Donnerstag, 28. April 2022

Manchmal hilft schon ein bisschen Latein

Die Römer, uns nicht nur beim Rechtsverständnis Lehrmeister, prägten den Satz: «Si vis pacem, para bellum.» Zu Deutsch: «Wenn du (den) Frieden willst, bereite den Krieg vor.» Klar, die Römer verstanden darin den Frieden als die Abwesenheit von direkter militärischer Gewalt. Echter Friede ist anders zu definieren, nämlich als die Abwesenheit gegenseitiger militärischer Bedrohung.

Dennoch müssen wir heute eingestehen, dass wir in Mitteleuropa (zu) lange von diesem Frieden, von der Abwesenheit jeglicher Bedrohung, geträumt haben. Ja, wir waren davon überzeugt, dass unsere Einschätzung total richtig sei. Umso härter war unser Erwachen nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine. Nachdem uns Putin die Wattewolke, auf der wir es uns so gemütlich gemacht hatten, über Nacht zerstört hatte, schlugen wir brutal hart auf dem Boden der Realität auf.

Man muss kein Militärhistoriker sein, um zu wissen, dass die Schweiz bloss höchst mässig auf die beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert vorbereitet war. Obwohl die Bedrohungslage auch damals Jahre zuvor laufend zugenommen hatte. Es ist ein zutiefst menschliches Phänomen, dass wir negative Entwicklungen gerne verdrängen.

Das war in den letzten drei Jahren nicht anders, so wenig wie heute. 

Wir haben im Kalten Krieg eine Riesenarmee unterhalten und zusammen mit unseren europäischen Nachbarn viel Geld für den Schutz unserer Grenzen ausgegeben. Das hat uns Jahrzehnte des Friedens beschert. Das hat – auf allen Seiten – grosses Leid, Tod und Elend erspart. Deshalb war dieses Geld nicht zum Fenster hinausgeworfen; es war nötig. Der Friede war es wert.

Daran sollten wir heute denken, wenn die einen Politiker die anderen verurteilen, sie wollten bloss die günstige Gelegenheit nutzen, um die Sicherheitsanstrengungen zu erhöhen. Denn wann, wenn nicht jetzt, ziehen wir die richtigen Schlüsse? Wann, wenn nicht jetzt, lernen wir endlich auch betreffend Sicherheit aus der Geschichte?


Sonntag, 24. April 2022

Kein Recht zur und durch Gewalt

Unsere direkte Demokratie besteht darin, dass wir über alles und jedes – von der Hundesteuer über den Veloweg bis zu den Managersalären – abstimmen können und das auch reichlichst tun. Ausserdem können jederzeit gut 0.5% der Schweizer Bevölkerung mit einem Referendum einen Parlaments- und Regierungsbeschluss zur Abstimmung bringen; für ein eigenes Anliegen in Form einer Initiative sind gerade einmal 1.1% unserer Bevölkerung nötig.

Trotzdem halten es immer mehr kleinere und kleinste Gruppierungen – meist mit Unterstützung oder mit Vorbildern aus dem Ausland, wo unsere direktdemokratischen Mittel nicht einmal im Traum existieren – für nötig und legitim, sich mit groben Gesetzesverletzungen «zu Wort zu melden». Ein besonders negatives Beispiel bilden dabei die militanten Klimaschützer.

Dass sie dabei zahlreiche Freiheiten sehr vieler Mitbürgerinnen mit Füssen treten, scheint ihnen vollkommen egal zu sein. Im Gegenteil: sie fühlen sich im Recht, allein im Recht. Im Recht das Recht selber zu machen und zu sprechen.

Es gibt jedoch in unserem Land nicht den geringsten Grund und nicht die geringste Legitimation für (partei-)politische Minderheiten, sich mit Gewalt Gehör zu verschaffen. Gewalt wird aber angewendet, wenn in Gebäude eingebrochen wird, wenn fremdes Eigentum beschädigt wird, wenn Bürgerinnen und Bürger mit Strassenblockaden daran gehindert werden, zu reisen oder ihre Arbeit zu erledigen. Das ist nichts anderes als ein Rückschritt zum Recht des Stärkeren. Das ist nichts anderes als das Liebäugeln mit Diktaturen.

Darauf gibt es nur eine einzige Antwort: Unseren demokratischen Rechtsstaat und das konsequente politische und öffentliche «Übersehen» solcher «Aktionen»; mehr noch: es mit Verachtung zu strafen, deutlich zu verurteilen. Wer Gewalt anwendet, darf nicht Recht bekommen.

Mittwoch, 20. April 2022

Wenn Mücken wichtiger sind als Menschen

So schizophren kann Politik sein: (Fast) Alle Parteien weisen darauf hin, dass der Schweiz die Energie ausgeht. Und dass auch der Strom als wertvollste aller Energien (zu) bald ein (zu) knappes Gut sein wird.

Aber: Die Regierungen der Alpenkantone haben nur eines im Sinn: mehr Geld für die Abgeltung «ihrer» Wasserkraft wollen sie. Und sie machen dabei dem Übernamen «Alpen-Opec» alle Ehre. Denn um die Landesversorgung scheren sie sich keinen Deut, wenn es um ihr Portemonnaie geht. Sie blockieren mit ihrer Politik aktuell den Ausbau der Wasserkraft praktisch komplett und sind nicht geneigt, auch nur einen Deut davon abzurücken. Ganz nach der Devise: «Ob die Schweizer Wirtschaft und die ganze Bevölkerung leiden wird, ob Zehntausende von Arbeitsplätzen verloren gehen, ist uns egal. Hauptsache wir erhalten mehr Geld.» - Beziehungsweise wegen des Heimfalls fast gratis in den nächsten 20 Jahren beinahe alle grossen Kraftwerke der Alpen.

Aber: Diese Kantone können und wollen die nötigen Milliarden für die laufend nötigen Modernisierungen oder gar für einen Ausbau dieser Werke nicht aufbringen. Dafür können ja dann die Steuerzahler der Mittellandkantone aufkommen.

Der Bundesrat sieht das Problem unserer völlig verfahrenen energiepolitischen Situation nun endlich doch noch, ist jedenfalls zu hoffen.

Aber: Die zuständige Bundesrätin Sommaruga glaubt im Ernst, es mit einem «runden Tisch», also quasi basisdemokratisch, lösen zu können. Dumm nur, dass sich die Teilnehmer nicht an die Vereinbarung dieses Tisches gebunden fühlen und inzwischen bereits wieder ihre Forderungen deponiert haben. Die einen blockieren, weil sie auf mehr Geld hoffen. Die anderen blockieren den Ausbau bzw. die Erneuerung der Wasserkraft wegen dem Umweltschutz. Und hier hat das Parlament in den vergangenen Jahrzehnten derart restriktive Gesetze erlassen, dass ein paar Mücken reichen, um die Erneuerung eines bestehenden Wasserkraftwerks zu verbieten (aktuelles Urteil des Bundesgerichts). Mit anderen Worten: energiepolitisch sind Mücken in der Schweiz heute wichtiger als Menschen.

So haben wir denn die absurde Lage, dass wir mehr Strom, benötigen, aber auf politischen Druck hin bestehende Kraftwerke abstellen, während die gleiche Politik jeden Ausbau bestehender Werke vollkommen blockiert. Weil dieses energiepolitische Absurdistan jedoch mittelfristig die grossen Stromproduzenten und Händler der Schweiz sehr viel Geld kostet, will ihnen der Bund nun unter die Arme greifen. Mindestens 10 Milliarden Steuerfranken (oder rund 1200 Franken pro Einwohner) sollen diese Werke erhalten, weil Bund und Kantone sich energiepolitisch in die Sackgasse manövriert haben.

Kurz: Wir Konsumenten und Steuerzahler berappen alles. Wir bezahlen den teuren und noch viel teurer werdenden Strom und stopfen die Finanzlöcher, welche eine kurzsichtige und überforderte Politik produziert; ausserdem bezahlen wir den klimaökologischen Umbau der Energieproduktion. Und wenn wir dann dies alles bezahlt haben, stehen wir – quasi als «Gegenleistung» der Schweizer Energiepolitik – auch noch ohne Arbeitsplatz da und unsere Kinder ohne Zukunft.

 

Samstag, 16. April 2022

Der Hang zum Schweiz-Bashing

Schweiz-Bashing ist seit Jahren bei uns sowas wie in immerwährender Mode. Allen voran tun sich hier die Staatssender besonders hervor. Sie geben sich Mühe, dabei die klare Leaderposition einzunehmen.

Da wird keine Gelegenheit ausgelassen, um dem Ruf unseres Landes direkt oder via unserer wichtigsten Unternehmen und wirtschaftlichen Aushängeschilder zu schaden. Irgendwie wollen wohl die Damen und Herren bei den Staatsendern so ihre Unabhängigkeit von ebendiesem Staat beweisen.

Einmal ist es die Schweizer Gesetzgebung, die direkte Demokratie mit den NICHT staatlich unterstützten politischen Parteien (im Gegensatz zu den vielen staatlich unterstützten NGOs), die den Journalisten ein Dorn im Auge ist. Und hier findet sich immer ein Grund, ausländische Kritik, die meist ohne das geringste Fachwissen, dafür mit klaren Eigeninteressen erfolgt, zu unterstützen, indem sie zum Beispiel schlicht als Factum weiterverbreitet wird.

Ein anderes Mal ist die Finanzbranche dran, die Chemie und die Pharmaproduzenten oder Nestlé oder der Kanton Zug oder… Jüngstes und ärgerliches Beispiel? Die russischen Oligarchen bzw. deren Geld in der Schweiz. Zwar weiss jeder einigermassen orientierte Mensch, dass die russischen Gelder mehrheitlich nicht in der Schweiz lagern. Trotzdem war bloss wenige Stunden nach dem russischen Überfall auf die Ukraine in der Schweiz für viele Journalisten klar, dass auf unseren Banken mindestens einige hundert Milliarden, wenn nicht gar Billionen an Oligarchen-Gelder lagern würden. Bis heute sind es zwar noch nicht einmal acht Milliarden, aber die Zahl blieb im Raum und wurde bisher nie «mit Bedauern» korrigiert. Im Gegenteil: immer wieder wird der Verdacht geäussert, dass unsere Banken und die Beamten ihre Arbeit unsorgfältig erfüllen würden; denn sonst hätten sie ja schon viel mehr Oligarchengeld gefunden.

Ähnlich verhält es sich mit «unsauberen» Geldern aus dem Libanon, die bei uns lagern sollen. Laut SRG soll es sich um Dutzende von Milliarden handeln. Bisher von unseren Behörden belegt sind jedoch lediglich einige Millionen.

Es ist jedem Medium unbenommen, dem eigenen Land gegenüber äusserst kritisch eingestellt zu sein. Auch die SRG darf das. Allerdings werden an ihre Kritik höhere Anforderungen gestellt. Einfach aus dem hohlen Bauch heraus geäusserte, nicht mit Fakten gestützte Kritik ist für sie höchst problematisch. Einmal aufgrund der geforderten faktischen parteipolitischen «Neutralität». Aber auch aufgrund der Tatsache, dass der Souverän (also eine Mehrheit der Stimmenden) letztlich über die Höhe der Pflichtabgaben für die SRG entscheidet.

Deshalb ist es – ganz unabhängig von der Qualität journalistischer Arbeit – unverständlich, dass die SRG unser Land und unsere Wirtschaft immer wieder schlechter darstellt als nötig; ganz nach dem Prinzip: «Im Zweifel gegen den Angeklagten.» Die SRG nimmt dabei unter den Staatssendern weltweit wohl eine einsame Position ein. Ist das nötig? Ist das wirklich ihre Aufgabe?


Dienstag, 12. April 2022

Erdäpfel mit Pausenäpfeln vergleichen?

Die Altersvorsorge in der Schweiz ist seit Jahren ein Tummelfeld für Parteiideologen. Nirgends so stark wie hier werden Fakten verdreht und allein ideologisch untermauerte Behauptungen aufgestellt, die nur entfernt an die eigentliche Realität erinnern.

Voraussichtlich im September werden wir über die nächste AHV-Vorlage abstimmen. Sie enthält vor allem zahlreiche Mehrkosten und Mehrbelastungen für die Berufstätigen bzw. unsere Arbeitsplätze und eine minimale Erhöhung des Frauenrentenalters um ein Jahr. Wegen dieser Erhöhung hat die Linke das Referendum ergriffen. Für sie ist sie des Teufels. Ihr Hauptargument: die Frauenrenten sind noch immer viel tiefer als jene der Männer. Weil bei der AHV seit Anbeginn aber beide Renten gleich hoch sind (und dort zudem eine massive Umverteilung von gut zu weniger gut Verdienenden stattfindet), werden dabei die Rentenzahlen beim BVG (2.Säule/Pensionskasse) beigezogen.

Tatsächlich gab das Bundesamt für Statistik bereits vor einigen Wochen bekannt, dass 2020 die Männerrenten fast doppelt so hoch gewesen seien wie jene der Frauen (Medianwert von 2081 zu 1167 Franken pro Monat). Allerdings wurden hier unterschiedlichste Lebensentwürfe und Berufskarrieren in den gleichen Topf geschmissen. 

Beispiele? Bis 1995 konnten Frauen bei der Heirat ihre Pensionskasse auszahlen lassen. Viele haben das getan und das Geld in private Investitionen für die Familie gesteckt. Bis vor wenigen Jahren haben auch sehr viele Frauen bei der Heirat, später dann bei der Mutterschaft, ihren Beruf aufgegeben. Meist für immer. Andere haben sich – und tun dies auch heute noch – nach der Heirat selbständig gemacht; oder sie haben ihr Arbeitspensum stark reduziert. Dies war möglich, weil der Partner gut verdiente und damit das Haushaltseinkommen gesichert war. Diese Beispiele sind nicht abschliessend, wie wir alle wissen. Das ist auch richtig so. Schliesslich ist die Frage, wie ein Paar seine Einkommenssituation in den jeweiligen Lebensabschnitten regelt, reinste Privatsache.

Ein korrekter Vergleich der Männer-Frauen-Renten müsste deshalb jene Gruppierungen der beiden Geschlechter vergleichen, die tatsächlich fair verglichen werden können: die Ledigen. Hier lagen jedoch die Frauenrenten 2020 sogar leicht über jenen der Männer (Medianwert 1926 zu 1874 Franken pro Monat).

Damit aber wäre das Ganze gar keine Meldung bzw. Aufregung mehr wert und die Zahlen wären für die Ideologen und den bevorstehenden Abstimmungskampf unbrauchbar. Dann doch lieber Erdäpfel mit Pausenäpfeln vergleichen…

Freitag, 8. April 2022

Eine neue Steuer und ein ordnungspolitischer Sündenfall

Was sind Steuern? Seit jeher bezeichnen die Eidgenossen Geld, das natürliche oder juristische Personen, nachdem sie es hart verdient haben, dem Staat abliefern müssen, als Steuern. Das heisst, es spielt keine Rolle, ob ich dem Staat mein Geld direkt (via eigene Steuererklärung und persönliche Steuerrechnung) oder indirekt (über die höheren Preise beim Detailhändler oder via höhere Rechnung des Handwerkers, wie bei der Mehrwertsteuer) berappe.

Am Ende bleibt es dabei: einen Teil des Geldes, das ich mir (für mich) verdient habe, muss ich dem Fiskus abliefern.

Da lässt der Text eines Inserates aufhorchen, das mit dem Konterfei eines bekannten Solothurner Nationalrates für das Filmgesetz wirbt, über das wir am 15. Mai 2022 abstimmen. Da steht nichts weniger als: «Mit dem Filmgesetz wird das Filmschaffen ohne zusätzliches Steuergeld gefördert.» Das wäre also so eine Art steuertechnisches Perpetuum mobile, für das der ehemalige Solothurner Stadtpräsident hier wirbt. Doch wie in der Physik ist auch bei den Steuern das Perpetuum mobile eine Fiktion, die nie Realität wird.

Die Gelder, die neu der Schweizer Filmbranche zufliessen sollen (warum eigentlich nicht einfach in die Bundeskasse?), bezahlen internationale Firmen, die Streaming-Dienste anbieten. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass die Firmen diese Abgaben auf sich sitzen lassen. Ebenso sicher wie mir der Handwerker auf seiner Arbeitsleistung die Mehrwertsteuer verrechnet, die er dem Staat abliefern muss, werden die Streaming-Dienste auch diese neuen Kosten künftig ihren Schweizer Kunden munter weiter verrechnen.

Diese Mehrkosten für die Konsumenten werden dann zwar nicht explizit als Steuern bezeichnet; sie sind es aber trotzdem und unzweifelhaft.

Das zu negieren ist bloss der etwas hilflose Versuch, die vom ehemaligen Stapi geliebte Schweizer Filmbranche zu bevorteilen. Das ist ordnungspolitisch genauso schlecht, wie wenn die Treibstoffzölle den Schweizer Tankstellen, Mineralölhändlern oder gar den Garagisten zukommen würden.

Das eine, worüber wir im Mai abstimmen, ist deshalb die Einführung einer neuen Steuer. Und das andere – der ordnungspolitische Sündenfall – ist, dass deren Ertrag zum Voraus einer einzigen Branche zukommen wird.

Montag, 4. April 2022

Ausgeben und Verteilen ohne Zukunftsperspektive

Stimmt das Märchen vom nimmersatten Ungeheuer, das trotz der vielen und immer noch mehr Menschen, die es verschlingt, nie genug kriegt, doch? Tatsache ist: Der Staat nimmt laufend mehr Steuern ein und ist dennoch nie satt.

Diejenigen, die vom Staatsgeld leben oder deren Job es ist, dieses grosszügig zu verteilen (was genau genommen aufs Gleiche herauskommt), stimmen reflexartig ein grosses Wehklagen an, wenn bürgerliche Politiker verlangen, dass nun gespart werden müsse. Dies, obwohl Politiker, wenn sie von «sparen» reden, damit immer bloss meinen, dass die Ausgaben etwas weniger stark wachsen als ursprünglich geplant oder budgetiert.

Kürzlich wurden wieder einmal solothurnische Steuerzahlen bekannt. Besser hätte man die Behauptung vom unersättlichen Staat nicht untermauern können: Zwischen den Jahren 2012 und 2020 nahmen die (Staats-)Steuereinnahmen der natürlichen Personen im Kanton Solothurn um rund 23 Prozent zu. Das sind in bar mehr als 136 Millionen Franken. Die Teuerung betrug im gleichen Zeitraum weniger als 1 Prozent. Selbst wenn wir diese abziehen, belief sich der steuerliche Nettomehrbetrag also noch immer auf rund 130 Millionen Franken.

Seien wir präzis: die Bevölkerungszahl im Kanton Solothurn wuchs im besagten Zeitraum um 7 Prozent; ergibt – um diese Zunahme grob korrigiert – netto noch einen Steuermehrertrag von rund 16 Prozent. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass mehr Einwohner nicht automatisch auch mehr Kosten für den Staat bedeuten. Zudem sind Gebühreneinnahmen und Extrasteuern wie die Motorfahrzeugsteuer hier noch nicht berücksichtigt.

Demnach müsste also die Kasse des Kantons Solothurn überquellen. Die Steuertarife könnten tatsächlich deutlich gesenkt werden, wenn die Staatskosten nur im Rahmen der Teuerung anstiegen; oder wenigstens bloss 1 Prozent stärker als die Teuerung. Tun sie aber nicht. Was der Staat einnimmt, gibt er auch aus – und meist noch etwas mehr. 

In wirtschaftlich guten Zeiten kompensieren die steigenden Einnahmen in etwa das staatliche  Ausgabenwachstum. Läuft die Wirtschaft nicht absolut rund, wächst der Schuldenberg nach dem Prinzip: Wir konsumieren heute – die Folgegenerationen sollen morgen die Rechnung dafür bezahlen. Dass derartiges staatliches Haushalten keine Zukunft hat, sollte allmählich auch den eisernsten Linken bzw. Geldverteilern einleuchten.

Ja, ich weiss. die Rechnung 2021 schliesst über Erwarten gut ab. Aber nicht etwa, weil die Politiker das Sparen entdeckt haben, sondern weil die Schweizerische Nationalbank ihre Ausschüttung nochmals graduell erhöht hat und weil die Steuerquellen trotz Corona munter sprudeln. Zudem konnten aufgrund immer aufwändigerer und langwierigerer Vergabeverfahren viele budgetierten Investitionen nicht getätigt werden. Auch das also kein Grund für einen Applaus...