Montag, 8. August 2022

Kultur-Korruption ist auch Korruption

Es ist in der Schweiz seit Jahren untersagt, einem Beamten ein Geschenk zu machen, das grösser ist, als er in einem Tag essen kann; der Rest ist Korruption. So die offizielle Version. In Wirklichkeit ist es bereits nahe an der Korruption, wenn eine Unternehmerin einen Staatsbeamten zum Essen in ein gutes Restaurant einlädt. 

Ganz anders handhaben dies gewisse Kulturverantwortliche. Soeben wurde bekannt, dass Zürcher Regierungs- und Kantonsrätinnen jederzeit Gratiseintritt geniessen dürfen im Zürcher Opernhaus. Begründung: Schliesslich bezahlt der Kanton Zürich dem Opernhaus jährlich rund 80 Millionen Franken aus der Staatskasse. Dazu ist zu wissen, dass Tickets des Zürcher Opernhauses je nach Aufführung aktuell bis zu CHF 380 kosten.

Diese «Geschichte» zeugt sowohl bei den Kulturverantwortlichen wie bei den Politikern, die vom Gratiseintritt Gebrauch machen, von einem überaus unterentwickelten Bewusstsein betreffend Korruption und betreffend Staatsfinanzen. Dass Sponsoren des Opernhauses u.a. mit Gratiseintritten belohnt werden, ist nachvollziehbar. Kantonsparlamentarier und Regierungsrätinnen sind aber in diesem Fall keine Sponsoren. Es ist nicht ihr Geld, das sie hier verteilen. Es ist das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, das sie notabene treuhänderisch verwalten und allein im Interesse der Einwohner des Kantons sparsam, effizient und effektiv verwenden müssen. So verlangen es Verfassung und Gesetz.

Das Opernhaus hat genug Grund, sich für die jährlichen 80 Millionen bei den Politikern erkenntlich zu zeigen. Aber es geht nicht an, sie deswegen mit grosszügigen Geldgeschenken (denn das sind Gratiseintritte nun mal) zu «belohnen». Das ist schlicht und einfach Korruption – und erst noch in besonders plumper Form. Wäre das Zürcher Opernhaus – wie viele andere Kulturinstitutionen in unserem Land ebenso – nicht derart mit der Politik verstrickt und verbandelt, Staatsanwalt und Richter wären schon längst aufmarschiert.

Wenn jemand auf Rabatte beim Opernhaus Anrecht hätte, dann diejenigen, welche die jährlichen 80 Millionen aufbringen, die Steuerzahler des Kantons Zürich. Es ist allein ihr Geld, das hier ausgegeben wird. Dagegen fördert das Verhalten der Opernhaus-Leitung und der Politiker nicht die Kultur, sondern bloss die Entfremdung des Grossteils der Bevölkerung vom Kulturhaus.

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