Mittwoch, 1. Juni 2022

Keine Ohrfeige für die Regierung - aber eine für den Souverän

Das Solothurner Verwaltungsgericht hat also einen Volksentscheid (Umfahrung Klus) aufgehoben. (Unklare) Bestimmungen über die Denkmalpflege sind laut den Richtern mehr wert als der deutlich zum Ausdruck gebrachte Wille des Souveräns. Das sei eine Ohrfeige für die Regierung, war dazu die Meinung der hiesigen Presse. Ein wahrer Demokrat sieht das jedoch ziemlich anders. 

Staatspolitisch betrachtet heisst das Urteil des Solothurner Verwaltungsgerichts nichts anderes als dass sich hier die Judikative selbst zur höchsten Gewalt im Staat dekretiert: Die Regierung (Exekutive) und der Kantonsrat (Legislative) haben diesem Vorhaben zugestimmt. Das Volk hat es mit 59 Prozent Ja- zu 41Prozent Nein-Stimmen sehr deutlich auch getan. Man kann das richtig oder falsch finden: doch der Souverän hat in der Schweiz das letzte Wort. Seine Entscheidungen werden vom Bundesgericht nur in den allerseltensten Fällen aufgehoben. Und wenn, dann deshalb, weil etwa die Informationen falsch waren (im letzten Fall) oder weil die Abstimmung nicht korrekt verlaufen ist. Von beidem ist hier keine Rede.

Es ist deshalb kaum wahrscheinlich, dass der Entscheid der Solothurner Verwaltungsrichter vor dem Bundesgericht Gnade finden wird – falls dieses dazu zu befinden hat. Denn das vorliegende Urteil anzufechten obliegt der Solothurner Regierung. Als aktiver Staats- und Stimmbürger erwarte ich, dass unsere Regierung dies im Namen ihrer Wähler und Stimmbürger tut. Es geht hier nicht um die Ehre der Regierung. Es geht um viel, viel mehr: es geht darum, was der Wille des Souveräns, was jeder einzelne Stimmzettel wert ist. Es geht darum, ob das Verwaltungsgericht über dem Souverän steht oder umgekehrt.

Wenn diese «Politik» à la Verwaltungsgericht Schule machen würde, würde dies etwa bedeuten, dass zum Beispiel die seinerzeitige Ablehnung des Energiegesetzes ebenfalls nichtens wäre – schliesslich gibt es ja das «übergeordnete» Interesse des Klimaschutzes.

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