National- und Ständerat verlangen via Motion vom Bundesrat, die Schweiz müsse bei unverzichtbaren Gütern wieder unabhängiger werden. Nach dem Debakel mit den Masken im vergangenen Frühjahr überrascht diese Motion wohl niemanden in diesem Land. Klein wenig Erstaunen stellt sich bloss darüber ein, dass die Räte für eine derart simple Forderung ein ganzes Jahr benötigen. Denn mit ihrer Motion signalisiert die Bundesversammlung auch gleich, dass sie keine konkrete Lösung für das Problem hat – sonst hätte man direkt Gesetzesänderungen verlangt.
Stellt sich die Frage, wie es denn überhaupt dazu kommen konnte, dass (lebens-)wichtige Güter fast allesamt aus dem Ausland kommen – und dies nicht etwa aus dem europäischen Umfeld, sondern meist aus China. Wie konnte es dazu kommen, dass immer weniger aus staatlicher Sicht «unverzichtbare» Güter in der Schweiz selber gefertigt werden?
Weil genau dieser Staat, der diese Güter meist evaluiert und
dann kauft, seit 1995 einem (selbst geschaffenen) neuen Submissionsgesetz verpflichtet
ist. Seitdem entscheidet in deutlich über 90% aller öffentlichen Ausschreibungen
in der Schweiz der Preis über den Zuschlag. Denn in all diesen Fällen kommt dem
Preis als Kriterium das höchste Gewicht zu. In der Regel liegt dieses Gewicht
bei satten 30 bis 40 Prozent.
Wer nicht in der Schweiz produziert oder (bei Dienstleistungen) arbeitet, hat damit à priori bessere Karten als Schweizer Unternehmen. Die Zeiten, als Schweizer Soldaten ausschliesslich in Bally-Schuhen das Land verteidigten, ist leider längst vorbei. Damals haben in unsicherer Zeit Hunderte von Familien vom sicheren Bally-(EMD-)Einkommen profitiert.
Heute exportieren Bund, Kantone und Gemeinden via Submission jährlich Tausende von Arbeitsplätzen ins Ausland – nicht wenige davon nach Fernost. Irritierend (und kurzsichtig) ist dabei die stereotype Begründung: «Sparsamer Umgang mit den Steuergeldern.» Denn jeder Arbeitsplatz in der Schweiz generiert mehrfach Steuern (z.B. Mehrwertsteuer, Kapitalsteuer, Gewinnsteuer, Einkommenssteuer, Vermögenssteuer, Beiträge an die Sozialversicherungen wie AHV und BVG) und spart Sozialausgaben. Eigentlich müsste das bei einer klugen Submission ebenso substanziell mitberücksichtigt werden wie ökologische Aspekte (z.B. die Länge der Transportwege). Dummerweise wurde das Submissionsrecht eben revidiert – diesbezüglich ohne nennenswerte Änderungen.
Was wird wohl die aktuelle Motion auslösen? Es ist nicht vermessen zu prophezeien, dass hier ausser etwas Bedauern, warmen Worten und ein paar Absichtserklärungen kaum viel passieren wird. Und wenn, neigen Bundesrat (bzw. die Verwaltung) und Parlament zu Eingriffen in die Wirtschaft. Mehr «unter Denkmalschutz gestellte» Staatswirtschaft anstelle des freien Marktes würde auch den leider schlechten Tendenzen in den Nachbarländern entsprechen. Dafür würden dann Steuergelder grosszügig und erfahrungsgemäss ohne ein Wimpernzucken in steigenden Massen ausgegeben.
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