Mittwoch, 1. Februar 2023

Eine unehrliche Kampagne mit wenig Wirklichkeitsbezug

Die (extreme) Linke hat eine neue Initiative «am Laufen» zur Erbschaftssteuer. «Erstaunlicherweise» läuft seit anfangs Jahr auf allen Kanälen die mediale Werbeaktion dazu. Überall, selbst von Redaktionen, die für sich Seriosität und Professionalität reklamieren, wird die Sache mit der Erbschaftssteuer thematisiert. Ganz vorne mischt auch die SRG mit. Ebenfalls «erstaunlicherweise» fast überall – auch bei der SRG – in den gleichen Tonlagen: Erben ist ungerecht, Erbschaftssteuern schaffen wenigstens teilweise Gerechtigkeit. Fehlen die Erbschaftssteuern, ist das ungerecht für alle, die wenig oder nichts erben. 

  Bei einer solchen Argumentation, die im übrigen voll jener der Linken und Grünen entspricht, wäre auch ein Geburtsort Schweiz oder Österreich ungerecht gegenüber all jenen, die in Somalia, Sudan oder Russland zum Beispiel etc. geboren sind.

Wer so argumentiert, ignoriert jedoch die harten Fakten genauso geflissentlich wie völlig. Steuern zahlen wir alle; wer mehr verdient und mehr besitzt, zahlt auch mehr Steuern. Und zwar nicht einfach nur ein bisschen mehr. Wer zum Beispiel in der Schweizer Gemeinde X bei einem Bruttojahreseinkommen von 80’00 Franken 10% davon als Steuern abliefern muss, dessen Nachbar mit einem Einkommen von 500'000 Franken zahlt nicht etwa bloss 50'000 Franken, sondern meist rund 200'000 Franken. Man nennt das die Steuerprogression: je mehr ich verdiene, umso grösser ist das Stück, das ich davon an den Staat abliefern muss.

Aber zurück zum «Anfang». Wir bezahlen vor allem drei Arten von Steuern in der Schweiz: Die Einkommenssteuern für Gemeinde, Kanton und Bund, die Mehrwertsteuer für den Bund (momentan meist 7.7% auf dem Konsum) und die Vermögenssteuern für Gemeinde und Kanton. Hinzu kommen diverse weitere Steuern: Kirchensteuern, Tabaksteuer, Biersteuer, Liegenschaftssteuer, etc.

Wer in der Schweiz einen Teil seines Einkommens ins Sparschwein legt, der muss dieses Geld jährlich erneut, diesmal als Vermögen versteuern. Dabei liegt die kantonale Vermögenssteuer (die Gemeinde-Tarife kommen hinzu) durchschnittlich irgendwo zwischen 5 und 6 Promille (in Genf bei mehr als 10 Promille). Das heisst, für 100'000 Franken steuerbares Vermögen muss ich jährlich 5-600 Franken Kantonssteuern bezahlen. Pro Jahr 5-6 Promille ergeben in zehn Jahren jedoch 5-6 Prozent und wenn ich mein Vermögen während 50 Jahren halte (zwischen meinem 35. und meinem 85. Altersjahr zum Beispiel) ergibt dies eine Gesamtsteuerbelastung von 25 bis 30 Prozent. Diesen Anteil meines Vermögens gebe ich also (nicht ganz freiwillig) dem Staat weiter.

  Wer mit 85 stirbt, vererbt also noch 65-70 Prozent des ursprünglich angesparten Vermögens. Nimmt sich der Staat davon via Erbschaftssteuer nochmals zum Beispiel 35 Prozent, bleibt vom Ersparten der Eltern für die Kinder weniger als die Hälfte übrig. Das entspräche, auch international betrachtet, einer Spitzenbesteuerung.

Umgekehrt die Situation, wenn ich das aktuell verdiente Geld jeweils vor dem 31. Dezember des laufenden Jahres weitgehend wieder ausgebe, statt es ins Sparschwein zu stecken. In diesem Fall bezahle ich bloss die Mehrwertsteuer auf meinem Konsum bzw. meiner (Ausland-)Reise. Für die öffentliche Hand also ein «schlechtes Geschäft» – für mich ich ein gutes.

Länder, die keine Vermögenssteuer kennen (und das sind die allermeisten), erheben stattdessen meist eine Erbschaftssteuer. Sie besteuern also das Vermögen einmalig statt jährlich. In der Schweiz gibt es trotz der Vermögens- auch noch Erbschaftssteuern – und das in 24 der 26 Kantone. Befreit sind nämlich meist nur die Kinder und Enkel, wenn sie ihre (Gross-)Eltern beerben. Für Geschwister, Cousins oder andere Verwandte ausserhalb der direkten Linie kann die Erbschaftssteuer – zusätzlich zur Vermögenssteuer – auch mal 50% oder sogar noch mehr betragen. Vom ursprünglich ersparten Vermögen bleibt dann bloss noch ca. ein Drittel oder gar nur ein Viertel übrige. Den Rest hat sich der Staat genommen.

  Es gibt aber auch Länder mit Vermögenssteuern, die einen relevanten Teil des Vermögens von der Besteuerung ausnehmen. In Italien oder in Österreich werden Liegenschaften zum Beispiel nicht besteuert. In der Schweiz gerade mehrmals: so beim Erwerb (Handänderungssteuer), jährlich in vielen Kantonen durch die Liegenschaftssteuern, in den Berggebieten zusätzlich durch die jährliche Schwellensteuer, überall durch den Eigenmietwert (darauf sind jährlich gar Einkommenssteuern zu entrichten) und durch die ebenfalls jährliche Vermögenssteuer. All diese staatlichen Belastungen auf der selbstgenutzten Liegenschaft gibt es in Österreich zum Beispiel so nicht.

Wir entrichten also in der Schweiz auf unserem Ersparten jährlich einen Obolus an den Staat. Greift er bei unserem Ableben ein weiteres Mal mit beiden Händen zu, kommt dies einer konfiskatorischen Besteuerung gleich. Oder, etwas einfacher ausgedrückt: der Staat bestraft schon heute die Sparsamen und belohnt jene, die ihr Geld sofort nach der Lohnüberweisung wieder ausgeben – selbst wenn sie dafür später dem Staat zur Last fallen müssen, weil sie nicht selbst für sich sorgen können. Es gibt keinen Grund, diese falschen Anreize noch massiv zu verstärken.

Nimmt diese Besteuerung der Sparsamen durch eine Erbschaftssteuer selbst für Kinder und Enkel weiter zu, wird die letzte Motivation zur finanziellen Eigenverantwortung zerstört. Was der Staat dann mit der rechten Hand einnimmt, wird er mit der linken sofort wieder ausgeben müssen. Etwa für Sozialhilfe, Prämienverbilligungen bei der Krankenversicherung etc. Die Erfahrung zeigt, dass er dabei viel mehr ausgeben muss, als er einnimmt. Die vermeintliche linksideologische Bestrafung der Reichen führt also lediglich zu leeren Staatskassen und frustrierten Bürgern ohne Leistungsmotivation.

 

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