Der Schweizerische Verband der Pflegefachleute ruft die Landsleute dazu auf, doch bitte Abstand zu wahren, Masken zu tragen und sich möglichst allein zu Hause einzuigeln. Dies, um die Pflegenden zu entlasten. So weit so gut.
Dieser Aufruf ist bloss etwas seltsam. Warum, fragt sich der
neugierige Laie, ruft der Verband der Pflegenden nicht dazu auf, sich unbedingt
impfen zu lassen? Sagen doch alle Epidemiologen und Infektiologen, dass die
Impfung das mit Abstand wirksamste Mittel gegen eine schwere Corona-Erkrankung
sei.
Wer sich in den Arztpraxen und unter Pflegefachleuten umhört,
erkennt sofort, dass dort die Impfskepsis sehr stark verbreitet ist. Dabei
spielt nicht einmal eine Rolle, wie lange die Impfung bereits auf dem Markt
ist. Seit langem weiss jede Geschäftsführerin eines Alterspflegeheims, wie
schwierig es ist, die Angestellten jeweils im Herbst für eine Grippeimpfung
motivieren zu können. Denn sicher ist: jede Grippe kann bei hochbetagten
Menschen zum Tod führen.
Deshalb ist dieser Aufruf seltsam: weil der Verband aus Rücksicht auf die vielen eigenen impfskeptischen Mitglieder auf einen Impfaufruf verzichtet. Es sind aber gerade die Verbände und die Fachleute des Gesundheitswesens, deren Aufrufe hier äusserst glaubwürdig wären. Wenn die Fachleute selbst in derart grosser Zahl derart skeptisch sind, wie können dann die vielen Impfskeptikerinnen in unserem Land überzeugt werden?
Tragisch ist, dass ausgerechnet diese verbreitete Skepsis unter
Pflegefachleuten von eben diesen Fachleuten in Form von äusserst grosser
beruflicher Belastung «ausgebadet» werden muss. Es wäre deshalb wirklich nötig,
dass sich fundierte Studien mit der Frage beschäftigen, weshalb gerade in der Schweiz
derart viele Pflegefachleute gegenüber der Schulmedizin so kritisch eingestellt
sind.
Auf die Ergebnisse dürfte man jedenfalls gespannt sein.
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