Samstag, 11. September 2021

Das Ausnützen unserer energiemarkttechnischen "Unmündigkeit"

Die Teuerung in der Schweiz zieht deutlich an. Noch nicht so stark wie zum Beispiel in Deutschland oder in der EU gesamt – aber das haben wir vor allem dem stärker werdenden Franken zu verdanken, der die Importe verbilligt. Insbesondere für Rentnerinnen und Rentner ist das keine erfreuliche Perspektive. Denn sowohl die AHV wie die BVG-Gelder (2. Säule) hinken der Teuerung stets hinterher, falls sie jene überhaupt ausgleichen können. Besonders prekär ist die Situation bei den Pensionskassen. Denn erstens müssen diese die Löcher stopfen, die durch den zu tiefen Umwandlungssatz (bzw. durch unser aller Älterwerden) entstehen, und zweitens kämpfen sie mit den enorm tiefen Zinsen.

Ja – und was wir als Rentner «auf der hohen Kante» bzw. ein Arbeitsleben lang angespart haben, liegt nun auf der Bank rum, arbeitet nicht für uns und wir müssen froh sein, wenn wir nicht noch Negativzinsen bezahlen müssen. Von einer positiven und ordentlichen Verzinsung der Sparkonti sind wir noch fast Lichtjahre entfernt.

Da haben es staatliche Monopolisten besser – letztlich zu unser aller Lasten. Soeben gaben die staatlichen Stromfirmen AEK (Tochter der bernischen BKW) und die (stadt-)solothurnische RegioEnergie bekannt, dass ihre Strompreise im nächsten Jahr sehr stark ansteigen werden. Zwischen 5 und 10% werden das sein, ein Vielfaches der Teuerung. Beide schieben den Schwarzen Peter sofort weiter auf die Teuerung bei den Stromnetzen. Aber erstens ist das nur die halbe Wahrheit und zweitens besteht auch dort ein (staatliches) Monopol.

Weder werden diese unsere zusätzlichen Gelder für Investitionen in klimaneutrale und damit zukunftsträchtige Innovationen verwendet noch in die Versorgungssicherheit und damit den forcierten Ausbau der Stromproduktion investiert. Schon gar nicht wird damit eine (neue) europäische Vernetzung oder eine Modernisierung des sehr veralteten Schweizer Stromnetzes bezahlt. Das Geld fliesst in die Taschen der Monopolisten und in jene ihrer staatlichen Besitzer und dürfte dort in der Administration und den sowieso schon komfortablen Löhnen «versickern». So alimentieren denn Solothurner Strombezüger u.a. die Berner Staatskasse. Und dafür gibt’s nicht mal ein Dankeschön aus der Bundesstadt...

Die Preise steigen jedoch letztlich, weil der Strommarkt noch immer nicht liberalisiert ist. Weil zu viele Städte und Kantone von ihren Stromunternehmen profitieren (bzw. die Kassen äufnen lassen) und diese sich zusammen mit den Unternehmen seit Jahrzehnten mit all ihrer Macht gegen eine Marktliberalisierung stemmen.

Und wer bezahlt am Ende die Rechnung dafür? Die privaten Stromkonsumenten. Warum tun sie das eigentlich ohne Murren, obwohl das, was hier geschieht, unerhört ist? Warum lassen sie sich von Politikern und Behörden freiwillig eine energiemarkttechnische Unmündigkeit aufzwingen? 

Man muss kein Prophet sein, um vorauszusehen, dass spätestens bei weiteren solchen massiven Preissteigerungen die Reaktion des bis anhin «brav still gesessenen» Stimmbürgers folgen wird. Hoffentlich entweicht dann dieser Druck nicht in eine Richtung, welche dannzumal linksgrüne oder rechte Populisten vorgeben.

P.S. - Sehr speziell ist das Verhalten der AEK. Sie verschickt ihren Kundinnen einen seitenlangen nichtssagenden Brief. Wer wissen will, wie viel (mehr) Geld er künftig für seinen Stromkonsum in die Hand nehmen muss, soll sich gefälligst selber einloggen/anmelden (damit er künftig einfacher mit Werbemails traktiert werden kann) und das selber herausfinden. Kennen die das Wort "digital" bei der AEK/BKW auch für etwas Anderes als für die eigene Werbung? Wieso können Sie nicht zusammen mit der aktuellen Rechnung die präzisen Mehrkosten ausweisen? Wäre doch eigentlich am einfachsten und am transparentesten? Oder wäre ihnen das dann doch zu viel der Transparenz? (siehe oben)

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