Sonntag, 28. Februar 2021

Die Anti-Arbeiter-Politik der Gewerkschaften

Wer heute wegen Corona bzw. wegen den Massnahmen des Bundesrates arbeitslos ist, findet das nicht lustig. Wer morgen aus gleichem Grund seine Stelle verliert, wird das auch nicht lustig finden. Arbeitslosigkeit, darauf weisen gerade die Gewerkschaften immer wieder hin, kann die Gesundheit gefährden. Sicherlich ist es nicht gut für das eigene Selbstwertgefühl und bei jungen Menschen auch nicht für die Zukunftsplanung. Träume bleiben da gleich im Dutzend auf der Strecke. Lebensplanungen zerschellen an der sich ausbreitenden Frustration.

Es sind nicht in erster Linie die Hochqualifizierten, die heute stellenlos sind oder die als erste um ihren Job bangen müssen. Es sind Verkäuferinnen (pardon: «Detailhandelsfachleute»), Serviceangestellte, Küchenhilfen, Köche, Brauereiangestellte, Getränkehändler, Bäckerei- und Metzgereiangestellte etc. etc., die ihre Stelle soeben verloren haben. Je nach der Entwicklung der nächsten Monate werden Zehntausende weitere junge Menschen, Familienväter und -mütter, ältere Arbeitnehmer aus den verschiedensten Branchen und viele Lehrlinge auf der Strasse stehen und um ihre berufliche Zukunft oder gar um ihre Existenz bangen.

Der Detailhandel – wegen Corona nochmals massiv stärker unter Druck geraten durch den Onlinehandel, der in erster Linie im Ausland (Billig-)Arbeitskräfte beschäftigt – kämpft in vielen Bereichen ums nackte Überleben. Zahlreiche Läden werden leider in den nächsten Monaten ihre Türen für immer schliessen müssen. Nebenbei bemerkt: die Öde in etlichen kleineren Stadtzentren wird dadurch noch öder werden.

Ein paar bürgerliche Parlamentarier dachten nach und kamen zum Schluss, dass die Politik temporär, in diesem und im nächsten Jahr, für den Detailhandel bessere Bedingungen schaffen und ihm so unter die Arme greifen müsse. Ein Dutzend zusätzliche Sonntagsverkäufe pro Jahr sollten dem Detailhandel wieder auf die Beine helfen und ihm damit auch die Chance geben, sich gegen die vorwiegend ausländische Online-Konkurrenz behaupten zu können.

Die Gewerkschaften hätten darüber eigentlich bloss erfreut sein können: da werden Arbeitsplätze gerettet und vielleicht sogar ein paar neue geschaffen. Nicht so bei den Schweizer Gewerkschaften. Die kennen nicht das Wohl der Arbeitnehmer, sondern bloss ihre eigene ideologische Verblendung. Die erste und einzige Reaktion: «Kommt nicht in Frage!» Sie faseln von Gesundheitsschutz und Arbeitsgesetz und wirken dabei inhaltlich weniger überzeugend als ein Politiker im Wahlkampf. Was nützt mir die Sonntagsruhe, wenn ich die ganze Woche «Ruhezeit» habe – ausgenommen dann, wenn ich zum RAV muss? Mit dieser Anti-Arbeiter-Politik machen sich die Gewerkschaften vollends unglaubwürdig und damit ebenso überflüssig.

Freitag, 26. Februar 2021

Das Weggli, den Batzen und . . .

Dürfen Topmanager von öffentlich-rechtlichen Unternehmen im Verwaltungsrat von Drittfirmen Einsitz nehmen? Sogar dann, wenn diese Drittfirmen zu den Lieferanten der Post, der SBB oder der Swisscom u.a. zählen? Erneut nehmen die Medien diese Thematik auf – und erneut beschwichtigen die Verantwortlichen und plädieren für Wegschauen.

Die Frage der Saläre bei öffentlich-rechtlichen Unternehmen und Monopolbetrieben wird regelmässig aufgeworfen. Erst vor wenigen Monaten war dies im Bundesparlament wieder ein Thema. In der Regel geht es um die Höhe der Saläre. Mehr noch als die Saläre sollten die Zusatz-Jobs und die Zusatzverdienste thematisiert werden. Ist es wünschbar oder überhaupt zulässig, dass Topmanager dieser Firmen, die dem Steuerzahler gehören, ihre Arbeitskraft noch anderweitig einsetzen? Ein Verwaltungsratsmandat zum Beispiel lässt sich heute nicht mehr «so nebenbei», in der Freizeit erledigen. Da verlangt allein das neue Aktienrecht nach mehr Einsatz und Leistung. Wer also «fremde» Zusatzmandate hat, leistet im angestammten Job weniger. Der «Übermensch», der mehrerer Rucksäcke gleichzeitig schultern kann, ist noch nicht geboren. Dieses Faktum zu negieren, grenzt an Schönrednerei.

Man kann auch nicht über die (Begrenzung der) Saläre dieser Topmanager diskutieren und dann zulassen, dass sie ihr Einkommen über diverse Zusatz-Mandate aufpolieren. Sonst bleibt die Salär-Diskussion im Parlament eine Sandkastenübung. Wenn der Steuerzahler schon wenig Verständnis dafür aufbringt, dass ein SBB-Manager ein derart hohes Gehalt bezieht, dann wird das für ihn nicht verdaubarer, wenn die öffentlich aufgelegten Zahlen nicht einmal die ganze Realität widerspiegeln. Es geht nicht an, dass diese Managerinnen das Weggli und den Batzen für sich in Anspruch nehmen. Wer lieber auf Mandatsbasis arbeitet oder in Verwaltungsräten aktiv sein will, der soll das tun: Aber ohne mit einer «Heimbasis» bei einem öffentlich-rechtlichen Unternehmen dieses erhöhte wirtschaftliche Risiko abzufedern.

Alles andere ist stossend und für den Steuerzahler, der redlich seine Batzen verdient, weder nachvollzieh- noch geniessbar.

 

Dienstag, 23. Februar 2021

Profillosigkeit als Programm?

Im Kanton Solothurn wird bald gewählt (am 07.03.20219). Der Wahlkampf war coronabedingt noch um Einiges weniger wahrnehmbar als in den vergangenen Wahljahren. Wäre nicht der übliche «Kopfsalat» an den Strassenrändern, es würde in der Öffentlichkeit fast nichts darauf hindeuten, dass Parlament und Regierung neu gewählt werden. Zwar findet in den elektronischen Medien mehr statt, aber die Frage ist hier stets, welche Beachtung das findet. Besonders bei jenen Wählerinnen und Wählern, die bereits ü50 sind.

Ein paar Dinge fallen auf im aktuellen Wahlkampf:

-        Die SP- und die Grüne Regierungsrätin verstecken auf ihren Wahlplakaten die eigene Parteizugehörigkeit. Da prangt bloss der guten Ordnung halber ein kaum sichtbares Parteiemblem irgendwo am Rande des Plakates. Das kann nicht anders interpretiert werden, als dass die beiden Damen davon ausgehen, dass ihre Parteizugehörigkeit ihre Wahlchancen schmälert. Eine sehr interessante politische Aussage, die hier quasi «wahlplakativ» dokumentiert wird. Diese Distanzierung von der eigenen Partei lässt zudem die möglichen Wähler im Ungewissen darüber, welche politische Richtung am Ende von den beiden Damen im Regierungsrat vertreten wird.

-        Die SP-Regierungsrätin ist in den Printmedien wie an den Strassenrändern ganz offensichtlich präsenter als alle anderen Kandidierenden. Sie verfügt offenbar über ein grösseres Wahlkampfbudget als ihre Kontrahenten – oder sie setzt mehr Mittel ein, weil sie sich der Wiederwahl nicht sicher ist.

-        Die CVP setzt auf den alten Namen. Das Vertrauen in «Die Mitte» scheint (noch) nicht allzu gross zu sein. Offen bleibt damit, ob die Gewählten sich nach dem 7. März als Angehörige einer Partei auf christlichem Fundament verstehen oder als das, was ihre Parteifarbe bereits seit Längerem suggeriert: irgendeine diffuse Mischung zwischen den Roten (SP) und den Gelben (FDP).

-        Der kantonale Gewerbeverband unterstützt zur grossen Überraschung Vieler die grüne Regierungsrätin und empfiehlt sie zur Wiederwahl. Er scheint von ihrer Arbeit überzeugt zu sein. Anders die Gastwirte – immerhin nicht unbedeutende Mitglieder dieses Gewerbeverbandes. Sie müssen konstatieren, dass die grüne Regierungsrätin zwar mit medialem Grossaufwand erklärt hat, sie werde rasch handeln und das Gastgewerbe unterstützen. Dass aber ungeachtet dieser Worte bis heute noch nichts geschehen ist. Dass die Gastwirte auf das versprochene Geld weiterhin warten müssen und dass der Kanton Solothurn dabei zu den säumigsten Kantonen überhaupt zählt. Da fragt sich der Politbeobachter: Weiss eigentlich im kantonalen Gewerbeverband die Rechte, was die Linke macht?

-        Keine einzige der zur Wahl stehenden Parteien kommuniziert wahlplakativ eine klare Vorstellung darüber, wohin die Reise des Kantons Solothurn in den nächsten 4 Jahren gehen soll. So lächeln uns denn von den Plakaten viele Gesichter entgegen, männliche und weibliche, junge und ältere. Angesichts der aktuell gerade wirklich riesigen Herausforderungen wäre jedoch Zivilcourage gefragt; wären die Intelligenz gefragt, Lösungen zu entwickeln und der Mut, diese auch offensiv zu kommunizieren. Natürlich gibt es Parteiprogramme. Aber die aktuelle Krise hat Vieles davon Makulatur werden lassen. Aus Angst davor, zu viel Profil könnte Wählerstimmen kosten, tummelt männiglich sich lieber im grossen See der Allgemeinplätze bzw. der allgemeinen Unbedarftheit.

Nein, die obigen Zeilen sind kein «Solothurn-Bashing». Die Anderen machen es tatsächlich auch nicht besser. Aber müssen wir uns wirklich mit dem Minimum zufrieden geben?

Sonntag, 14. Februar 2021

Ethik mit oder gegen Recht?

Unsere Nationale Ethikkommission (welche Ethik vertritt diese Kommission eigentlich?) hat sich nach mehr als einem Jahr Corona und rund sechs Monaten intensiver Impfdiskussionen auch noch zu Wort gemeldet. Sie wendet sich gegen ein Impfobligatorium für alle Schweizer oder auch nur für bestimmte Berufs- oder andere Gruppen. Das ist soweit weder überraschend noch neu, haben sich doch bisher alle Parteien inklusive Bundesrat gegen ein solches Obligatorium ausgesprochen. Und es steht eigentlich auch gar nicht zur Debatte.

Gut, die Ethikkommission muss ihre Kosten ja auch rechtfertigen.

Gleichzeitig erklärt die Kommission aber auch, dass «Vorteile» für geimpfte Personen nur in kleinerem Umfang gerechtfertigt seien. Hier jedoch bewegt sie sich im Graubereich. Denn eigentlich schreiben unsere Gesetze vor, was in diesem Bereich zulässig ist und was nicht. Im Endeffekt entscheidet das die Judikative – und nicht ein Beratergremium des Bundesrates. Das nennt sich Gewaltenteilung. Und unsere Richter sind allein dem Rechtsstaat, den geltenden Gesetzen und Verordnungen verpflichtet.

Hier nimmt sich ein Gremium schlicht zu wichtig. Offensichtlich, weil seine Mitglieder davon ausgehen, dass die Mehrheit des Bundesrates das mindestens stillschweigend akzeptieren wird. Darauf können sie tatsächlich vertrauen. Denn immer mehr solcher Beratergremien gibt es in Bern und immer häufiger verstehen sie ihre Aufgabe nicht als reine Beratung im Hintergrund, sondern machen selber Politik, indem sie ihre Meinungen lauthals in die Öffentlichkeit tragen. Dabei setzen sie nicht selten Bundesrat wie Parlament unter Druck. Auf diese Weise eignen sie sich eine politische «Macht» an, die ihnen als nicht gewähltem und in der Machtstruktur des Staates in der Verfassung nicht vorgesehenem Gremium in keinster Weise zusteht.

Der Profilierungsdrang einzelner Personen sollte hier eindeutig (wieder) hinter der eigentlichen – eben halt doch nicht ganz so wichtigen – Aufgabe zurücktreten.


Mittwoch, 10. Februar 2021

Der Zukunfts-Raub

Die Schlagzeilen gleichen sich. Die Politikervoten auch: Die Wirtschaft fordert Perspektiven und ab dem 1. März eine rasche Befreiung von den staatlichen Fesseln. Die Politiker gefallen sich dabei weitgehend in der Pose der «Menschenretter». Gesagt oder gedacht: «Die Wirtschaft denkt eben nur ans Geld. Wir an die Menschen und an deren Gesundheit.»

Von der sozialistischen Linken konstruiert und von vielen bürgerlichen Politikerinnen unbesehen (und nicht eben weit gedacht) übernommen wird dabei ganz selbstverständlich die Zweiteilung zwischen den Menschen einerseits und der Wirtschaft andererseits. So, als machten nicht die Menschen die Wirtschaft aus und so, als sei diese nicht so gut oder so schlecht wie es die Menschen eben sind.

Es ist nicht die Wirtschaft, Ihr Herren und Damen von der Politik (und den Medien!), die eine rasche Lockerung fordert. «Die Wirtschaft» kann nämlich gar nicht sprechen. Sie ist bloss eine abstrakte Grösse. Bestehend etwa aus Produzenten und Konsumenten, aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern, aus Anbietern und aus Nachfragern, etc. Wer hier laut – u.a. sind die rund 100'000 Unterschriften der Jungen FDP, gesammelt in wenigen Wochen, mehr als ein deutliches Zeichen – nach einem Ende der staatlichen Zwangsmassnahmen ruft, das sind zum Beispiel die Arbeitnehmer, die ihre Stelle verloren haben. Das sind junge Menschen, die keine Lehrstelle finden. Das sind junge Menschen, die sich fragen, wie sie alle diese Schulden, die hier ihre Väter und Grossväter zu ihren Lasten auftürmen, jemals bezahlen sollen. Das sind Familienväter und Alleinerziehende, die keine (neue) Arbeit finden. Das sind Gewerbler und Selbständigerwerbende, die in den letzten 12 Monaten ihre gesamten Ersparnisse (und meist auch grad noch ihre künftige Altersrente) verloren haben. Das sind unternehmerisch denkende und handelnde Menschen, die in den allermeisten Fällen erstmals und zudem völlig unverschuldet in eine Abhängigkeit geraten sind – vom Staat wie von den Banken. Und die heute nicht wissen, wie sie diese hohen Schulden jemals zurückzahlen können.

Alle diese Menschen und viele andere mehr wollen wieder normal leben können. Auch mit Covid 19. Wollen wieder eine Perspektive haben, wollen ihre Ausbildung vernünftig beenden, wollen eine Lehre und eine Stelle finden. Denn ein Leben ohne Risiko gibt es nicht. Da kann Bundesrat Berset noch lange den Corona-Teufel an die Wand malen und gleichzeitig den Ritter George spielen wollen. 

Was wirklich sicher ist: Die Zukunft gehört den Jungen und diese müssen keine Angst haben vor dem Coronavirus. Aber sie fürchten sich zusehends, weil sie zusehen müssen, wie die Alten sie einer erfolgreichen Zukunft berauben.

Der Bundesrat trägt nicht in erster Linie die Schuld an den Corona-Toten. Aber er trägt, zusammen mit seiner Taskforce, den Kantonsregierungen und den Parlamentsmehrheiten die Schuld daran, dass der heutigen jungen Generation die Zukunft gestohlen wird. Hier wird eine unvergleichliche Riesenschuld aufgehäuft - an einer ganzen Generation.

Dass sich ein Teil dieser Hauptschuldigen sich und diese Taten noch mit Ruhm bekleckern wollen, ist ein Hohn ganz besonderer Art.

Samstag, 6. Februar 2021

Bloss kein Fingerspitzengefühl - oder Parteipolitik über allem?

Die Solothurner Gesundheitsdirektion unter der SP-Regierungsrätin Schaffner hat zur Verstärkung der Kommunikation zu Corona-Zeiten eine externe Agentur mit Sitz in Zürich engagiert. Es dürfte sich um ein Mandat mit Kosten mindestens im mittleren fünfstelligen Bereich, evtl. (je nach Pandemiedauer) gar im sechsstelligen Bereich handeln.

Dabei fallen zwei Dinge zumindest aus dem Rahmen:

1.      Wurde das Mandat ohne klare Ausschreibung vergeben.

2.      Steht die beauftragte Agentur der SP und damit der Partei der Regierungsrätin zumindest sehr nahe

Beide Faktoren sind mehr als unschön und zeugen davon, dass die Linke zwar dauernd die politische Rechte der Klüngelwirtschaft und des Filzes bezichtigt, selber jedoch keine Gelegenheit auslässt, die eigene Klientel mit Staats- bzw. Steuergeldern zu «fördern». Ausgerechnet vor einem wichtigen kantonalen Wahlgang wäre hier zumindest ein kleines bisschen Fingerspitzengefühl am Platz gewesen. Aber offenbar gilt in der Solothurner Gesundheitsdirektion die Devise: Sozialismus über allem. Dabei war weder die Vergabe transparent noch ist es seither die Kommunikation in der Corona-Krise. Hierbei scheint vielmehr das Motto zu gelten: Kommuniziert wird nur, was Regierungsrätin Schaffner nützt.

Sauer aufstossen muss ferner der Vergabeprozess an sich und die (Nicht-)Kommunikation über das Mandat. Auch wenn heute besondere Umstände herrschen: im letzten Sommer war genug Zeit, sich auch kommunikativ auf den Herbst/Winter einzustellen. Ein offen kommunizierter und transparenter Vergabeprozess ist eine staatliche Selbstverständlichkeit – und wird auch vom Gesetz verlangt. Dass man möglichst nicht allzu viel Tageslicht zulässt, entspricht weder einem demokratischen Rechtsstaat mit sauberen Abläufen noch den Notwendigkeiten, die eine Krise fordert. Stichwort: Glaubwürdigkeit.

Einmal mehr zeigen SP-Exponentinnen, wo ihre Schwerpunkte liegen: Wenn es grad nicht um Wahlpropaganda geht, nicht beim Volk. 

Freitag, 5. Februar 2021

Charakter stünde VOR der Ausbildung

Ein ehemaliger Raiffeisenchef vor Gericht. Früher ein hochge- und umjubelter Topfachmann aus bestem Haus und mit bester Bildung, von den Medien heftig umschmeichelt und von zahlreichen Firmen umworben. U.a. auch zugunsten von Tourismusregionen und in religiösen Gremien erfolgreich aktiv. Träger eines Swiss Awards und diverser weitere Auszeichnungen. Mit anderen Worten: ein offenbar selbstloser, unermüdlich tätiger Vorzeige-Schweizer mit sensationellem beruflichem Erfolg.

Seit ein paar Jahren ist davon fast nichts mehr übriggeblieben. Wenn die Medien über ihn – inzwischen in vorwurfsvollen und hämischen statt schwärmerischen Tönen – berichten, geht es um Gerichtsverfahren und um Gesetzesverstösse. Um private Aktivitäten auf Kosten des Unternehmens, die von sehr wenig Charakter und viel Selbstüberschätzung zeugen. Der «König» liegt, vom Thron gestürzt, in den Trümmern seiner einstigen «Superarbeit», von den gleichen Medien, die ihm früher zu Füssen lagen, bei jeder Gelegenheit in den Staub geprügelt.

Wie konnte es soweit kommen? Ist das bekannte Andersen-Märchen «Des Kaisers neue Kleider» von 1837 bei den gebildeten Menschen des 21. Jahrhunderts vollends in Vergessenheit geraten?

Der besagte Mensch ist nur einer von Vielen in der Geschichte der Menschheit, bei denen sich das immergleiche Muster wiederholt: Glück im Leben (im Beruf, in der Liebe etc), hochgejubelt und umworben von Vielen. Alles könnte perfekt sein. Nur reicht das charakterliche Potenzial offensichtlich nicht für diese ausserordentliche Position. Der eine verfällt der Machtgier (auch Macht macht süchtig), der andere den süssen Verlockungen der Selbstüberschätzung. Der Umschwärmte beginnt zu glauben, was die Schmeichler sagen und arbeitet damit fleissig an seinem eigenen Verderben.

Fällt dann einmal der erste Zacken aus der Krone, beginnt, medial befördert, ein immer rascherer Imageabbau, für den Betreffenden ein schrecklicher Spiessrutenlauf, der frühestens dann aufhört, wenn der «Kaiser» – am Boden zerstört – aus der öffentlichen Wahrnehmung entschwindet und in Vergessenheit gerät.

Ausserordentliche Positionen bedingen einen ausserordentlich starken Charakter, bedingen integre Persönlichkeiten durch und durch – neben einer fundierten Ausbildung. Geblendet von den guten Ratings unserer und anderer Hochschulen vergessen die Vermittler von Topkadern, die Politik, die Medien und wir alle das leider immer wieder.

 

Dienstag, 2. Februar 2021

Die grossen Gerechtigkeits-Diskussionen

Kaum wurde mit den Impfaktionen gegen Corona begonnen, begannen auch die Diskussionen über die Gerechtigkeit. Ist es gerecht, wenn die einen schneller geimpft werden als die anderen? Warum werden Menschen, deren Lebenserwartung vielleicht noch Monate oder wenige Jahre beträgt, vor jenen geimpft, die unter normalen Umständen noch 10, 20 oder mehr Jahre zu leben haben? Ist es gerecht, wenn reiche Länder schneller und mehr Menschen impfen können als arme Länder? Ist es gerecht, wenn Bundesräte und Regierungsräte vor dem «Normalvolk» geimpft werden? Ist es gerecht, wenn Lehrerinnen vor Polizisten und Polizisten vor Verwaltungsbeamten geimpft werden – oder wäre umgekehrt gerechter? Ist es gerecht, wenn das Los entscheidet, wer schneller geimpft wird oder sollten das besser Ärzte tun? Ist es gerecht, wenn ich in einem langsam impfenden Kanton wohne und der schneller impfende direkt nebenan mir keine Dosis in den Oberarm «knallen» will? Ist es gerecht, wenn die einen Menschen moderne Impfstoffe mit hoher Wirkung und Sicherheit erhalten und andere bloss die Billigversion mit mangelhaftem Schutz?

Ist es überhaupt gerecht, wenn die einen Menschen schwer erkranken und die anderen überhaupt nicht? Warum ist dieses Sch…-Virus denn nicht gerechter?

Über alle diese Fragen lässt sich Zeitungsseiten- und TV-Sendungen-lang, wie auch auf dem Netz, trefflich diskutieren und nicht wenige Politikerinnen und Politiker wittern die Chance, sich hier mit einer «klaren Meinung» profilieren zu können. Das ist nicht ungewöhnlich und für neue oder Ausnahmesituationen eigentlich soweit normal. Es verbessert aber die Situation weder der Erkrankten noch der Eingesperrten, weder der Gewerbler und Unternehmen noch der Arbeitslosen. Mit anderen Worten: diese Diskussionen sind so überflüssig wie das Virus selbst.

Viren, Bakterien, alle Krankheiten sind nicht gerecht. Und ein Mensch, der im afrikanischen Dschungel lebt, hat in der Regel die schlechtere Gesundheitsversorgung als einer in den Industrieländern. Und dass nicht alle die gleichen Chancen haben, das ist so, seit es Menschen gibt. Als unsere Vorfahren noch in den Höhlen lebten, waren ihre Überlebenschancen hier im kalten Norden geringer als jene von deren Vorfahren im wärmeren Süden.

Bitte, liebe Medien, verschont uns also mit diesen unsinnigen Gerechtigkeitsdiskussionen und schickt all die Politikerinnen und Parteien, die sich auf diese simple Weise profilieren wollen, in die Wüste.