Samstag, 11. Dezember 2021

Das Leben dauert länger - nicht die Rente wird weniger

Die mediale Berichterstattung hat einen grossen Einfluss auf die Meinungsbildung in der Bevölkerung. Das ist eine alte Tatsache. In einer direkten Demokratie hat daher eine fundierte und sehr sorgfältige journalistische Arbeit eine grosse Bedeutung. Dabei ist auch wichtig, dass sogenannte «Forumszeitungen» wie der Zürcher Tages Anzeiger oder die aargauische Solothurner Zeitung sauber zwischen der Darlegung der Fakten und der persönlichen Meinung der Medienschaffenden unterscheiden. Noch wichtiger ist dies bei der SRG, die als zwangsgebührenfinanzierter öffentlich-rechtlicher Sender weder einer Partei noch einer NGO verpflichtet ist, sondern allein einer sachlich-korrekten, präzisen Berichterstattung.

Eben erst diskutierte der Nationalrat über die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG / 2. Säule). Die Front-Schlagzeile der CH-Media-Blätter lautete: «Mehr sparen für die gleiche Rente». Die SRG titelte: «Weniger Pensionskassen-Rente».

Leider sind beide Schlagzeilen inhaltlich falsch. Sie lassen zudem den Schluss zu, dass die zuständigen Medienschaffenden parteipolitisch dem links-grünen Lager nahestehen, denn sie verwenden deren Wording.

Wenn beim Erreichen des Ordentlichen Rentenalters (ORA) das angesparte Geld in der 2. Säule von Hans Muster heute zum Beispiel CHF 600'000 beträgt, wird dies auch nach der Pensionskassenreform so sein. Es wird kein einziger Rappen fehlen. Das Problem ist jedoch, dass Hans Muster aktuell mehr Lebensjahre vor sich hat, als die 14, die bei der Einführung der 2. Säule 1985 prognostiziert wurden. Das ist einerseits erfreulich für Hans Muster, anderseits müssen nun die CHF 600'000, die er selber und seine Arbeitgeber über alle Erwerbsjahre hinweg angespart haben, ein paar Jährchen länger reichen. Damit fallen die einzelnen Jahres- und Monatsrenten leicht tiefer aus, als wenn Hans Muster spätestens mit 79 Jahren sein Domizil definitiv auf den Friedhof verlegen würde.

Es muss hier also niemand für die gleiche (Gesamt-)Rente mehr sparen. Und es kriegt auch niemand weniger Rente. Denn die Rente bleibt gleich hoch wie bisher – sie verteilt sich bloss auf mehr Lebensjahre. Und wer möchte, dass diese Teile am Ende gleich hoch sind wie bisher, der muss während seines Arbeitslebens mehr auf die Seite schaffen. Oder, und diese Möglichkeit bleibt heute wie morgen für Alle offen: Hans Muster arbeitet noch ein oder zwei Jahre länger (z.B. in Teilzeit) und verzichtet in dieser Zeit auf die Rentenzahlungen. Das wäre eigentlich die einfachste und eleganteste – und am Ende auch die individuellste Lösung.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen