Die Schweizer Medienlandschaft gab auch schon ein farbigeres Bild ab als in diesen 20er Jahren. Es gibt zwar viele Produkte, aber keine Vielfalt (mehr). Zwar gibt es zum Beispiel ein paar digitale und Print-Medienprodukte aus der linken und ein paar aus der rechten politischen Ecke. Blätter oder Medienprodukte jedoch, die zum Beispiel freiheitlich-liberale Grundsätze gegen einen immer mehr überhandnehmenden Staat vertreten, sind weitgehend verschwunden. Digitale Produkte, die diese Linie vertreten, sind mit Ausnahme der NZZ etwa (meist kleine) Raritäten. Die Fahne der Ordnungspolitik oder der Selbstverantwortung zum Beispiel halten nur sehr wenige aufrecht.
In den späten 70-er Jahren wurde im Zuge der 68-er befunden,
qualitativ guter Journalismus habe «partei-neutral» statt zu finden. Die ehemaligen,
oft sehr profilierten Parteiblätter verschwanden allesamt: im Kanton Solothurn etwa «Der Morgen»
(katholisch-konservativ) und «Das Volk» (SP/gewerkschaftlich), in Zürich «Die Tat»
(LdU, Landesring der Unabhängigen) und Hunderte andere. An ihre Stelle traten –
heute meist regionale Print-Monopole verkörpernd – die sogenannten «Forumszeitungen»
und ihre digitalen Partnerprodukte. Diese sind so farblos wie sie bedeutungslos geworden und/oder geblieben sind. Viele von ihnen sind in Wirklichkeit keine echten Forumszeitungen,
sondern huldigen einem links-liberalen und sehr etatistischen Gedankengut. Ob
sich die Redaktionen dessen bewusst sind, sei einmal dahingestellt. Allen gemeinsam ist jedoch, dass unklar bleibt, wes Geistes Kind eigentlich diese Redaktionen sind. Sie legen sich politisch nicht fest. Das heisst, es bleibt unklar aus welcher Perspektive sie das politische und wirtschaftliche Geschehen verfolgen und kommentieren: ausserhalb, innerhalb, über oder neben welchen Parteien oder Ideologien? Was ist und wo liegt ihre Messlatte?
Die Forumszeitungen und ihre digitalen Pendants haben u.a. dazu geführt, dass sich heute weitgehend ein journalistischer Einheitsbrei über die Schweiz ausbreitet, weil auch die SRG dem gleichen Prinzip huldigt – nur häufig noch eine Schippe linker oder linksgrüner. Darin unterscheidet sich unsere Medienlandschaft auch wesentlich von der etwa in Deutschland oder Frankreich. Unter anderem deswegen begleitet die Schweizer Journalisten der dauernde Vorwurf, sie würden einander ununterbrochen abschreiben. Das stimmt so sicherlich nicht. Der Eindruck ist dennoch richtig, weil diese Redaktionen heute derart auswechselbar geworden sind – und die Journalisten auch fast unbesehen von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz wechseln (können). Die Mentalitäten und die «Schreibe» gleichen sich wie ein Ei dem andern. Bloss die Qualität der Arbeit kennt noch ein paar Abweichungen.
Eigentlich sollten wir deshalb dankbar sein für jede Initiative, die ein – egal ob partei- oder nicht parteipolitisch – profiliertes Medienprodukt mit klarem Fokus und dezidierter politischer und gesellschaftlicher Haltung hervorbringt. Jede Redaktion, die klar und transparent nachvollziehbar Stellung bezieht, ist wertvoll. Da jedoch sind die meisten Forums-Journalisten «einäugig»: Es käme ihnen nicht in den Sinn, die linke «WOZ» mit Häme zu übergiessen oder gar ihre Daseinsberechtigung in Frage zu stellen.
Anders jedoch, wenn die Initiative rechts-profilierte Produkte hervorbringt. Ein bekanntes Beispiel ist etwa «Die Weltwoche», früher die Basler Zeitung unter der Leitung von Markus Somm oder nun der von eben diesem Somm neu lancierte «Nebelspalter». Es ist selbstverständlich völlig legitim, diese Produkte und ihre Arbeitsweise zu hinterfragen oder zu kritisieren. Die Häme, mit welcher solche, als «rechtsbürgerlich» titulierte bzw. «beschimpfte» Produkte seit etwa 20 Jahren jeweils von den sogenannten Forumsprodukten übergossen wird, ist jedoch völlig unangebracht. Umso mehr als die Qualität der meisten Forumsprodukte selber – gelinde gesagt – nicht über alle Zweifel erhaben ist.
Der Schweiz sind deshalb mehr mutige Bürgerinnen mit
Zivilcourage zu wünschen, die bereit sind, sich medial aus dem Fenster zu
lehnen und Medienprodukte mit Ecken und Kanten zu schaffen oder zu finanzieren.
Produkte, die nicht profillos im grossen Einheitsbrei des vermeintlichen «Mainstreams»
mit schwimmen (oder untergehen), sondern die kritisch hinterfragen, qualitativ
gut recherchieren und geistreich wie kompetent kommentieren. Die aber auch
deutlich und mutig deklarieren, welche politische Haltung, welche Positionen sie
vertreten; die sich nicht hinter einem dichten Nebel schwadronierender
Pseudoneutralität (weil es Neutralität in der Kommunikation nie gibt)
verstecken und irgendwo im Nichts vermeintlicher Mehrheitsmeinungen
herumlavieren. Unsere direkte Demokratie leidet nicht, wenn ein paar der meist mediokren Forumsprodukte
weniger erscheinen; aber sie leidet, wenn unserer Medienlandschaft Zivilcourage und Profil, beide gepaart
mit der nötigen Kompetenz, fehlen.
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