Da reibt sich der Politikbeobachter die Augen und schüttelt den Kopf. Der Grund: GfS Bern machte eine Umfrage unter Mieterinnen und Vermietern. Ergebnis: Mit dem heutigen Mietrecht und der Lage auf dem Wohnungsmarkt sind beide Seiten weitgehend zufrieden. Bei den Mietern sind dies 61 Prozent, bei den Vermietern ebenfalls. Bloss die unzufriedenen Vermieter sind etwas unzufriedener als die unzufriedenen Mieter. Wirklich unzufrieden ist jedoch auf beiden Seiten nur jeder zehnte. Dennoch ging der Mieterverband sofort gegen diese Umfrage «auf die Barrikaden».
Der Bundesrat wollte wissen, ob das rund 30-jährige Mietrecht erneut geändert werden sollte. Offensichtlich besteht dazu kein grosser Handlungsbedarf. Pech für die Funktionäre und Lobbyisten der beiden Verbände. Vor allem die Mietverbände begannen jedoch unvermittelt zu zetern. Sie zogen die Umfrage und ihre Ergebnisse in Zweifel. Ausgerechnet. Denn GfS steht der SP äusserst nahe. Und das seit der Gründung. Es gab Zeiten, da gaben sich die SP-Partei- und Fraktionspräsidenten am Berner GfS-Sitz fast täglich die Klinke in die Hand. Für Peter Bodenmann und Ursula Koch war GfS so etwas wie ihr zweites Zuhause. Der Mieterverband seinerseits ist einer der «Hausverbände» der SP-Politikerinnen. Hier dominiert praktisch ausschliesslich die Politfarbe Rot, mit ein paar grünen Einsprengseln. Man kann viel über GfS sagen, aber dass sie nicht mieterfreundlich seien, das geht wohl voll daneben.
Ausserdem lässt sich auch die Kompetenz von GfS kaum in Zweifel ziehen. Für politische Fragen besteht in der Schweiz zurzeit kein vergleichbar kompetentes Umfrageinstitut. Die Frustration bei den Funktionärinnen muss also gross gewesen sein, als sie diese Ergebnisse erfuhren. Damit wurden sie eines nicht unerheblichen Teils ihrer Daseinsberechtigung entraubt. Denn die Realität lautet: Es gibt eigentlich auf der politischen Bühne betreffend Mietrecht nichts zu tun. Es sind ja alle zufrieden.
Dass die Funktionäre – nicht nur jene des Mieter- und Vermieterverbandes – die Lage gerne dramatischer darstellen, als sie ist, um die eigene Daseinsberechtigung zu untermauern, zeigt übrigens die GfS-Umfrage ebenfalls sehr schön: Aus Sicht der Interessenverbände bzw. ihrer Vertreterinnen ist die Lage nämlich sehr unbefriedigend. Oder anders ausgedrückt: es besteht Handlungsbedarf. Sind 61% der Mieterinnen zufrieden, sind bei ihren Verbandsvertretern genau umgekehrt 61% unzufrieden. Bei den Vermietervertretern sind dies gar 67 Prozent.
Die Schlussfolgerung?
Die Verbandsvertreter vertreten (mindestens hier) wohl eher
ihre eigenen Interessen als die ihrer Mitglieder. Normalerweise heisst das,
dass es höchste Zeit ist, etwas zu ändern. In diesem Fall allerdings offensichtlich
nicht beim Mietrecht.
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