Der Bundesrat hat bisher in der Schweiz ein liberaleres Arbeitszeitgesetz verunmöglicht. Betreffend gesetzlicher Arbeitszeitregelung befinden wir uns noch tief im 20. Jahrhundert und Jahrzehnte vor der Digitalisierung. Nicht einmal die ganze Home-Office-Geschichte scheint die Landesregierung in ihrer (wenigstens auf dem Papier bürgerlichen) Mehrheit umgestimmt zu haben.
Worum geht es?
Wer als junger Papa heute nach der Arbeit die Kinder von der Krippe/Kita abholt, mit der Familie das Abendessen geniesst, seinen Kindern Zeit widmet und um 22 Uhr nochmals den Laptop hervornimmt, um jene Arbeit zu erledigen, die wegen des frühen Feierabends (Krippen schliessen früh…) liegenblieb, handelt illegal. Das Arbeitsrecht erlaubt solche Arbeitszeiten nur bestimmten Branchen, andern bloss im bewilligten Ausnahmefall.
Das zu ändern und die volle Jahresarbeitszeit zu bewilligen,
wäre mehr als höchste Zeit. Aber Bundesrat wie Parlament haben dies bisher verunmöglicht.
Als Beispiel wird dann jeweils der Industriearbeiter angeführt, dem man doch zu
dieser nachtschlafenden Zeit keinen Arbeitseinsatz im Umfeld eines wenn möglich
noch gesundheitlich belastenden Fabrikjobs zumuten kann. Dass genau dieser Büezer
heute die grosse – und immer grösser werdende – Ausnahme darstellt, scheint in
Bundesbern noch nicht angekommen zu sein. Für diese «Ausnahme» besteht heute eine
gute gesetzliche Regelung. Für die immer grösser werdende Mehrheit der digitalisierten
Dienstleister jedoch wird diese Vor-Computer-Zeitalter-Gesetzgebung immer mehr zu
einem ärgerlichen Hindernis. Ein bürokratisches Hindernis übrigens, das mit der
(zusehends auch gelebten) Realität nicht mehr viel zu tun hat.
Man möchte deshalb rufen: Liebes Bundesbern, auch wenn unter der Bundeskuppel die Digitalisierung mancherorts noch ein Stiefmütterchendasein fristet (wie die Pandemie eben überdeutlich gezeigt hat), empfiehlt es sich, ab und zu das Fenster zu öffnen und die frische Luft der täglichen Realität einzuatmen. Aber halt: Der Bundesrat weiss ganz genau, wie der Hase läuft. Was nämlich für Sie und mich verboten ist, das will er nun allen Bundesbeamten mit mehr als 110'000 Franken Jahreslohn erlauben. Und das sind beinahe 50 Prozent alles Bundesangestellten.
Irgendwie kommt man sich da als steuerzahlender Familien-Unternehmer, Gewerbler oder als KMU-ler einfach nur blöd vor.