«Kollektives Führungsversagen» wird den CS-Verantwortlichen seit Wochen unisono von Medien und Politik vorgeworfen. Das stimmt wohl. Liegt ja auch auf der Hand. Denn ohne ein solches Versagen gäbe es die CS in alter Form weiterhin und der Schweizer Finanzplatz hätte einen schweren Imageschaden weniger.
Fragt sich nur, wo alle die Gut- und Besserwisser waren in den letzten 15 Jahren? Die Medien waren sich nicht zu schade, seit dem internationalen Bankendebakel von 2008 die CS, ihre Führung und ihre Strategie in den Himmel zu loben. Soeben hatte die UBS wegen ihrer Investment-Abteilung Schiffbruch erlitten. Und soeben ging die CS daran, ihr Investment-Banking zu forcieren.
Das ist mehr als paradox: Weder die grosse Mehrheit der Medien noch der Grossteil der Politikerinnen störten sich damals an der – wie sich heute herausstellt – völlig falschen CS-Strategie. Im Gegenteil: die CS-Verantwortlichen wurden repetitiv als die «guten Banker» dargestellt, die UBS-Zuständigen als die schlechten. Kein einziger National- und keine einzige Ständerätin haben damals ihre Stimme erhoben und die CS harsch kritisiert. Kunststück. Das hätte ja auch viel Zivilcourage benötigt, denn es wäre einem Schwimmen gegen den Strom gleichgekommen.
So schwammen denn einhellig alle im und mit dem gleichen Strom und waren mit sich und der Welt zufrieden. Als dann die CS in Schwierigkeiten geriet, spielte man «Ostern» («Mein Name ist Hase, ich weiss von nichts».). Die Schuldigen waren ja schnell gefunden. Vergessen wurde dabei auch die alte Lehre, die man jedem Kind beibringt: «Mitgegangen, mitgehangen.» Sie sassen während rund 15 Jahren im gleichen Boot: die Medien, die Politiker und die Bank. Deshalb erstaunt auch nicht, dass niemand je die gelbe Karte hochhielt.
Die Medien kritisierten zwar immer wieder die überrissenen Saläre und Boni des obersten CS-Bosses. Das heisst, sie schauten wie fixiert nur auf jenen Teil des Eisbergs, den sowieso auch alle Anderen sahen. Was auch noch zum Eisberg gehörte, wurde geflissentlich ausgeblendet. Es passte ja nicht ins damalige Medienbild der CS. Denn dieses besagte, dass die CS die «gute» und die UBS die «schlechte» Bank seien.
Es stimmt unzweifelhaft: das oberste CS-Management hat gravierendste Fehler begangen. Der Verwaltungsrat hat die falschen Leute in die Geschäftsleitung berufen und seine Aufsicht zu large ausgeübt. Grössenwahn und Kurzfrist-Denken standen bei ihm wie bei der Geschäftsleitung im Vordergrund. Niemand scheint die roten Lämpchen gesehen oder die kritischen Fragen gestellt zu haben. Niemand: auch die Medien und die Politikerinnen nicht.
Im Nachhinein ist es einfach, liebe Medien, alles (besser) zu wissen. Im richtigen Moment die richtigen Fragen zu stellen und den Finger rechtzeitig auf die wunden Punkte zu legen, wäre jedoch eure Aufgabe gewesen. Wir brauchen keine Medien, die erst wissen, was Sache ist, wenn es für alle andern schon längst sichtbar ist.
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