Donnerstag, 6. Oktober 2022

Grosses Geschrei statt unbequeme Wahrheiten

Der «Prämienschock» wird landauf und -ab richtiggehend «abgefeiert»; medial und parteipolitisch. Die Krankenkassenprämien steigen für viele Einwohner der Schweiz um rund 20 Franken pro Kopf und Monat. Grund genug, dass etliche Partei- und Gesundheitspolitikerinnen ebenso hyperventilieren wie ein grosser Teil der Medien.

Bleiben wir mal sachlich: der Durchschnittslohn in der Schweiz liegt bei über 6600 Franken pro Monat; bei rund 6400 Franken in der Privatwirtschaft und bei mehr als 8000 Franken im öffentlichen Sektor. Dazu nimmt sich der Betrag der Prämienerhöhung für die Krankenversicherung als Pappenstiel aus. Zum Vergleich: Ein Päckli Zigaretten kostet rund 10 Franken, eine Packung Snus ebenfalls. Das Monatsabo des Sportfernsehens liegt bei deutlich über 20 Franken.

Für alle, die weniger als den Durchschnittslohn nach Hause tragen und für Familien gibt es die Prämienverbilligung. Der Bund allein wendet dafür jährlich mehr als 3 Milliarden Steuerfranken auf; im nächsten Jahr rund 170 Millionen mehr als 2022. Weil die Bundesbeiträge steigen, werden auch die Kantone mehr Steuergelder dafür aufwenden müssen. Die betreffenden Prämienzahlenden können also damit rechnen, dass für sie die Prämien nicht im vollen Umfang steigen werden.

Die Steigerung der KK-Prämien ist aber nicht ein Schicksalsschlag wie die Pandemie. Die allermeisten Prämienzahlenden können über die Zahl der Arzt- und Spitalbesuche («Notfall») weitgehend selbst befinden. Wer bei jedem Halsweh zum Arzt rennt, wer seine Gesundheit mit ungesunder Lebensweise beeinträchtigt oder gar ruiniert, muss sich nicht über hohe KK-Kosten wundern. Wer mit einem Hausarzt/Allgemeinmediziner spricht, erfährt Unglaubliches. Die Leute rennen gedankenlos und vollkommen unbedarft mit jeder klitzekleinen Kleinigkeit zum Arzt (oder gar in den teuren Notfall) und verlangen sofort die teuersten Medikamente dafür. Unglaublich viele Patienten lassen sich zu Lasten der Krankenversicherung teure Medikamente verschreiben, um sie nachher nicht einzunehmen, sondern wegzuwerfen oder vergammeln zu lassen. Dafür dauert dann die ärztliche Behandlung umso länger… Nicht Wenige gehen ausserdem zum Arzt, um sich wegen einer Kleinigkeit krankschreiben zu lassenlassen; ärztlich genehmigtes "Krankfeiern" also.

Statt über die Krankenversicherungen und über die teuren Prämien «herzufallen», sollten Politik und Medien sich besser auf jene konzentrieren, die diese Kosten verursachen: auf die Versicherten. Das ist zwar unpopulär – aber ist es deswegen auch falsch? Dazu nur ein Faktum: Warum denn liegen die Gesundheitskosten zum Beispiel im ländlichen Appenzell Innerhoden so viel tiefer als zum Beispiel in Zürich oder Bern? Sind die Menschen im einten Kanton wirklich so viel gesünder als im anderen?

P.S. Nun, ganz unschuldig sind die Politikerinnen und Behörden aber auch nicht. Erstens ist das Gesundheitswesen überreguliert, was hohe Bürokratie-Kosten verursacht und für eine Fülle von Fehlanreizen verantwortlich ist. Zweitens werden immer wieder kurzsichtige Regelungen geschaffen, die meistens am Ziel vorbeischiessen, aber einen erheblichen Kollateralschaden verursachen. Ein Beispiel? Weil ein Teil der Hustenmittel bei sehr hoch dosierter Einnahme über einen langen Zeitraum süchtig machen könnte, wurden diese Mittel kürzlich rezeptpflichtig. Die Folge: für ein einfaches Hustenmittel muss ich nun dauernd zum Arzt rennen. Bisher habe ich das Hustenmittel selber bezahlt. Nun muss die Krankenkasse (und damit am Ende auch wieder ich als Versicherter) eine Arztkonsultation und das Hustenmittel bezahlen. Statt 10 Franken kostet der gleiche Husten nun 70 oder 80 Franken; ein Mehrfaches. Ich warte darauf, dass bald auch Raucherwaren und Alkoholika rezeptpflichtig werden...


 

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