Die Weisung überrascht nicht: Die Bundeskanzlei stellt klar, dass das Gendersternchen und seine weiteren Anhängsel in Bundestexten nichts verloren haben. Äusserst erstaunlich ist hingegen die Begründung. In der Weisung «Umgang mit dem Genderstern und ähnlichen Schreibweisen in deutschsprachigen Texten des Bundes» stellen die Autoren fest, diese Schreibweise sei noch sehr experimentell und habe sich noch nicht etabliert.
Bei diesen neuen Schreibweisen handelt es sich jedoch nicht um
eine «normale» sprachliche Entwicklung. So wie beispielsweise die Anglizismen
oder den Begriff «Albtraum», der immer häufiger als «Alptraum» geschrieben wird,
weil hier die historische Distanz zu einer Fehlinterpretation des Begriffs
führt. Solche Mutationen sind in der Sprachentwicklung durchaus häufig
anzutreffen. Sie entsprechen den normalen Veränderungen der gesprochenen und als
Folge davon auch der geschriebenen Sprache.
Die Gender-Geschichte dagegen wurde kurz vor 2010 an deutschen Hochschulen kreiert. Ursprünglich war sie als Mittel gegen Diskriminierungen gedacht. An sich eine sehr akademische (und notabene wenig sprachwissenschaftliche) Vorstellung. Das Gendersternchen wurde aber rasch von Interessenorganisationen übernommen, die sich zum Ziel gesetzt haben, alle Menschen gleich zu machen. Damit wurde das Sternchen mit ideologischem Ballast angefüllt und auf eine Mission geschickt.
Und diese Mission lautet: Wer diese Gender-Geschichte nicht
übernimmt, ist Sexist, evtl. gar Rassist oder mindestens jemand, der andere
Menschen diskriminiert. Deshalb besteht ein enormer Druck von Seiten von gewissen
NGO und Interessenorganisationen, diese Schreibweisen zu übernehmen. Dass genau
damit Diskriminierung geschaffen wird, wird ausgeblendet. Jemand, der diese ideologisierte
Gleichmacherei nicht mitträgt, der aus religiöser oder anderer Überzeugung an
einer sachlichen Sprache festhalten will, die nicht als Nebenprodukt der
Information noch eine ideologische Botschaft mitführt, der soll also als
Diskriminierer oder als Sexist abgestempelt werden. Der soll ausgerechnet von
jenen diskriminiert werden, deren Mission sich angeblich gegen jegliche Diskriminierung
richtet.
Deshalb müsste sich die Bundeskanzlei gegen das Gendersternchen entscheiden, weil die Gesetzestexte ebenso wie die übrige Kommunikation des Bundes (und der öffentlichen Hand generell) keine ideologischen oder religiösen Tendenzen welcher Art auch immer enthalten dürfen. Schon gar keine «Missionen» oder «Botschaften».
Echte Toleranz, echte Liberalität heisst, dass jemand, der mit seiner Sprache zum Ausdruck bringen will, dass er einer bestimmten Partei, Ideologie oder Religion angehört, das frei tun darf. Wer unbedingt ein Gendersternchen u.a. verwenden will, der soll das tun dürfen. Das wird auch kein demokratischer Staat verbieten. Wer das hingegen nicht tun will, soll auch dies in gleicher Freiheit dürfen. Niemand hat das Recht, Anderen das Denken und Reden vorzuschreiben. Niemand hat das Recht, Menschen zu schubladisieren. Schubladen schaffen Kasten. Kasten sind menschenunwürdig, unchristlich und letztlich in ihrer Tendenz diktatorisch.
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