Donnerstag, 17. Juni 2021

Die teuren "billigen" Arbeitsstunden der Verwaltung

Der Kanton Bern (und nicht nur er) hat ein Problem mit grösseren Bauprojekten: Die Kompetenz der Baudirektion reicht nicht für Grossprojekte. Die zuständige Parlamentskommission, die diese Fragen untersucht hat, dringt jedoch nicht zum Kern des Problems vor, sondern verlangt mehr Personal, denn sonst müssten immer wieder «sehr teure» externe Mandate vergeben werden.

Ob so viel betriebswirtschaftlichem Unverstand bleibt dem Privatunternehmer die Spucke weg. Da sind also im Jahre 2021 die Berner Parlamentarier und -innen ernsthaft der Meinung, der Staat arbeite effizienter und günstiger als die Privatwirtschaft. Dies offensichtlich deshalb, weil die staatlichen Budgets auf verschiedenste Direktionen und Ämter verteilt sind und sich niemand die Mühe macht, die doch so billige Arbeitsstunde eines Beamten auch wirklich auszurechnen. Konkret heisst das etwa, dass die Baudirektion bloss die effektiven Lohn- und einen Teil der Lohnnebenkosten auf ihr Budget nehmen muss. Die Informatik, die Bauten, das Mobiliar, die Weiterbildung der Mitarbeitenden, die Finanzierung einer teuren Pensionskasse, die Mensa etc.: alles das und noch viel mehr findet meist in anderen Budgetpositionen statt und kann der Baudirektion mehr oder weniger egal sein. Trotzdem sind es Kosten. Und diese verschwinden nicht per Hokuspokus, sondern müssen von den Steuerzahlern auf Heller und Pfennig berappt werden.

Erst vor wenigen Monaten hat ein Lohnvergleich ergeben, dass die Mitarbeitenden der Bundesverwaltung im Durchschnitt so viel verdienen, dass nur der Durchschnittslohn in der Bank- und der Versicherungsbranche noch höher liegt. Viele KMU beklagen denn auch seit vielen Jahren, dass sie bestausgebildete Mitarbeitende an die Verwaltung verlieren, weil sie mit dem dort bezahlten Lohnniveau nicht (mehr) Schritt halten können. Dies betrifft nicht zuletzt auch die Ingenieurbranche.

Doch selbst dann, wenn die Verwaltung bei geringeren Kosten tatsächlich schneller und besser arbeiten würde als die Privatwirtschaft, wäre es ein Fehler, Behörden-Kompetenz und -Quantität aufzubauen für Grossprojekte. Was geschieht nach Abschluss dieser Projekte mit den Beamtenteams? Sie werden beibehalten, irgendwelche Arbeit lässt sich immer finden, um sie beim nächsten Grossprojekt wieder aufzustocken…

Was nötig ist, sind allein intelligente Totalunternehmerverträge und diese setzen sehr gute Detailpläne voraus, die nach Möglichkeit nicht mehr abgeändert werden (können). Denn dass (zu) viele Ämter jeweils in diese Bauprojekte dreinreden und selbst während der Bauphase noch eine Vielzahl von Wünschen äussern, ist ein ganz grosser Kostentreiber. Nicht selten artet dieses «Jekami» auch zu einem Marathon aus, der Architekten, Ingenieure und Planer schier verzweifeln lässt. Die Hausaufgaben sind vorher zu erledigen, nicht erst während der Bauphase. Das gilt für jeden Bauherrn – auch und speziell für die öffentliche Hand, auch und speziell bei Grossprojekten.

Hier liegt das wirkliche Problem und nicht bei der Anzahl an Projektleitenden. Und: ein paar Seiten betriebswirtschaftliche Lektüre würde den Berner Grossräten (und nicht nur ihnen) gut anstehen. 

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