Wem soll eigentlich der Datenschutz dienen? Den Menschen oder den Daten? Das ist keine fiktive Frage und so abwegig, wie sie vielleicht auf den ersten Blick tönt, ist sie auch nicht.
Vor mehr als 20 Jahren wurde die Idee einer Patientenkarte (elektron. Patientendossier) geboren. Seither hat in erster Linie der Datenschutz dafür gesorgt, dass es diese Karte noch immer nicht gibt. Damit konnten alle die damit verbundenen und für die Patienten und ihre Gesundheit nützlichen Effekte nicht generiert werden. Und die Kosteneinsparungen für das Gesundheitswesen blieben auch auf der Strecke. Für die nun anstehende Corona-Impfkampagne musste der Bund – weil die Patientenkarte fehlt – extra eine neue Software kaufen (Kostenpunkt rund 1 Mio Franken), welche nun noch nicht bereit ist, weil der Bund zu spät reagiert hat und sich noch immer mit den Kinderkrankheiten der neuen Software oder dem eigenen Unvermögen auseinandersetzt. Das verzögert die Impferei und kostet damit Menschenleben – und es verteuert die ganze Corona-Bekämpfung administrativ sowie das Gesundheitswesen.
Vor ein paar Tagen gab das BAG (Bundesamt für Gesundheit) bekannt, dass die neue, englische Virus-Mutation «hochansteckend» sei und zudem zu schwereren Krankheitsverläufen führe als die bisher bei uns verbreiteten Virus-Stämme. Es sei deshalb unbedingt zu vermeiden, dass sich diese Mutation in der Schweiz ausbreite. Damals sprach das BAG von «28 Fällen in 7 Kantonen». Inzwischen sollen es über 40 Fälle in 10 Kantonen sein (Stand 8.1.2021: rund 90 Fälle). Aber wenn das Virus derart hochansteckend ist und es so wichtig ist, sich davor zu schützen, weshalb gibt das BAG nicht bekannt, wo genau sich die bisher infizierten Personen befinden? Wenigstens der Stadtkreis oder die Gemeinde wären wichtig zu wissen. Aus Datenschutzgründen werden aber so präzise Angaben verschwiegen. Dafür werden lieber ein paar Tote und ein paar Spitaleinweisungen mehr in Kauf genommen.
Bei den meisten Kantonen (Solothurn ist da eine löbliche
Ausnahme!) werden die Infiziertenzahlen nicht nach Gemeinden aufgeschlüsselt.
Begründung in den meisten Fällen: Datenschutz. Aber wenn ich weiss, dass in meiner
Gemeinde sehr viele Neuansteckungen sind, werde ich mich wenn möglich (noch) vorsichtiger
verhalten, wenn mir meine Gesundheit lieb ist. Was ich dagegen nicht weiss,
kann mich auch nicht bekümmern. Behördenaufrufe hin oder her.
Liebe Politiker und Behörden. Nichts gegen einen guten Datenschutz. Er kann aber nie wichtiger sein als die Gesundheit oder gar als Menschenleben. Eine Kehrtwende ist deshalb dringend nötig. Auch wenn unverbesserliche Datenschutz-Freaks und Einfach-Denker soeben das Referendum gegen das Terrorismus-Gesetz eingereicht haben. Datenschutz ja – aber Menschenschutz geht ihm in einem humanitären Rechtsstaat immer vor. Ausnahmslos.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen