Man nehme eine, eher links sympathisierende, emeritierte Historikerin, «verkaufe» sie als BVG-Topfachfrau und füge dem ein, zwei, wohl aus dem Zusammenhang gerissene Zitate einer Bankfrau hinzu und fertig ist die Wahlpropaganda für die Linke oder zumindest eine (hohle) Schlagzeile. Der Kassensturz vom 11. April wartete mit dieser, journalistisch völlig inakzeptablen Leistung auf.
Die Schlagzeile lautete: «Ungleichheit bei Vorsorge.»
Es ist bekannt, dass die Renten aus der 2. Säule im Durchschnitt bei den Frauen tiefer sind als bei den Männern. Aber bloss dann, wenn nicht berücksichtigt wird, wie hoch das Arbeitspensum war. Sonst liegen die Frauen vorne. Das alles ist weder neu noch überraschend: bei den Baby-Boomern haben viele Frauen den Beruf aufgegeben, als sie geheiratet haben. Später sind sie dann vielleicht wieder eingestiegen. Aber die allermeisten Frauen bloss in Teilzeit. Mehr war auch nicht nötig. Nachdem die Kinder aus dem Haus waren, hat das Arbeitseinkommen des Mannes mehr als gereicht.
Auch aktuell entscheidet sich die Mehrheit der Paare dazu, wegen der Kinder die Arbeitszeit zu reduzieren. Und die Frauen reduzieren in diesem Fall etwas mehr als die Männer. Diese Aufteilung ist jedoch Privatsache des Paares und sollte es auch bleiben.
Da zaubert die SRG also eine pensionierte Geschichtsprofessorin aus dem Hut und deklariert sie als Fachfrau für die 2. Säule (BVG / Pensionskasse / Berufliche Vorsorge / PK). Tatsächlich hat diese Frau als Professorin laut Verzeichnis der Universität Bern, wo sie tätig war, nie über das BVG geforscht. Bekannt sind (rein historische) Arbeiten zu Krieg und Krise, zu Gehörlosen, zur Uhrenindustrie, zum Kommunismus etc.
Trotzdem darf die Dame im Fernsehen behaupten: «Die Pensionskassen
sind ausgerichtet auf Männer.» So? Das war mir bisher wirklich nicht
aufgefallen. Dann stellt sie fest, dass «drei Viertel aller Mütter 50 Prozent
arbeiten». Bleibt die Frage, ob sie das tatsächlich ab 25 oder 35 Jahren bis zu
ihrer Pensionierung tun (müssen)? Und wie hoch war denn ihr Pensum vor
der Mutterschaft? Und sind denn gemäss der Historikerin alle Frauen auch Mütter - oder nur die Mütter Frauen?
Wegen Erwerbsunterbrüchen seien die Frauen benachteiligt in der 2. Säule. Und dann die Bäcker, die Schreiner, die Coiffeure, die KMU-Gründer? Die meisten Selbständigen haben keine 2. Säule, weil sie keine haben können. Praktisch alle Firmengründer nehmen zudem PK-Lücken in Kauf. Aber es reichen bereits 25-30 Jahre Erwerbstätigkeit für den Aufbau einer ganz ordentlichen 2. Säule. Zudem gibt es ja auch noch die 3. Säule.
Der Kassensturz zitiert weiter eine zweite Frau. Diese arbeitet bei der UBS, was auch so vermerkt wird. Bei ihr trifft immerhin zu, dass sie eine Expertin für die Altersvorsorge ist. Sie zählt zum entsprechenden Beratungsteam der Grossbank. Frauen, die heiraten, hätten keine Absicherung mehr in der 2. Säule, wird ihr als Zitat in den Mund gelegt. Damit wird suggeriert, dass eine Ehe (oder eine eingetragene Partnerschaft) für die Frau und ihre Altersvorsorge ruinös sei. Denn eine Scheidung sei für die Altersvorsorge der Frau sehr schlecht.
Das erstaunt jedoch. Denn die Expertin weiss bestimmt, dass gerade bei der Scheidung eine gute Absicherung bzw. völlige Gleichheit besteht, weil bei einer Scheidung die 2. Säule
beider Partner je hälftig aufgeteilt wird. Erstaunlich ist jedoch, dass
von dieser Expertin sonst ganz anderslautende Statements und Fachberichte
bekannt sind. So deklarierte sie unlängst: «Unsere Renten sind zu hoch.» Sie
bezog sich damit auf den zu hohen Umwandlungssatz. Und die UBS-Fachfrau sieht
als Lösung für eine nachhaltige Altersvorsorge ganz eindeutig eine Erhöhung des
Rentenalters. Dies zum Beispiel dank einer Koppelung der Renten an die
Lebenserwartung. Zur Sicherung der Altersvorsorge betrachtet sie die Erhöhung
des Rentenalters als «eine der effektivsten und fairsten Stellschrauben».
Davon war jedoch im Kassensturz-Beitrag keine Rede. Das hätte wohl auch nicht zur Weltanschauung der Redaktion gepasst. Aber es hätte der Glaubwürdigkeit der Sendung Kassensturz wie der SRG nur gut getan.
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