Montag, 26. Dezember 2022

Ein Auftrag, der schon erfüllt ist oder der es nie sein wird?

Das Parlament hat dem Bundesrat den Auftrag erteilt, staatliche Hemmnisse für die Wirtschaft abzubauen. Die Verwaltung hat überlegt – und nichts gefunden. Der Bundesrat kommt zum Schluss: da gibt es nichts abzubauen. Der parlamentarische Auftrag ist also bereits erfüllt. Er kann abgeschrieben werden. So beantragt es der Bundesrat – unbeachtet von der medialen Öffentlichkeit – dem Parlament.

Dass der Bundesverwaltung zu diesem Thema nichts einfällt, kann ihr nicht einmal zum Vorwurf gemacht werden. Woher soll eine Beamtin des Bundes wissen, wo genau bei der Wirtschaft der Schuh drückt? Der Bundesrat beschäftigt jedoch eine Fülle an Expertengremien und zudem gibt es in der Schweiz mehr als 600'000 Unternehmen, die meisten davon KMU und Familienbetriebe. Ein Gespräch mit diesen wäre mehr als erhellend.

Dieser Ausgang einer seit Jahren geführten politischen Debatte kann nur erstaunen. Erstens liegen sehr viele Daten vor, welche das Gegenteil der bundesrätlichen, pardon der Verwaltungs-Meinung belegen. Zweitens ist der zuständige Bundesrat der SVP-ler Parmelin. Er sollte einen Draht zur Wirtschaft haben. Sein Antrag zeigt jedoch, dass dort wo die Landwirtschaft aufhört, für ihn offenbar auch die Wirtschaft aufhört.

Erst einmal gibt es «die Schweizer Wirtschaft» als einheitliches Ganzes gar nicht. Die Branchen sind zu unterschiedlich. Und Gewerbler haben andere Anliegen und Bedürfnisse als KMU, Familienbetriebe, börsenkotierte Unternehmen oder international führende Globalunternehmen. Viele der seit den 1990-er Jahren eingeführten neuen Auflagen für die Wirtschaft sind für Familienunternehmen und für KMU viel einschneidender als für Globalunternehmen. Andere neue Vorschriften machen vor allem dem Gewerbe zu schaffen.

So müssen heute etwa Familienunternehmen wegen der Änderungen im Aktienrecht Vorschriften erfüllen, die durchaus als staatliche Einmischung in die eigene, persönliche Vermögensverwaltung betrachtet werden können. Zudem sind gerade für solche Unternehmen in den letzten 25 Jahren wegen neuer staatlicher Regelungen die Treuhandkosten massiv angestiegen. Weitere Vorschriften und damit Zusatzaufwendungen kommen auf diese Unternehmen zu, die nichts weniger als das sehr stabile Rückgrat der Schweizer Wirtschaft darstellen.

Die Verwaltung darüber entscheiden zu lassen, was hier nötig und was zu viel ist, ist etwa so, als würde man den gelernten Konditor damit beauftragen, die Wurstqualität des Metzgers zu beurteilen. Wer solches jedoch veranlasst, an dessen Wirtschafts-Kompetenz darf, ja muss sogar (!) mit Fug und Recht gezweifelt werden. Bleibt nur die Frage, ob der Bundesrat den Auftrag des Parlaments etwa gar nie erfüllen wollte?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen