Samstag, 15. Mai 2021

Die Nicht-ganz-Hundert-Initiative

Die Jungsozialisten – eigentlich müssten sie aufgrund ihrer politischen Forderungen «die Jungen Kommunisten» heissen – haben eine Volksinitiative eingereicht, über die bald abgestimmt wird. Die sogenannte «99-Prozent-Initiative». Sie möchte suggerieren, dass 99 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer nicht von dieser Initiative betroffen wären, falls sie angenommen wird.

Das ist jedoch – wie häufig bei Jungpolitikern, die sich in ihren ideologischen Irrgärten verlaufen haben – keineswegs zutreffend. Nichtsdestotrotz.

Die Initiative verlangt, dass Kapitaleinkommen 1.5 mal so hoch besteuert werden wie Arbeitseinkommen. Das heisst also, dass mein Bankkonto auch dann unattraktiv bleiben würde, wenn es eines Tages wieder Zins abwerfen sollte. Denn dieser Zins würde ja extra hoch besteuert. Sparen würden damit definitiv nur noch die «Dummen». Die anderen würden das Geld sofort ausgeben und wenn dann plötzlich der Arbeitsplatz verloren geht oder die Zahnarztrechnung etwas höher ausfällt als geplant, dann gibt es ja noch immer die staatliche Fürsorge.

Das Hauptproblem bei einer Annahme der Initiative wäre trotzdem nicht das private Sparen. Das Hauptproblem wäre, dass sich unter diesen Umständen kaum jemand bereit erklären würde, sein Erspartes in eine Unternehmensgründung zu stecken oder einem Unternehmen zur Verfügung zu stellen.

Schon heute muss ich in der Schweiz als KMU-Besitzer oder Familienunternehmer für das gleiche Geld so häufig Steuern bezahlen, wie in kaum einem anderen Land weltweit. Das hängt u.a. damit zusammen, dass die Schweiz als eines der wenigen Länder die Vermögenssteuer kennt. Wenn ich also mein Erspartes zum Beispiel in eine eigene GmbH investiere und damit Arbeitsplätze schaffe, muss ich zuerst einmal bei der Unternehmensgründung diverse Gebühren und eine Emissionsabgabe entrichten. Dann muss das Unternehmen jährlich auf dem Umsatz 7.7% Mehrwertsteuern entrichten, Tendenz steigend. Dazu eine jährliche Substanzsteuer. Beide Steuern fallen auch an, wenn das Unternehmen keinen Gewinn macht. Als Besitzer muss ich den von den Steuerbehörden festgelegten Unternehmenswert jährlich als Vermögen versteuern. Auch das ungeachtet der Tatsache, ob das Unternehmen überhaupt Gewinn macht.

Macht das Unternehmen Gewinn, muss es auf diesem Gewinn je nach Kanton ca. 15-25 Prozent Steuern bezahlen. Weil der Gewinn den steuerlichen Unternehmenswert steigert, erhöht dieser auch meine jährliche Vermögenssteuer.

Möchte ich für meine Investition einen Zins haben, das heisst, soll das Unternehmen einen Teil des Gewinns in Form einer Dividende an mich entrichten, so muss dies aus dem restlichen Gewinn (nach Steuern) erfolgen. Ich selber muss dann diese Dividende zum Eineinhalbfachen der normalen Einkommenssteuer nochmals versteuern. Den spärlichen Rest nach Steuern kann ich dann zum Beispiel für schlechte Zeiten auf ein Bankkonto legen. Und dort greift der Staat dann jährlich mit der Extrabesteuerung des Zinsertrages und mit der Vermögenssteuer weiterhin ohne Hemmung zu.

Welcher Trottel soll da sein Geld noch in ein Unternehmen in der Schweiz stecken? Wer soll mit seinem Geld in der Schweiz noch Arbeitsplätze schaffen bzw. finanzieren? Da gibt es weltweit diverse attraktivere Möglichkeiten zum Investieren. Und wenn ich das nicht will, wäre es nach einer Annahme dieser Initiative besser, mein Geld einfach «zu verjubeln», als damit in der Schweiz Arbeitsplätze zu schaffen. 

Aber vielleicht ist es ja gerade das, was die Jungkommunisten wollen: Möglichst viele Arbeitslose und damit möglichst viele potentielle Wähler für die Jungparteiler. Eine Französin hat das einmal in die Worte gefasst: «Après moi le déluge.» Und das war eine machtbewusste Adlige und ziemlich genau das Gegenteil von den Jungkommunisten. So jedenfalls hat das Karl Marx 1867 beurteilt: Er nannte den Ausruf der Marquise de Pompadour den «Wahlruf jedes Kapitalisten».

 

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