Samstag, 30. Oktober 2021

Verkehrspolitik (fast) ohne Solothurn

Verkehrspolitik ist Wirtschafts- und (regionale) Entwicklungspolitik. Die neusten Signale aus Bern sind hier für den Kanton Solothurn nicht nur erfreulich. Liegt doch ein Schwerpunkt der Bundesplanung – mindestens für den Moment – bei den Logistikunternehmen im Raum Härkingen-Oensingen. Sonst sind von diesen Konzepten her kaum Impulse zu erwarten für unsere Wirtschaft. Der Sechsspur-Ausbau zwischen Luterbach und Härkingen dient in erster Linie dazu, dem Schwerverkehr in seinem Gäuer-Zentrum künftig das Dasein zu erleichtern.

Das ist wenig und es ist keineswegs visionär. Dabei wird nicht einmal klar, inwiefern das Astra (Bundesamt für Strassen) bei seiner landesweiten Mobilitätsplanung das Cargo Sous Terrain (CST) bereits einbezogen hat. Gesamtplanerisch wird der Kanton Solothurn sowieso bundesweit buchstäblich «auseinandergenommen». Jeder Teil des Kantons ist einer anderen Verkehrsregion zugeordnet. Das heisst, dass jede Region verkehrsplanerisch auf ein anderes, je ausserhalb des Kantons liegendes Zentrum ausgerichtet wird.

Damit werden Identität und Zusammenhalt des Kantons mittel- bis längerfristig stark gefährdet. Und an Wirtschaftsimpulsen für Solothurn ist davon auch nicht wirklich viel zu erwarten.

Ein kleinerer oder grösserer Proteststurm des Solothurner Rathauses oder unserer Parteien gegen diese Pläne blieb jedoch bisher aus. Und man fragt sich, ob sich die hiesige Politik mit solchen Perspektiven bereits schicksalsergeben abgefunden hat, ob ihr selber die Ideen fehlen oder ob sie (noch) nicht merkt, was vor sich geht.

 

Mittwoch, 27. Oktober 2021

Worte und Konzepte produzieren keinen Strom

Das Weisse Gold – so nannte man früher in der Schweiz die Wasserkraft – wird zunehmend rar. Grosse Werke gehen nurmehr sehr selten ans Netz. Viele kleine haben in den letzten Jahren ihren Betrieb eingestellt; die Umweltauflagen waren für sie nicht zu stemmen.

Seit Fukushima und der Klimadiskussion ist die «Energiewende» Trumpf. Weg von der Kernenergie und weg von der CO2-lastigen Stromproduktion, hin zu alternativen Energien in Form von Wind und Sonne. Blöd nur, dass in unserem Land der Wind höchstens auf den Berggipfeln einigermassen stark weht und dass dort niemand diese grossen Windräder haben will. Der Naturschutz ganz besonders nicht. Und die Sonne scheint eben dummerweise bei uns besonders im Winter, wenn wir den meisten Strom benötigen, am wenigstens.

Trotzdem waren und sind die beiden zuständigen Bundesrätinnen (früher Leuthard, heute Sommaruga) überzeugt, dass die Energiewende gelingt. Ebenso der «Vorsteher» bzw. CEO der öffentlich-rechtlichen AXPO. Für 11 Milliarden sei diese Energiewende zu haben, verkündete er jüngst medial.

Wie er auf diesen Betrag kommt. Bleibt sein Geheimnis. Wenn wir den Betrag durch die gut achteinhalb Millionen Schweizer Einwohner teilen, ergibt dies pro Person vom Baby bis zum Greis rund 1'300 Franken. Für eine vierköpfige Familie also gut 5'000 Franken. Selbst wenn die Hälfte der Schweizer Haushalte bereits alternativ heizen würde (was bei weitem nicht der Fall ist), würden diese 10'000 Franken in keinster Weise ausreichen, um die verbleibende Öl- oder Gasheizung unserer vierköpfigen Familie zu ersetzen.

Ganz zu schweigen vom veralteten Stromnetz. Allein hier sprechen die Fachleute von nötigen Milliardeninvestitionen. Die Befürworterinnen der Alternativenergien plaudern gerne davon, dass dies neue Arbeitsplätze schaffe. Bisher war das jedoch nicht der Fall. Deutschland zum Beispiel hat mit seinen Rieseninvestitionen in die Solarenergie bestenfalls in China Arbeitsplätze geschaffen (und in Deutschland zeitgleich viele zerstört…). Wenn man einmal davon absieht, dass sie alte Kohlekraftwerke wieder eingeschaltet und dort neualte Arbeitsplätze wiederbelebt haben. 

Vor allem die Ölheizungen müssen zügig ersetzt werden. Aber die Kosten sind hoch und gerade in Rand- und Bergregionen ist oft guter Rat teuer. Auf mehr als 1000 Meter über Meer eine Luftwärmepumpe anstelle der Ölheizung zu installieren, heisst zum Beispiel einfach, dass im Winter fast ausschliesslich mit Strom geheizt wird. Und dafür ist diese Energie definitiv zu wertvoll. Zudem ist es ein Blödsinn, wenn der Strom aus Kohle- und Gaskraftwerken stammt, was bis auf weiteres häufig der Fall ist. Andere Systeme sind heute noch kaum möglich: Pellets oder Holzschnitzel eignen sich lediglich für grössere Überbauungen oder grosse Mehrfamilienhäuser. Erdsonden sind wegen des Trink- bzw. Grundwassers vielerorts verboten. Fernheizungen sind bei der sehr dezentralen Bebauung in den Bergen schlecht geeignet. 

Beim Abfassen dieses Beitrags hat der Verfasser bei Swissgrid nachgeschaut: Am frühen Abend eines lauen und meist sonnigen Herbsttages importierte die Schweiz um 17.30 Uhr Strom aus Frankreich und Deutschland. Deutlich mehr als sie nach Italien exportierte. Während wir hin und her reden, während wir Konzepte und Visionen aufs Papier bringen, läuft uns die Zeit davon.

Die Politik scheint unfähig, das Problem zu lösen.

Ob die Privatwirtschaft diese Grossinvestition stemmen will, bei der ihr die Politik dauernd dreinredet und kreativ allein darin ist, neue Vorschriften zu schaffen, ist mehr als fraglich. Die öffentlich-rechtlichen Kraftwerke jedenfalls scheinen das Gesetz des Handelns irgendwo im Dschungel der Vorschriften verloren zu haben.

Dienstag, 19. Oktober 2021

Nachts fährt (fast) nur der Post-Camion

Haben Sie gewusst, dass die Post-Camions auch nachts fahren dürfen, wenn alle übrigen Lastwagen (zurecht) von den Schweizer Strassen verbannt sind? Sie geniessen neben dem Transport verderblicher Lebensmittel und ein paar anderen Ausnahmen eine Sonderbehandlung durch den Gesetzgeber. Diese Sonderbehandlung stammt aus der Zeit, als die Briefpost noch von eminent grosser Bedeutung war für die Kommunikation und für das Funktionieren der gesamten Volkswirtschaft. Seit jener frühen Zeit ist der Briefversand zu einem Luxusprodukt geworden. Wer das anzweifelt, muss nur mal seine Bank fragen, wieviel denn der Postversand eines Kontoauszugs kostet.

Inzwischen verdient die Post ihr Geld auch nicht mehr mit den Briefen, wie sie immer wieder selbst betont. Obwohl sie genau hier das Monopol hat. Der Paketdienst der Post dagegen entwickelt sich immer mehr zur goldenen Milchkuh. Und genau hier hat die Schweizer Post etwas, was kein privater Anbieter hat. Sie darf die Pakete die ganze Nacht über mit ihren LKWs durchs Land fahren.

Indirekt unterstützt damit die Politik jene Schweizerinnen und Schweizer, die ihre Konsumbedürfnisse zunehmend (internettechnisch) im Ausland befriedigen. Zwar will das Parlament, dass wir wieder vermehrt in der Schweiz einkaufen und hat deshalb kürzlich versucht, dem grenzüberschreitenden Einkauf einen (Mehrwertsteuer-)Riegel vorzuschieben. Gleichzeitig darf jedoch die Post diesen Auslandeinkauf übers Internet weiterhin "pflegen".

Noch so ein Paradoxon der Politik, über das wir besser schmunzeln als uns aufregen. Immerhin dürfen wir dabei auch noch den Kopf schütteln.

   P.S. Nachdem die Post nun rund ein Dutzend Firmen zugekauft hat – vorwiegend aus dem IT-Bereich – frage ich mich, ob diese Firmen bei einer 100%-Beteiligung der Post auch bereits von der nächtlichen Ausnahmeregelung betreffend Transporte profitieren dürfen...

 

Freitag, 15. Oktober 2021

... und im Schuldfall Alle für Einen?

Eine Gelegenheit findet sich immer: eine, um das Thema Kolonialismus aufzuwerfen. Einmal ist es eine Dissertation, ein andermal ein Buch. Inhalt: eine Schweizerin oder ein Schweizer wanderten vor z.B. 200 oder 300 Jahren aus, irgendwohin in die Welt. Er hatte dort Erfolg, wurde Unternehmer, allenfalls auch Politiker. Kehrte später manchmal als reicher Mann, manchmal als armer Mann und manchmal gar nicht mehr in die Schweiz zurück. Soweit die Geschichte. Was folgt, ist meist eine direkte oder indirekte Be- und Verurteilung, eine Schuldzuweisung an die Schweiz im Zusammenhang mit dem Stichwort Kolonialismus.

Die Schweiz als Land wird also hier in Sippenhaft genommen. Was immer einer von uns irgendwann früher getan hat, haftbar gemacht wird dafür das ganze Land, unsere ganze Bevölkerung.

Angesichts der Tatsache, dass grosse Kolonialisten wie die Engländer, die Franzosen oder die Spanier noch heute von der einstigen Vergangenheit profitieren und dass Wiedergutmachung hier kaum je diskutiert wird, erscheint dieser kritische Blick auf die Schweiz zumindest in einem sehr seltsamen, sehr indifferenten Licht.

Wenn die gleichen Journalisten gleichzeitig ganze Fernsehabende füllen mit Schweizerinnen, die heute auswandern, fragt sich der geneigte Zuschauer schon, weshalb es nicht das Gleiche ist, wenn doch zwei das Gleiche tun. Umso mehr als die heutigen Auswanderer häufig sogenannte Drittweltländer wählen oder zumindest sogenannte Schwellenländer, wo sie mit dem starken Franken im Rücken eine neue, meist eine erfolgreiche(ere), sprich geldbringende Existenz aufbauen wollen. Die Auswanderer früherer Jahrhunderte taten dies dagegen meist aus Gründen der akuten Not. Sie wollten Hungersnot und grosser Armut entfliehen.

Es ist das Recht jedes Menschen, sich dort niederzulassen, wo er will. Es ist sein Recht, dort wo er sich niederlässt auch erfolgreich zu sein. Zum Beispiel als Geschäftsmann, als Missionar oder als Wohltäter. Ob er sich am neuen Lebensmittelpunkt moralisch oder rechtlich schuldig macht, ist ebenso seine Sache (bzw. jene der lokalen Justiz), wie wenn er dies in der Schweiz tut. Es kann aber nicht sein, dass die «Daheimgebliebenen» für die Taten der Ausgewanderten geradestehen müssen. Das ist heute nicht so – und das war auch vor 200 Jahren nicht so. Das sei ein paar Journalisten – vor allem bei der SRG – einmal ins Stammbuch geschrieben.

 

Montag, 11. Oktober 2021

Fehlentwicklungen stoppen, bevor sie (zu) teuer werden

Dienstleistungen für die Einwohner dieses Landes, die sonst keiner machen kann oder will. Dienstleistungen, die zum Wohl der Bürger nötig sind, bei denen jedoch das freie Spiel des Marktes nicht möglich ist oder bei denen sozialpolitische Vorgaben derart zentral sind, dass der freie Wettbewerb quasi von selbst ausgeklammert wird: solche Dienstleistungen werden vom Staat oder von staatlichen Organisationen erbracht. Sie werden unter der Bezeichnung «Service public» zusammengefasst. Ihnen ist in den allermeisten Fällen eigen, dass es sich um Monopole handelt, um staatliche Monopole.

Weil mit jedem Monopol eine deutliche Marktübermacht verbunden ist, müssen solche Monopolbetriebe streng beaufsichtig werden und ihre Angebote wie ihre gesamte wirtschaftliche Tätigkeit müssen sich im engen, abgesteckten Rahmen dessen bewegen, was ein Monopol überhaupt legitimiert.

Bund wie Kantone haben in den letzten Jahren die Zügel für die Staatbetriebe gelockert; dies vor allem in der Hoffnung, sie würden in der Folge ihre Produktivität steigern und damit den Bürgern bessere Dienstleistungen zu tieferen Preisen bieten sowie dem Staat mehr Gewinne abliefern.

Die Idee war an sich gut. Die Realität zeigt jedoch, dass der Staat heute die Zügel unbedingt wieder deutlich(er) in die Hände nehmen muss. Es kann in keinster Weise im Interesse der Schweizer Steuerzahler und Stromkonsumenten sein, wenn die BKW zum Beispiel (mehrheitlich im Besitz des Kantons Bern) Architekturbüros in Deutschland kauft und betreibt. Oder wenn sie und andere staatliche Stromproduzentinnen sich im Bereich der Ingenieure und Planer und der Gebäudetechniker stark machen und dort dank enormer Finanzkraft den bisher KMU-dominierten (und absolut und erfolgreich funktionierenden) Markt auf den Kopf stellen bzw. verzerren.

Wenn die Post sich Softwarefirmen aneignet und gleichzeitig die eigene Grunddienstleistung immer mehr vernachlässigt, stellt sich die Frage, was ein staatlicher (Teil-)Monopolbetrieb in der IT-Branche verloren hat. Monopole sind teuer; sie sind weder qualitativ besonders gut noch innovativ. Das ist auch nicht nötig. Denn es gibt ja keine Konkurrenz und damit auch keine Vergleichswerte.

Wenn sich solche Firmen auf das Gelände des freien Marktes wagen, endet das früher oder später immer mit einem teuren Desaster; teuer für die Steuerzahlerinnen. Je länger diese Abenteuer dauern, umso teurer werden sie erfahrungsgemäss. Beispiele gibt es genug. Weil gleichzeitig auch im freien Markt durch diese Eingriffe erhebliche «Störungen» erfolgen, wird die ganze Übung für die Volkswirtschaft zur grossen Belastung. Deshalb ist die Politik gefordert, hier rasch und konsequent ein- und durchzugreifen. Bei ihr ist der Lead; das Management ist dann am Tag X bloss der Sündenbock…

 

Donnerstag, 7. Oktober 2021

Den politischen Primat der Politik, nicht den Moralisten

Vor 70 Jahren, in den 50-er Jahren des letzten Jahrhunderts, beanspruchten die drei Landeskirchen den Lead, wenn es um Fragen der Moral, um die Frage des richtigen oder falschen Handelns, um Fragen auch der Ethik ging. Diese Tatsache blieb unbestritten und wurde auch von der Politik weitgehend anerkannt. Unsere Gesetze zeugen bis heute davon. Die Landeskirchen hielten sich im Gegenzug von der Politik fern, wenn sie nicht direkt betroffen waren (Kirchensteuern etc.).

Diese Kirchen haben – zu einem grossen Teil aus eigenem Verschulden – den Lead in Fragen von Ethik und Moral inzwischen weitestgehend verloren. Interessanterweise traten jedoch an ihre Stelle nicht irgendwelche selbsternannten «Gesundbeter» und «Heilsaposteln», sondern völlig überraschend politische Parteien.

Dies derart unerwartet, dass wir uns im gleichen Moment, in dem die CVP ihr christliches «C» aus dem Parteinamen eliminiert, einer linksgrünen Parteielite und diversen ihr nahestehenden Gruppierungen (meist NGOs) gegenübersehen, die für sich den Anspruch erheben, zu bestimmen, welches Denken und Tun moralisch und ethisch gut ist und welches nicht.

Angeführt von Journalisten (allen voran jenen der SRG), die bei diesen Themen ihre gewohnte Kritik- und Beissfähigkeit verloren, haben die linksgrünen Moralisten so die «Stammtischhoheit» zumindest in den städtischen Gebieten errungen. Wir, die wir dazu erzogen worden sind, die Moralhoheit der Kirche per se zu anerkennen und zu akzeptieren, stehen den neuen Predigern irgendwie hilflos gegenüber. Wir sind es nicht gewohnt, uns auf diesem Terrain zu bewegen, weil diese Fragen bisher von der sachpolitischen Bühne verbannt und als eine Art «Verhaltensbasis» bloss im Hintergrund bzw. in der Kirche präsent waren. Eng verknüpft dabei mit dem sehr persönlichen und deshalb sehr privaten Thema der Religion, das für die allermeisten Schweizerinnen und Schweizer auf öffentlichen Diskussionsforen nichts verloren hat.

Generationenlang haben sich die Liberalen für eine möglichst klare Trennung von Kirche und Staat gewehrt; dies im Geist der Aufklärung. Und zumindest jene Kantone, die in den 1870-er Jahren unter einem harten Kulturkampf litten, der bis in die 60-er und 70-er Jahre des letzten Jahrhunderts nachhallte, wissen, was es heisst, das Primat der Politik nachhaltig vor dem Primat der Moralisten oder Religionen zu verankern. Heute sind es die Islamisten auf der einen und die linksgrünen Gruppierungen und Parteien auf der anderen Seite, welche diese Errungenschaften angreifen. Und wir stehen da und wissen nicht, wie wir uns verteidigen können und sollen. Ein Blick in die Geschichtsbücher reicht jedoch, um zu erkennen, dass kein erfolgreicher Weg an einer solchen, an einer höchst konsequenten Verteidigung vorbeiführt.