Mittwoch, 5. Mai 2021

Gutes Wohnen oder lieber staatliches Wohnen?

Eine anständige Wohnung ist jedem Menschen zu gönnen. Was unter einer «anständigen Wohnung» zu verstehen ist, darüber scheiden sich jedoch die Geister. Die Immobilienspezialisten predigen seit Jahren, dass die Lage, und nochmals die Lage, das absolute Hauptkriterium bei Liegenschaften darstellt. Allerdings meinten sie damit seit Jahrzehnten stets das Gleiche: Je zentraler die Wohnung und je grösser, «zentraler» auch die Stadt, in der das Haus steht, umso gesuchter der Wohnraum.

Das stimmte so seit dem Ende der 80-er Jahre des letzten Jahrhunderts. Jobs, Kultur- und Freizeitangebote zogen die Menschen in die Stadt. Und weil alle an denselben Ort wollten, wurde es dort zusehends enger und zusehends teurer. Die grösseren Schweizer Städte wie Zürich, Genf, Basel und Bern begannen sich in die umliegenden Gemeinden und Regionen auszudehnen. Die neuen S-Bahnen liessen die Bewohner in kürzester Zeit ins Zentrum gelangen und halfen mit, trotz Agglo-Wohnen das Feeling des Zentrums zu vermitteln.

Und dann kam Corona und der erste Lockdown. Dann der zweite und monatelang und noch immer galt und gilt: zu Hause wird nicht nur gewohnt bzw. Feierabend gefeiert, sondern auch gearbeitet. Die Wohnsituation wurde mit einer völlig neuen und ebenso unerwarteten Herausforderung konfrontiert, dem Homeoffice. Waren sich alle Immobilienfachleute gerade eben noch absolut einig, dass rein gar nichts den Trend zum Zentrum hin zu stoppen vermöchte; waren sie sich einig, dass Ferienwohnungen in den Bergen eine überholte «Geschichte» seien: plötzlich ist alles anders.

Ferienwohnungen werden wieder nachgefragt. Der Standort ist dabei nicht mal so wichtig; die ruhige Lage ist jedenfalls wichtiger als die Zentrumslage. Dasselbe gilt auch für das Wohnen. Im Homeoffice kann ich auch in Saanen oder Saas Fee sein. Der Arbeitsweg wird zweitrangig. Wohnen im Grünen, auf dem Dorf, auf dem Lande hat damit einen neuen Wert erhalten. Und glücklicherweise gibt es dort vielerorts auch noch guten und relativ preisgünstigen Wohnraum.

Trotzdem gibt es Politikerinnen, die nach mehr Staat beim Wohnen rufen. Nicht zuletzt in den links regierten Zentrumsstädten. Berlin wird etwa als Vorbild hingestellt (obwohl die Staatseingriffe in den freien Berliner Wohnungsmarkt diesen völlig zum Erliegen brachten) und in der Schweiz immer wieder Genf. Bloss finden sich nirgends so wenige freie Wohnungen wie in Genf – trotz (oder eben wegen) der staatlichen Eingriffe.

Der private Wohnungsbau ebenso wie der institutionelle sind sehr agil. Die Pensionskassen zählen zu den grössten Wohnungsbauern und -besitzern in unserem Land. Und ihre Immobilienportefeuilles wachsen weiter sehr stark. Sie suchen aktiv nach Investitionsmöglichkeiten und können – weil sie sehr liquid sind – rasch reagieren. Meist stehen ihnen bloss lokale oder kantonale Auflagen und langdauernde Bewilligungsverfahren im Weg. Zusammen mit den privaten Investoren sind sie jeder staatlichen Regelung haushoch überlegen. Sie bieten Professionalität, Wohnqualität und die Gewähr, dass die Wohnungen dort (ent-)stehen, wo sie auch nachgefragt werden. Bei den langen Entscheidungswegen des Staates wäre dies wohl bloss zufälligerweise gewährleistet.

Zudem: der Trend ins Grüne wird die Wohnungspreise in den Zentrumsstädten senken – falls die dortigen Politiker den freien Markt spielen lassen.

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