am liebsten, wenn es andere bezahlen. Letztlich sind wir alle grössere oder
kleinere Egoisten (meine Leser/innen natürlich ausgenommen!).
Jetzt bahnt sich aber eine Entwicklung an, die meine Schreibfinger aktiviert. Zunehmend wird in den Medien und von Politikern gefordert, dass die Alten und Betagten – allen voran die Babyboomer-Generation – gefälligst ihre Krankenkassenprämien selber bezahlen sollten und dass deshalb das KVG (Krankenversicherungsgesetz) geändert werden müsse.
Was ist der Hintergrund?
Bis 1995 mussten die Krankenversicherungsprämien je nach
Alter (und dementsprechend nach den altersgemässen Kosten) bezahlt werden. Die
Kinderprämien zum Beispiel waren sehr tief; jene der Betagten sehr hoch.
1996 trat das aktuell gültige KVG, bzw. dessen letzte
Revision in Kraft. Bundesrätin Dreifuss (SP) befand damals, die
Krankenversicherungsprämien für die alten Mitmenschen seien zu hoch und die Solidarität
müsse besser «spielen». Die mit dem Alter schräg nach oben verlaufende Prämiendiagonale
wurde also gekippt, bis zum beinahe ausgeglichenen Ergebnis. Die Kinderprämien
schossen deshalb am 1. Januar 1996 in die Höhe. Jene für die Betagten sanken deutlich.
Das heisst: unsere Eltern mussten ihre Gesundheitskosten jetzt nicht mehr selber tragen; wir und unsere Kinder halfen ihnen dabei substanziell. In der Folge gerieten anstelle der AHV-Rentnerinnen viele Kleinverdiener mit ihren Familien in finanzielle Bedrängnis: die Politiker schufen flugs die Prämienverbilligungen, für die Bund und Kantone inzwischen jährlich mehr als fünf Milliarden Steuerfranken ausgeben müssen.
Das heisst: die Generation, die nun langsam Richtung Rente geht, hat die Krankenkasse ihrer Eltern und Grosseltern mitfinanziert. Wenn jetzt also die Prämiendiagonale wieder in die andere, die alte Richtung verschoben wird, werden sie die vorläufig einzige Generation sein, die gleich zweimal zur Kasse gebeten wird. Einmal für die Altvorderen und dann für sich selber. Weil die Politik jetzt zur Abwechslung wieder die jüngeren Generationen bevorteilt.
Hätte Bern damals die Sache belassen, wie sie war. Hätte der Bund die Alten und Betagten, soweit nötig, mit den Ergänzungsleistungen entlastet, dann hätten Bund, Kantone und die Krankenkassen hohe Millionenbeträge für die Umstellung der Administration sparen können – und Dutzende von Milliarden an Prämienverbilligungen. Und die dadurch verursachten Fehlanreize für ganze Generationen, die nicht allein für die von ihr verursachten Gesundheitskosten aufkommen müssen, wären nie passiert.
Die Lehre daraus? Populistische Politik, Klientel-Politik und kurzfristige Schnellschüsse werden stets sehr teuer und sind meist ineffizient. Wetten, dass bei einer erneuten Umstellung der Prämienbelastung die «alten» Subventionen bleiben, neue aber hinzu kommen werden.
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