Montag, 15. Mai 2023

ÜBERALL etwas kritischer hingucken, bitte

Wir alle machen Fehler. Keine Fehler macht bekanntlich nur der, der nichts tut – und das ist auch ein Fehler. Keine Frage: die Fehlerhäufigkeit der CS-Bosse lag im Verhältnis zu ihrem Salär enorm hoch. Das wurde aber bisher in der Öffentlichkeit von Medien und Politik gefühlte 100'000 Mal rauf- und runtergebetet. Die Fehler der CS-Führung kosten unzweifelhaft Geld. Wie viel und wessen Geld, das ist momentan noch offen. Warten wir’s ab.

Gehen wir also zur Tagesordnung über bzw. zu jenen Aufgaben, die jede/r von uns zu erledigen hat. Und zu den Fehlern, die allen von uns unterlaufen, wenn wir tätig sind.

Denn nicht nur die CS-Fehler kosten Geld. Sie erhalten viel Aufmerksamkeit, weil es sich um grosse Geldmengen handelt. Was jedoch tagtäglich an Fehlern passiert und ebenfalls Geld kostet; was sich der medialen und politischen Aufmerksamkeit entzieht, weil die jeweiligen Einzelkosten nicht in die Milliarden gehen; was grosszügig übersehen wird, weil die einen es unter den Teppich kehren bzw. keine schlafenden Hund wecken und die andern nicht hingucken: allein die Fehler bei öffentlich-rechtlichen (also bei staatlichen) Unternehmen und die Fehler in den Verwaltungen dürften sich in der Schweiz jährlich ebenfalls auf einen Milliardenbetrag summieren. Glück für die Beteiligten, dass niemand sich die Mühe macht, all dies zu recherchieren und zu addieren.

Zwei Beispiele gefällig?

Nicht selten vergibt die öffentliche Hand (also die Verwaltung) Aufträge an private Unternehmen («Submissionsverfahren») und wählt dabei anstelle des «wirtschaftlich günstigsten» (so steht es im Gesetz) den billigsten Anbieter. In der Folge treten dann häufig Mehrkosten in der Form von Zusatzaufwand wegen ungenügender Qualität auf. Verhandlungsrunden (mit Kosten für die öff. Hand), Nachbesserungsaufwand, Anwaltskosten, evtl. bis hin zu Gerichtskosten sind die Folge. Wurde je diskutiert, wer denn eine solche Vergabe zu verantworten hatte? Was sie am Ende brutto kostet und weshalb damals die Vergabe an diesen und nicht an einen qualitativ besseren Anbieter erfolgte? Wenn überhaupt das Thema öffentlich wird, dann steht der Auftragnehmer im Fokus und die Vergabe ist kein Thema. 

Oder der jüngste Fall im Kanton Solothurn, der nicht weniger als 180 Gemeinden betrifft: Der KEBAG-Neubau wird rund 50 Millionen Franken teurer als budgetiert. Begründet wird dies relativ pauschal und vor allem mit dem teureren Stahl («was wir eben damals nicht wissen konnten»). Da stellt sich u.a. die Frage, warum man damals bei Vertragsabschluss die Preise nicht festgebunden, sondern offenbar der (Stahl-)Teuerung unterstellt hat. Und warum hat man den nötigen Stahl nicht schon früher eingekauft, als der Preis noch tiefer lag? Die Preiserhöhungen zeichneten sich für aufmerksame Beobachter relativ lange am Horizont ab. Für einen guten Planer wäre es ein Leichtes gewesen, die präzisen Mengen auszurechnen.

Aber hier wie meist im öffentlichen und halböffentlichen Bereich reicht offenbar bereits eine ziemlich saloppe Erklärung eines Verantwortlichen, damit niemand der Sache auf den Grund geht. Dass der KEBAG-Chef dann noch beifügte, das koste die Vertragsgemeinden nichts, das Geld komme von der Bank, das knallt wohl dem Fass den Boden aus. Natürlich kostet das alle 180 Gemeinden bzw. alle ihre Einwohner etwas. Denn diese Investitionen und deren Zinsen werden sich auf die Kehrichtsackgebühr auswirken. Noch über viele Jahre. Und sicherlich nicht in «senkender» Form.

Mit derartigen Beruhigungspillen werden leider zu häufig Fehler der öffentlichen Hand leichtfertig ins Nirwana des Vergessens verschoben. Es wäre jedoch der Arbeitsqualität hier wie anderswo nur förderlich, wenn genauer hingeschaut und öfters auch über diese Fehler diskutiert würde. Denn auch daraus könnte man lernen. Wenn man denn wollte.

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