Da hatte jemand Zivilcourage: der Solothurner Stadtpräsident machte sich Gedanken darüber, wie die um sich greifende Impfverweigerung oder -faulheit bekämpft werden kann. Die Krankenversicherung sollte die Nicht-Geimpften und deshalb Erkrankten «bestrafen», so seine Idee. Man kann davon viel, wenig oder gar nichts halten. Mann und Frau können darüber auch demokratisch und offen (und hoffentlich sachlich) diskutieren. Dass über den Stadtpräsidenten und Nationalrat, der mit diesem Vorschlag immerhin eine Diskussion lancieren wollte, stattdessen ein an Emotionalität und fehlenden Argumenten kaum mehr zu überbietender Shitstorm hereinbricht, hat mit dem Recht auf freie Meinungsäusserung nichts mehr zu tun.
Freie Meinungsäusserung besteht für alle – nicht nur für diejenigen, die gleicher Meinung sind wie ich. Wer anderer Meinung ist, möge dies mit Argumenten statt mit Emotionen darlegen. Das ist echte und gelebte Demokratie. Was jetzt passiert, bedeutet aber: wer meiner Meinung ist, darf seine Meinung äussern. Wer nicht, muss schweigen, sonst wird er verbal in übelster Weise verunglimpft.
Die Idee des Stadtpräsidenten ist wohl nicht ganz ausgegoren. Das heisst, dass es gute sachliche Gründe gibt, anderer Meinung zu sein. Aber die Äusserung wäre ein guter Beginn für eine sachliche Diskussion gewesen. Dies wurde nun verpasst. Der Stadtpräsident bewies mit seiner Idee Zivilcourage. Leider scheint dieses Niveau an Sachlichkeit für Viele zu hoch zu liegen.
Und noch etwas: Wer jetzt die zunehmende Bevorzugung der Geimpften bei Sportevents oder Kulturveranstaltungen bemängelt, dem sei Folgendes in Erinnerung gerufen: Das Impfzertifikat ist durchaus vergleichbar mit einem Fahrausweis. Nur wer ihn besitzt, darf ein Motorfahrzeug steuern. Eine Fahrprüfung ist zwar für niemanden obligatorisch. Wer jedoch darauf verzichtet, einen Fahrausweis zu erwerben, darf kein Motorfahrzeug führen. Ist das «ungerecht»? Vielleicht. Aber es ist eine Regelung, wie es notwendigerweise viele gibt. Eine Regelung, die nötig ist, um unser Zusammenleben für alle möglichst erträglich und sicher zu gestalten.
Und so ähnlich verhält es sich mit der Impfung gegen
Corona. Wenigstens in Bezug auf jene Personen, bei denen keine medizinischen Gründe
dagegensprechen.
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