Freitag, 4. November 2022

Unternehmer sind gefragt - nicht Bittsteller

Strom war in den letzten Jahren derart billig, dass viele Grüne als Hauptargument gegen die Kernkraftwerke die Kosten nannten. Der Strom aus Kernkraft sei zu teuer und damit nicht marktfähig. Inzwischen sind die Strompreise europaweit derart gestiegen, dass unsere Kernkraftwerke geradezu billigen Strom produzieren. Das ist die eine Seite der Medaille.

Die andere ist, dass für einzelne Unternehmen die Stromkosten existenziell werden. Sie durften im Gegensatz zu den Privathaushalten den Strom auf dem freien Markt einkaufen, weil sie viel davon benötigten bzw. verbrauchten. Aus unseren privaten Steckdosen fliesst Monopolstrom, dessen Preis zwar ein Jahr lang konstant und dessen Preisbewegungen relativ moderat sind, weil die Verträge der Verteiler über viele Jahre abgeschlossen werden. Dessen Preis aber in den letzten 20 Jahren auch um einiges teurer war als jener auf dem freien Markt. Grossverbraucher konnten also viele Jahre von der (teilweisen) Marktliberalisierung profitieren. Den Privathaushalten wurde zwar der freie Markt versprochen. Aber beim Versprechen blieb es. Die Marktliberalisierung wurde immer wieder hinausgeschoben. 

Jetzt steht die Sache auf dem Kopf. Aktuell ist der freie Markt viel teurer als der Monopolstrom in den meisten Gemeinden der Schweiz. Da haben sich ein paar Unternehmen überlegt, dass eine Rückkehr in den Monopolmarkt jetzt günstiger wäre. «Dummerweise» schliesst dies das Gesetz aus. Flugs also ein paar Politiker eingespannt, um Arbeitsplätze zu retten. Wäre doch so simpel und naheliegend, diese Idee.

Nein. Diese Idee ist unbrauchbar. Sie würde den gesamten inländischen Strommarkt aus den Fugen bringen und sofort den Ruf nach staatlichen Stromsubventionen für Privathaushalte laut werden lassen. Denn ein «Rück-Einbau» der grossen Stromverbraucher in den Gesamtmarkt würde dazu führen, dass die betreffenden Stromverteiler diese zusätzliche Nachfrage aktuell auf dem freien europäischen Markt einkaufen müssten. Für die Grossverbraucher wird das also nur dann billiger, wenn sie diese aktuellen Preise nicht bezahlen müssen. Wenn die Monopolverteiler diesen teuren Strom auf alle Kunden gleichmässig verteilen. Dies mit der Folge, dass die Grossverteiler von den Privatkunden subventioniert werden. Und dass einige dieser Privatkunden Probleme bei der Bezahlung ihrer hohen Stromrechnungen bekommen.

Es gehört zum unternehmerischen Risiko, dass die Einkaufspreise der Rohstoffe plötzlich steigen können; dass die angestammten Absatzmärkte nachlassen (z.B. wegen einer Rezession), dass unerwartet neue Konkurrenten auftauchen, dass die Energiepreise steigen, etc. Ein gutes Risikomanagement sollte diese und viele weitere Risiken rechtzeitig auf dem Radar haben. Im Falle der Strompreise ist seit Jahren absehbar, dass sie aufgrund der immer stärker steigenden Nachfrage nach oben schiessen können bzw. werden. Wer das «übersah», war nicht auf der Höhe seiner Aufgabe. Jetzt nach dem Staat zu rufen, ist das Gegenteil von unternehmerischem Denken und Handeln. Richtiges unternehmerisches Handeln hiesse: nach Lösungen suchen, die gleichzeitig neue (Markt-)Chancen bieten.

P.S. Die freie Wahl des Stromproduzenten bzw. -verteilers für alle Stromverbraucher sollte dennoch das Ziel einer sinnvollen Politik sein. Viele Schweizer Stromproduzenten und -verteiler arbeiten heute nicht besonders effizient (öffentlich-rechtliche Betriebe), haben hohe Overhead-Kosten und investieren teilweise ihre Finanzmittel auch völlig marktfremd. Nur mehr Wettbewerb kann solche Missstände künftig ausschalten. Man erinnere sich nur daran, was seinerzeit mit dem Telekom-Markt passierte.

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