Montag, 28. Februar 2022

Vom "Gelben Riesen" zur Schneckenpost im Zwerg-Format?

Eine Expertenkommission des Bundesrates verlangt, dass die Post ab 2030 keine Zeitungen mehr zustellt und die Briefe auch nur noch zwei bis dreimal pro Woche. Ob die Post dann definitiv das Briefmonopol verlieren soll, das bleibt jedoch noch offen.

Da reibt sich der Staatsbürger die Augen: ein Staatsbetrieb, der neustens u.a. Softwarefirmen aufkauft und Büromaterial verkauft, soll also «Service public» bei seiner eigentlichen Aufgabe und Existenzgrundlage künftig so interpretieren, dass Briefe im Drittwelt-Tempo und bloss so «bei Gelegenheit mal» zugestellt werden. Denn die sogenannte A-Post wird gleich ganz abgeschafft. Ist ja auch verständlich: die Schweiz ist riesig und diese Wahnsinns-Distanzen schafft die Post künftig wirklich nicht mehr in dieser kurzen Zeit. Die Pflicht der Post(finance) übrigens, für alle Bewohner dieses Landes, die das wünschen, ein Konto zu eröffnen und den Zahlungsverkehr zu übernehmen, soll auch gleich kompostiert werden.

Der geneigte Staatsbürger fragt sich nur, weshalb denn überhaupt der Staat den «Gelben Riesen» nicht gleich ganz abschafft? Wenn er bloss noch im Bereich der Pakete nützlich ist, wie die Experten meinen; ausgerechnet dort, wo es jede Menge privater Alternativen zur Post gibt; wenn dagegen alle anderen Dienstleistungen, weil sie weniger einbringen als die Post damit an Aufwand verbucht, gestrichen werden sollen, bleibt ja sowieso bloss noch ein «Gelber Mini-Zwerg» übrig.

Wenn aber ein Staatsunternehmen, das keinen Gewinn (mehr) abwirft, schlicht abgeschafft wird, bleibt tatsächlich der Service public auf der Strecke – denn genau den brauchen wir nicht dort, wo die Privatwirtschaft günstige(re) Alternativen anbietet, sondern dort, wo die Dienstleistung zwar staatspolitisch und volkswirtschaftlich wichtig ist, wo sie aber kaum gewinnbringend erbracht werden kann. Was soll ich als Bürger mit meinem Brief machen, wenn die Post ihren Schalter definitiv geschlossen, die Postfächer weggeschmissen, die Briefkästen abmontiert und die Zustellung mehr oder weniger eingestellt hat? Soll ich mich künftig etwa ins Auto setzen, die Zeitung persönlich in der Druckerei abholen und die Briefe selber zustellen?

Ob die Experten sich auch die Frage gestellt haben, ob denn die heutigen Postdienstleistungen künftig auch günstiger (und damit durchaus rentabel) erbracht werden könnten? Zum Beispiel dank Digitalisierung und besserer Organisationsstruktur; dank weniger Chefposten z.B.? Oder waren da die Experten unter der Leitung einer seit Langem zurückgetretenen Nationalrätin zu rückwärtsgewandt?

 

Samstag, 26. Februar 2022

Verheerend für Europa und für das russische Volk

Es war nicht die Absicht dieses Bloggers, sich jemals zur Aussenpolitik zu äussern. Die aktuellen Ereignisse verlangen jedoch danach:

Putins Offensive und Einmarsch in einem souveränen Staat entbehrt jeder Rechtfertigung, ist ein barbarischer Akt, der sich gegen Freiheit und Frieden in Europa richtet - und letztlich ebenso gegen das russische Volk. Möge dieses russische Volk sich bald von seinem Diktator, der wie andere vor ihm jeglichen Bezug zur Realität wie zur Humanität verloren hat, befreien können!

Was können wir Schweizerinnen und Schweizer tun? Demonstrieren wird sicherlich weniger bewirken, als wenn wir konsequent russische und chinesische (wegen deren russischer Unterstützung) Produkte meiden bzw. auf diese verzichten, selbst dann, wenn uns das etwas kostet.

Donnerstag, 24. Februar 2022

Wollen wir bloss die Worte nachreden, die uns ungefragt in den Mund gelegt werden?

Kennen Sie das auch? Bekannte erklären, sie hätten gegen ihren Willen frühzeitig in Rente gehen müssen, weil sie sonst «viel Geld verloren» hätten. Denn ihre Pensionskasse senke auf dem überobligatorisch Ersparten den Umwandlungssatz. Diese Aussage wird gewöhnlich von Missbehagen bis gröbster Ablehnung begleitet. Die verbale Palette reicht dabei von «ungerecht» bis «unerhört». Nicht selten handelt es sich bei den Klagenden um Personen, die bei staatlichen Institutionen/Stellen tätig waren.

Der Schreibende fragt sich bei solchen Diskussionen, denn diese folgen obiger Aussage auf dem Fuss, ob die betreffenden Pensionskassen und Arbeitgeber derart schlecht – unverständlich und unattraktiv – mit ihren Versicherten kommunizierten; ob die Versicherten wirklich über die Funktionsweise des Systems der 2. Säule derart miserabel Bescheid wüssten; oder ob die Versicherten tatsächlich so egoistisch sind, dass sie sich darüber aufregen, dass sie nicht noch mehr vom Kuchen der nachfolgenden Generationen schlemmen dürfen. Warum wollen die Betroffenen sich nicht selber besser informieren, wollen sie nicht Wissen an die Stelle von Ver- und Vorurteilen setzen?

Auch Abstimmungen über Steuern oder Wirtschaftsfragen werfen seit ein paar Jahren stets Schlagworte in die Luft, die den Schreibenden ratlos zurücklassen: da wird – negativ konnotiert – von «Grosskonzernen» gesprochen, wo eigentlich bloss Unternehmen gemeint sind; da wird den 600'000 Schweizer Unternehmen gesamthaft Abzockerei, Gewinntreiberei, unermessliche Geldgier, asoziales oder wahlweise auch umweltschädliches Verhalten vorgeworfen; da wird die Wirtschaft pauschal als Steuerverweigerin, -hinterzieherin und -betrügerin bezeichnet. Da wird die Wirtschaft – und das ist quasi der Höhepunkt – als die grosse Gegnerin und Feindin des Staates und aller Bürger dargestellt.

Was denken sich Parteileute und NGO-Funktionäre, die solche Dinge behaupten? Liegen sie nachts nicht in einem Bett, das es ohne Möbelschreinereien nicht gäbe und das in einer Wohnung steht, die ein Bauunternehmen erstmal erstellen musste? Sorgen für ihre Wärme nicht Heizungsunternehmen, für das fliessende Wasser Sanitärbetriebe? Auch ÖV-Bus oder Privatwagen sind nicht einfach so vom Himmel gefallen. Alles was wir anfassen, was wir auch immer tun: die Wirtschaft ist überall. Weil wir alle die Wirtschaft sind, weil wir alle Teil, weil wir alle Akteure der Wirtschaft sind.

Die Wirtschaft zu beschimpfen heisst also, uns alle zu beschimpfen. Warum tun wir es dann? Etwa weil Parteiideologen das Ziel verfolgen, die Wirtschaft zu verstaatlichen? So ähnlich wie das die Kommunisten versuchten und damit grandios scheiterten? Weil wir die Worte glauben (oder nachplappern), die uns von «Teil- und Selbstinteressenvertretern» in den Mund gelegt werden? Weil wir aus persönlichem Desinteresse oder Bequemlichkeit gar nicht, bloss lückenhaft oder einfach zu wenig informiert sind?

Wie auch immer die Antwort lauten mag: Die Demokratie verlangt nach informierten und selbständig denkenden Bürgerinnen und Bürgern – oder würde das zumindest verlangen.

Sonntag, 20. Februar 2022

Höchste Zeit, die Hände aus den Taschen zu nehmen

Erstaunen und Enttäuschung, Worte des Wehklagens und der halbherzigen Beruhigung: Nachdem mit SwissPrimeSite eines der letzten börsenkotierten Unternehmen den Kanton Solothurn verlassen wird, reibt man sich rundherum die Augen. Aber der Wegzug der grössten Immobilienfirma der Schweiz ist alles andere als ein Zufall.

Zwar hat der Kanton Solothurn die Unternehmenssteuern leicht gesenkt allerdings sehr halbherzig. Gleichzeitig hat er für Vermögende die Steuern erhöht und will dies bald auch für Gutverdienende und Hauseigentümer tun – diesmal erst noch in sehr hohem Mass. Im Gegenzug wollen Regierung und Parlament für Kleinverdiener die Steuern senken. Ausserdem versuchen sich etliche Gemeindevertreter damit zu profilieren, dass sie den Unternehmen und Gewerblern mit höheren Gemeindesteuern drohen.

Das heisst, dass die ausländischen Lageristen (pardon: «Logistik-Mitarbeiter») im Gäu steuerlich entlastet werden, während gleichzeitig den Netto-Steuerzahlerinnen (diejenigen, die dem Staat mehr abliefern, als sie ihn kosten) und jenen, die hier qualifizierte Arbeitsplätze schaffen, noch mehr Geld abgezwackt wird. Solche Politik muss sich nicht wundern, wenn immer mehr gute Steuerzahler – natürliche wie juristische Personen – dem Kanton den Rücken kehren

Es ist jedoch auch ein zwar typisches, aber leider äusserst bedauerliches Zeichen von schlechtem Aufgabenverständnis, wenn der Oltner SP-Stadtpräsident während Monaten kein gutes Wort für die lokalen Unternehmen und Gewerbler übrig hat und sich erst dann zu einem der wichtigsten Steuerzahler der Stadt und des Kantons bemüht, wenn er hört, dass ihm namhafte Steuerbeträge die Aare hinunterschwimmen. Ein schlechtes politisches Klima für Unternehmen – für kleine wie für grosse – ist der Anfang von deren Rück- bzw. Abzug. Unternehmen, und das sei Politikern gerade im Kanton Solothurn dick und fett ins Stammbuch geschrieben, sind nicht nur dazu da, dem Staat möglichst viel Geld abzuliefern! 

Aber wo war und ist denn die Kantonsregierung? Es ist ein miserables Zeichen, wenn Regierungsräte im Gespräch mit wichtigen Unternehmern und Wirtschaftsinvestoren ausser ein paar warmen Worten bloss viel Bedauern übrig haben: «Leider können wir für Sie/Ihr Unternehmen nichts tun.» Erstens tönt das in anderen Kantonen völlig anders und zweitens kommt das der Bankrotterklärung der Regierung gleich. Denn wenn sie Handlungsbedarf sieht, warum tut sie denn nichts? Warum, gibt sie nicht entsprechende Gesetzesänderungen ins Parlament, welche die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft im Kanton deutlich verbessern? Warum bemüht sie sich nicht darum, der Bevölkerung die Wichtigkeit einer gesunden und starken Wirtschaft mit hoher Wertschöpfung und attraktiven (Fach-)Arbeitsplätzen begreiflich zu machen? Warum baut sie als Chefin der Verwaltung dort nicht die Bürokratie ab?

Aus dem kantonalen Parlament kommen ebenfalls keine substanziellen Ideen oder Forderungen in diese Richtung. Die Mitte (CVP und GLP) gefällt sich darin, vor allem der Landwirtschaft bzw. der Umwelt «entgegenzukommen». Die SVP ebenso, zudem reibt sie sich auf Nebenschauplätzen oder in nationalen Themen auf. Die Grünen interessiert die Umwelt mehr als die Menschen und die SP scheint den Bezug zu ihrer ehemaligen Basis, der Arbeiterklasse (für die in erster Linie ein sicherer Arbeitsplatz zählt), definitiv verloren zu haben; Velowege und die Genderthematik sind ihr wichtiger.

Das sind keine guten Aussichten für die Zukunft unseres Kantons. Höchste Zeit endlich aufzuwachen. Unsere Kinder sollen hier einmal eine gute Zukunft haben. Und diese kann niemals im dannzumaligen  «Armenhaus» liegen. Wenn wir so weiter machen, werden wir dort jedoch schneller landen, als wir denken können. Es gibt viele kreative und erfolgreiche Solothurnerinnen und Solothurner. Leider finden sie heute andernorts ganz offenkundig bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen vor.


Donnerstag, 17. Februar 2022

Schillernde Seifenblase statt Problemlösung

Manchmal weiss der politisch geneigte Bürger wirklich nicht, ob er lachen oder weinen soll: die Ideen, die manche Politiker und Interessenverbände kreieren, gehören mal ins Gruselkabinett, mal sind sie eine Lachnummer. Der neuste Coup, der eigentlich gar keiner ist, weil er bereits seit ein paar Jahren in Politikgefilden verschiedenster parteipolitischer Couleur herumgereicht wird, ist der Griff nach dem Geld der Schweizerischen Nationalbank (SNB), diesmal in Form einer Volksinitiative lanciert vom Gewerkschaftsbund (SGB).

Gut, immerhin redet dann wieder einmal jemand vom SGB, ganz nach dem Motto: «Totgeglaubte leben länger.» Die SNB soll also, wenn es nach dem SGB geht, einen Teil ihrer Gewinne in die AHV-Kasse schütten. Mal abgesehen davon, dass die SNB grossmehrheitlich den Kantonen gehört – und nicht dem Bund – stellt sich die Frage, ob die SNB auch künftig die Teuerung im Griff behalten (wie es ihre eigentliche Aufgabe ist) oder einfach Geld für die AHV drucken soll.

Als bescheidener AHV-Rentner ist es mir lieber, die SNB erfüllt ihre ureigene Aufgabe als sie alimentiert die AHV-Kasse. Denn entweder die SNB-Beiträge sind bescheiden – dann sind sie nur für die Polit-Galerie – oder sie füllen die leere AHV-Kasse tatsächlich mit neu gedrucktem Geld, dann wird die Teuerung derart in die Höhe schnellen, dass mir als Rentner bald Sehen und Hören vergeht – und das Einkaufen auch. Wohin die Verpolitisierung der Nationalbank führt, demonstrieren aktuell Erdogan und «seine» Türkei. Die monatlich zweistelligen Inflationszahlen fressen zuallererst den Armen und dann dem Mittelstand die Existenzgrundlage weg. Die einzigen, die einigermassen ungeschoren davonkommen, sind die paar wenigen Superreichen.

Deshalb ist es mehr als unverständlich, weshalb gerade die Linke solche Forderungen aufstellt. Oder geht es hier etwa nurmehr um linken Populismus; und dies sogar ohne Rücksicht auf mögliche Schäden für die eigenen Reihen?

Die durchschnittliche Ausbildung in der Schweiz dauert immer länger. Schweizerinnen und Schweizer leben immer länger. Weil sie aber wie vor über 70 Jahren spätestens mit 65 in Rente gehen, dauert das dazwischen liegende Arbeitsleben immer weniger lang. In immer weniger Jahren sollen wir mit unseren Steuern eine laufend wachsende öffentliche Verwaltung, eine immer komplexere Infrastruktur und eine immer teurer werdende Altersvorsorge finanzieren – und dabei sollten wir noch etwas Geld übrig haben für die Gründung einer Familie und für ein paar persönlich Bedürfnisse. Irgendwann bringen wir das einfach nicht mehr unter den berühmten einen Hut. Deshalb führt kein Weg daran vorbei, dass unseren Verdienstjahren das eine oder andere hinzugefügt wird, damit unsere eigene und die Rentenkasse wieder ins Lot kommen. Gut wird es uns auch dann noch gehen.

Das ist nun mal die harte Wirklichkeit – weil es im Leben nichts gratis gibt. Und weil das mit der SNB bloss so ein Trick eines vermeintlichen Politmagiers ist. Ein Trick, welcher, dereinst mit der Wirklichkeit konfrontiert, mit einem kleinen «blobb» als hübsch schillernde Seifenblase zerplatzen wird.

P.S. Einen Hinweis für all jene, die nun meinen: «Der kann gut reden bzw. schreiben. Jetzt, wo er pensioniert ist.» Ja, das kann er. Denn dieser Schreiberling hier hat bis 67 gearbeitet.

Samstag, 12. Februar 2022

Die Denkmalschleifer auf dem Sockel

Denkmäler zu errichten ist aus der Mode gekommen. Nicht ganz zu Unrecht. Es war nie allein die Leistung eines Einzelnen, die den Fortschritt brachte oder ein «Problem der Menschheit» löste. Dass wir jedoch grosse Leistungen ausserhalb des Sports heutzutage kaum mehr als positiv darstellen und durch Anerkennung belohnen, ist eine Entwicklung, die es wert ist reflektiert zu werden.

Es waren immer ausserordentliche Menschen mit ausserordentlichen Talenten und einem starken Willen, welche mit ihren Ideen und ihrem Wirken die Entwicklung der Menschheit positiv beeinflussten. Die Geschichte der Wissenschaften ist voll solcher Persönlichkeiten, die ihr Leben in den Dienst an Allen gestellt haben. Auch im Bereich der Technik, in der Kultur und in der Politik etc. gab es Männer und Frauen, deren Wirken nachhaltig erfolgreiche, für die nachfolgenden Generationen gewinnbringende Spuren hinterlassen hat.

Für einige dieser herausragenden Köpfe haben die Zeitgenossen nach deren Ableben ein Denkmal aufgestellt. Ob dies aus heutiger Sicht gerechtfertigt war, steht dabei nicht zur Debatte. Wir sind nicht dazu auf der Welt, um die Taten unserer Väter und Vorväter zu be- und allenfalls gar zu verurteilen. Das wäre ein arg krudes Geschichtsverständnis. Wir sollen diese Taten aus der damaligen Zeit, dem damaligen Umfeld heraus versuchen zu verstehen und sollen aus der Geschichte, sprich aus den Leistungen wie aus den Fehlern unserer Vorfahren, die richtigen Schlüsse für uns ziehen. Kurz: wir sollten aus der Geschichte lernen.

Wenn nun mehrere hundert Jahre alte Denkmäler geschleift, Bücher zensuriert, Inschriften von Gebäuden abgekratzt oder überklebt und ganze Kunstwerke entfernt und vernichtet oder irgendwo im hintersten Keller gelagert, bzw. «versteckt», bzw. für immer entsorgt werden; wenn wir, mit anderen Worten, zu Gericht sitzen über die Worte und Taten unserer Vorfahren, dann beweisen wir damit, dass wir eben gerade nichts aus der Geschichte gelernt haben. Dass wir bloss uns selber, unsere Ideen und Sichtweisen als die einzig wahren und richtigen akzeptieren und über alles Andere und alle Anderen stellen. Dass wir uns selber zuoberst auf das Denkmalpodest stellen und dabei für uns die Unfehlbarkeit reklamieren.

Eine seltsame Zeit mit seltsamen Sitten ist das heute. Diesen Sitten – das mindestens scheint heute klar – wird kaum je ein Denkmal gesetzt werden. Und das wäre dann irgendwie tröstlich.

Dienstag, 8. Februar 2022

Leistung - Jeder an seinem Platz

In den letzten Jahren hat ein Teil der politischen Parteien in unserem Land damit begonnen, gegen die guten Steuerzahlenden und die Unternehmen Stimmung zu machen. Dies mit einer sehr klassenkämpferischen Rhetorik, die in ihrer Absolutheit und ihrer Rechthaberei (inkl. falscher Behauptungen) an Zeiten erinnert, die 150 und mehr Jahre zurück liegen. Da werden Gutverdienende und Unternehmen regelmässig pauschal verunglimpft und ihre Leistungen missachtet.

Dies alles, obwohl es der Schweiz sehr gut geht. Niemand in unserem Land muss hungern. Die Versorgung ist weltweit Spitze und die Lebens- und Wohnqualität ebenso. Haben unsere Vorfahren noch bis in die 50-er Jahre des letzten Jahrhunderts hinein ihre Lebenskraft darauf verwenden müssen, dass sie und ihre Familie nicht hungern mussten, können junge Familien heute auf ihre Selbstverwirklichung fokussieren, auf eine optimale Entwicklung der Kinder und auf ein «Gleichgewicht zwischen Arbeit und Leben», um den gewöhnlich verwendeten englischen Begriff hier einmal zu «übersetzen». 

Mein Grossvater (geboren in den 1890-er Jahren) hatte einen Kleinbauernhof. Neben dem obligaten Acker- und Obstbau (zum Verkauf wie zur Selbstversorgung) zählten dazu drei bis vier Kühe, zwei bis drei Schweine, eine Schar Hühner und viele Kaninchen. Ausserdem hat mein Grossvater ein 100%-Pensum bei Bally geleistet; von morgens 06.50 bis abends um 17.10 h. Ferner amtete er als «Sektionskassier» (so hiess das damals) der Krankenkasse. Das heisst, er war im Ort zuständig für die Betreuung aller bei dieser Kasse Versicherten. Da gab es zu beraten, Krankenscheine auszustellen, Prämien zu kassieren, Rückvergütungen auszubezahlen etc – und am Ende alles mit der Zentralkasse abzurechnen.

Neben diesen Aufgaben und zwei militärischen Aktivdiensten war der Grossvater auch für Dorfvereine im Einsatz. Er führte etwa Regie beim Vereinstheater, leistete dort Vorstandsarbeit und war aktiv-engagiertes Mitglied in verschiedenen Vereinen. Zusammen mit der Grossmutter, die einen grossen Gemüsegarten und einen zusätzlichen «Pflanzplätz» zu besorgen hatte, zog er erfolgreich fünf Kinder gross.

Das Wort «Ferien» kannten meine Grosseltern nur vom Hörensagen. Dennoch hatten sie nie den Eindruck, jemand würde sie ausnützen oder gar ausbeuten. Mit dem heutigen «Arbeits-Lebens-Gleichgewicht» könnten sie nichts anfangen. Sie waren überzeugt, dass die eigene Leistung, die eigene Arbeit das Leben lebenswert macht. Und als sie dann rund 50 Franken AHV monatlich bekamen, haben sie das glücklich und dankend angenommen. Sie wussten, dass es reich(er)e Leute gab und achteten diese. Denn sie wussten auch, dass diese Leute für die Gemeinschaft wichtig sind, weil sie einen Grossteil der Steuerlast und anderer Aufgaben tragen und so diese Last für den «einfachen Mann» tragbar(er) halten. Meine Grosseltern haben mit ihrer Hände Werk ihren Beitrag zum Wohl und der Entwicklung der Schweiz geleistet. Das Portemonnaie konnten sie nicht als grosse Sponsoren öffnen – weil da zu wenig drin war. Aber sie waren dankbar für jene, die das tun konnten und getan haben. Weil sie wussten, dass alle auf ihrem «Posten» ihren Teil beizutragen haben, damit es uns in der Schweiz gut geht.

Es war diese Generation, die mit dieser Haltung und mit ihrer grossen Lebensleistung das Fundament gelegt hat für den heutigen Wohlstand in unserem Land. Und das völlig ohne klassenkämpferische Attitüden, parteiideologische Verurteilungen und ohne den dauernden Ruf nach Vater Staats Geldsäckel. Das sollten wir nicht vergessen. Unseren Vorfahren ebenso wie unseren Kindern zuliebe.

Donnerstag, 3. Februar 2022

Zwei- statt einseitiges Hosenrunterlassen

Kaum etwas ist für den Bürger in diesem Land derart kompliziert wie die Steuern. Steuerpolitik ist Interessenspolitik, Wirtschaftspolitik, Regionalpolitik, Sozialpolitik, Gesundheitspolitik etc. Alles wird in die Steuergesetze verpackt und bildet dort nicht selten ein unübersichtliches Ganzes, das in seiner Komplexität häufig selbst für Behörden und Politikerinnen nicht mehr vollständig durchschaubar ist.

Leider wissen die wenigsten (Stimm-)Bürger über die tatsächlichen Zusammenhänge, gegenseitigen Abhängigkeiten und die vielen verschiedenen Absichten Bescheid. Die meisten machen deshalb um alles «Steuerliche» einen grossen Bogen und sind schon froh, wenn sie mit den entsprechenden Ämtern keine Probleme haben; sprich: wenn man sie so weit in Ruhe lässt. Was die aktive Steuerpolitik betrifft, verlassen sie sich deshalb mangels besseren Wissens auf die Parteiideologen ihres Vertrauens.

Das ist jedoch weder besonders zukunftsweisend für unser Land noch eine gute Voraussetzung für unsere direkte Demokratie. Zudem ist es häufig zum Schaden der Steuerzahlenden selber, wenn diese von der Sache an sich nur eine oberflächliche Kenntnis haben. Beides müsste nicht sein. Die Steuer-Kompetenz der Schweizerinnen und Schweizer liesse sich deutlich erhöhen – wenn die Politik denn das auch so will.

Volkshochschulen, Kurse in den Gemeinden für die Erwachsenen und eine gute Grundlage über unser Steuersystem, vermittelt auf der Sekundarstufe II, wären schon sehr hilfreich und der Sache förderlich. Denn der Glaube gehört in die Kirchen und Klöster; im Falle des staatlichen Zusammenlebens jedoch ist es deutlich nachhaltiger auf Transparenz und Faktenwissen aufzubauen.

Wer weiss denn heute zum Beispiel

 . welche soziale Gruppe, welche Unternehmen in seiner Gemeinde und im Kanton den Grossteil der Steuern bezahlt?

-        . wer weiss Bescheid über die vielen verschiedenen Steuern? Haben Sie z.B. gewusst, dass das Biertrinken zweifach besteuert wird, Wein und Schnaps nur einmal?

-        . wie viele Steuerpflichtige in seiner Wohngemeinde und im Kanton keine Steuern bezahlen, also alle staatlichen Leistungen umsonst erhalten?

-        . dass und weshalb die Direkte Bundessteuer in Wirklichkeit einer Reichtumssteuer gleichkommt?

Die Diskussionen würden sachlicher, weniger dominiert von Parteiideologien, wenn die Teilnehmer weniger auf Mutmassungen und Meinungen hören und mehr auf ihr eigenes Fachwissen zurückgreifen und vertrauen könnten. Und die Steuerpflichtigen könnten ihre Interessen besser vertreten.

Der Bürger muss als Steuerpflichtiger vor dem Staat «die Hosen runterlassen». Es ist Zeit, dass der Staat seinerseits ebenfalls Klarheit schafft. Auch dann und erst recht, wenn ihm das etwas unangenehm sein sollte.