Samstag, 12. Februar 2022

Die Denkmalschleifer auf dem Sockel

Denkmäler zu errichten ist aus der Mode gekommen. Nicht ganz zu Unrecht. Es war nie allein die Leistung eines Einzelnen, die den Fortschritt brachte oder ein «Problem der Menschheit» löste. Dass wir jedoch grosse Leistungen ausserhalb des Sports heutzutage kaum mehr als positiv darstellen und durch Anerkennung belohnen, ist eine Entwicklung, die es wert ist reflektiert zu werden.

Es waren immer ausserordentliche Menschen mit ausserordentlichen Talenten und einem starken Willen, welche mit ihren Ideen und ihrem Wirken die Entwicklung der Menschheit positiv beeinflussten. Die Geschichte der Wissenschaften ist voll solcher Persönlichkeiten, die ihr Leben in den Dienst an Allen gestellt haben. Auch im Bereich der Technik, in der Kultur und in der Politik etc. gab es Männer und Frauen, deren Wirken nachhaltig erfolgreiche, für die nachfolgenden Generationen gewinnbringende Spuren hinterlassen hat.

Für einige dieser herausragenden Köpfe haben die Zeitgenossen nach deren Ableben ein Denkmal aufgestellt. Ob dies aus heutiger Sicht gerechtfertigt war, steht dabei nicht zur Debatte. Wir sind nicht dazu auf der Welt, um die Taten unserer Väter und Vorväter zu be- und allenfalls gar zu verurteilen. Das wäre ein arg krudes Geschichtsverständnis. Wir sollen diese Taten aus der damaligen Zeit, dem damaligen Umfeld heraus versuchen zu verstehen und sollen aus der Geschichte, sprich aus den Leistungen wie aus den Fehlern unserer Vorfahren, die richtigen Schlüsse für uns ziehen. Kurz: wir sollten aus der Geschichte lernen.

Wenn nun mehrere hundert Jahre alte Denkmäler geschleift, Bücher zensuriert, Inschriften von Gebäuden abgekratzt oder überklebt und ganze Kunstwerke entfernt und vernichtet oder irgendwo im hintersten Keller gelagert, bzw. «versteckt», bzw. für immer entsorgt werden; wenn wir, mit anderen Worten, zu Gericht sitzen über die Worte und Taten unserer Vorfahren, dann beweisen wir damit, dass wir eben gerade nichts aus der Geschichte gelernt haben. Dass wir bloss uns selber, unsere Ideen und Sichtweisen als die einzig wahren und richtigen akzeptieren und über alles Andere und alle Anderen stellen. Dass wir uns selber zuoberst auf das Denkmalpodest stellen und dabei für uns die Unfehlbarkeit reklamieren.

Eine seltsame Zeit mit seltsamen Sitten ist das heute. Diesen Sitten – das mindestens scheint heute klar – wird kaum je ein Denkmal gesetzt werden. Und das wäre dann irgendwie tröstlich.

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