Sonntag, 24. Juli 2022

Vom Glück, das Geld der Anderen zu verteilen oder: Sozialpolitik mit Salamitaktik

Eine klitzekleine Lücke im Sozialsystem? Da findet sich garantiert sofort eine Politikerin, die einen Kreuzzug dagegen lanciert. So wurde vor wenigen Monaten im Bundeshaus festgestellt, dass ausgesteuerte Arbeitslose, die über 60 Jahre alt sind, in gewissen Fällen in finanzielle Probleme geraten können. Weil aber jedes Menschenschicksal im 21. Jahrhundert ein Fall für den Staat ist, wurde sofort reagiert und diese «schändliche Lücke» in unserem eng gestrickten Sozialnetz, diese Fallmasche, wurde umgehend mit einem neuen Sozialwerk gestopft. Mit den sogenannten «Überbrückungsleistungen». Selten arbeiten SP-Bersets Leute derart effizient wie in diesem Fall geschehen.

Damit die bürgerliche Ratsmehrheit dem neuen Kostenfaktor zustimmen konnte, betonten alle Zuständigen der Verwaltung, inkl. Bundesrat, dass es sich nur um ganz wenige Personen handle, die auf tragische Weise unverschuldet in Not gerieten und damit vom neuen Werk profitieren können müssten. Aber es gehe nicht an, diese Leute in der reichen Schweiz einfach ihrem Schicksal bzw. der dafür zuständigen Sozialfürsorge zu überantworten. Zudem würden sie dort ja auch Geld kosten.

Wer könnte einem klitzekleinen Sozialwerk für ein paar wenige vom Schicksal arg gebeutelte Menschen nicht zustimmen? Und so kam es wie immer in der Sozialpolitik: Der neue Ausgabenposten wurde vom Parlament grossmehrheitlich genehmigt und 2021 traten die neuen Bestimmungen in Kraft.

Angeregt von einem Vorstoss eines Ostschweizer SP-Ständerates, der seine Berner Amtszeit schon bedeutend ausgedehnt hat, haben die Medien nun die Frage aufgeworfen, wie viele dieser armen Menschen denn nun tatsächlich von den neuen Überbrückungsleistungen profitieren. Ergebnis: Bloss ein paar Hundert. Für so wenige ein ganzes Sozialwerk? Während die einen nun feststellen, dass sich hier Aufwand und Ertrag niemals die Waage halten, und deshalb das Sozialwerk in Frage stellen, hat der alte SP-Ständerat eine viel «bessere» Idee: Wenn bloss so wenige Menschen von einem Sozialwerk profitieren, dann muss man den Kreis der Anspruchsberechtigten erweitern, die Bedingungen senken – und schwupps wird man sehen, wie viel Steuergeld der Staat da in Kürze loswerden kann. Und damit wäre dann auch «bewiesen», dass es den neuen Sozialausgabeposten wirklich braucht – sonst wäre der Ratsbeschluss 2021 ja womöglich ein Fehler gewesen.

Wetten, dass die Ratsmehrheit  aus Linksgrün, Mitte und GLP in Bern darauf einsteigen und den Kreis der Berechtigten erweitern wird? Bloss um eine Salami-Rädli-Weite natürlich. Grad so, dass «man» es noch gutheissen kann. Das nächste Salami-Rädli ist dann spätestens in vier Jahre wieder fällig – vor den übernächsten Wahlen 2027.


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