Freitag, 29. Januar 2021

Zukunftsperspektive statt "nach uns die Sintflut"

Die Prämienverbilligungen bei den Krankenversicherungen sind eine Folge der grossen KVG-Revision (Krankenversicherungsgesetz) in den 90-er Jahren. Die «Alten» sollten damals nach dem Willen von SP-Bundesrätin Ruth Dreyfuss massiv entlastet werden – auf Kosten der Jungen. Die Prämien für die Grundversicherung sollten über das ganze Leben in etwa gleich hoch blieben; bis anhin hatten aufgrund der effektiven Kosten Kinder wenig und Betagte viel bezahlen müssen. Mit dieser KVG-Revision wurden kinderreiche Familien auf einen Schlag massiv stärker belastet, während das Grosi plötzlich freie Mittel für «eine SBB-Fahrt ins Blaue» besass.

Der sozialpolitische Aufschrei liess nicht lange auf sich warten. Die Rentnerinnen waren zwar mit Dreyfuss (und der äusserst knappen Volksmehrheit) sehr zufrieden. Die Familien dagegen protestierten lauthals. So wurde eben erneut an der Schraube gedreht. Die Prämienverbilligungen waren geboren. Seither haben sich die Beträge für dieses neue Sozialwerk ununterbrochen erhöht. 2019 betrugen die Verbilligungen bereits rund 5 Milliarden Franken oder fast 600 Franken pro Kopf.

Was günstig(er) ist, wird auch rege(r) benützt: Die Gesundheitskosten sind deswegen auf jeden Fall nicht gesunken. Höchstwahrscheinlich war dies sogar indirekt mit ein Grund für die steigenden Kosten. Dumm ist nur, dass diese 5 Milliarden nicht glücklich machen, sondern weitere und noch viel grössere Begehrlichkeiten wecken. Die SP fordert in einer Initiative, dass niemand mehr als 10% des «frei verfügbaren Einkommens» für die Krankenversicherung ausgeben dürfe. Der Bundesrat will mit seinem aktuellen Kompromissvorschlag ebenfalls mehr Geld ausgeben – wenn auch nicht gar so viel. Die Richtung bleibt gleich; nur das Tempo ist etwas unterschiedlich.

Damit bewegen wir uns – ohne dass der Souverän das je so gewollt hätte – schnurstracks auf eine vollstaatliche Krankenversicherung zu. Nur noch die reichsten 10% der Bevölkerung bezahlen ihre effektiven Gesundheitskosten. Allen anderen wird immer mehr davon vom Staat abgenommen.

Man weiss, dass die Gesundheitskosten mit zunehmendem Bildungsstand abnehmen. Je schlechter die Bildung, desto höher die Kosten für Krankheit und Unfall. Eine Investition in die Zukunft würde es deshalb bedeuten, wenn die Prämienverbilligungen zu Gunsten des Bildungsbudgets gekürzt würden. Es bringt ausser einem Schuldenberg rein gar nichts, noch mehr Steuergelder in dieses Fass ohne Boden zu schütten. Eine Bildungsoffensive würde jedoch mittel- und längerfristig nachhaltig das Gesundheitswesen entlasten. Dies wäre eine Massnahme mit Zukunftsperspektive – anstelle des Geldausgebens nach dem Motto: «Nach uns die Sintflut.»

Mittwoch, 27. Januar 2021

Die zurechtgebogenen Zahlen

Bundesrat Alain Berset erklärte heute Nachmittag vor den Medien in Bezug auf die Corona-Infektionen: «Wir haben einen leichten Rückgang.» Am gleichen Tag wurden gut 2'000 Neuinfektionen gemeldet; einige davon die Vortage betreffend, weil das BAG es selbst nach fast einem Jahr noch nicht geschafft hat, verbindliche, präzise und aktuelle Zahlen zu erhalten und zu veröffentlichen. Am 4. Januar meldete das BAG jedoch mehr als 5'000 neue Infektionen. Im November lagen die Zahlen sogar noch bei über 8'000.

Das ist also «ein leichter Rückgang»? Wie sieht denn ein «starker Rückgang» aus nach Berset?

Möglicherweise hat der Bundesrat sagen wollen, dass seit dem Inkrafttreten seines Shutdown vor wenigen Tagen bloss ein leichter Rückgang zu verzeichnen ist. Das wäre nicht einmal falsch. Es würde jedoch die Frage aufwerfen, ob sich dieses erneute Milliardenloch für die Staatskasse bzw. diese zweite «Hungerkur» für unsere Wirtschaft angesichts dieses Minierfolgs wirklich gelohnt hat.

Immerhin: Gänzlich überraschend wäre dieser blosse Mini-Erfolg nicht. Denn gleichentags meldete Österreich, sein relativ harter Lockdown hätte die Infektionszahlen noch überhaupt nicht nach unten gedrückt. Trotz aller Massnahmen blieben die Zahlen sogar auf dem «alten» Niveau unerwünscht stabil. Aber die eingeleiteten Massnahmen würden sich dann schon noch positiv auswirken, gab sich Österreichs Regierungsspitze hoffnungsfroh.

Erneut zeigt sich, dass Politiker gerne Tatsachen so herumbiegen, dass sie am Ende ins eigene Denkmuster passen. Bei Wahlkampfveranstaltungen mag das angehen. In einer akuten Krise jedoch sind Fakten gefragt. Richtige Fakten und nicht zurechtgebogene. Die eigene Glaubwürdigkeit geht nie so schnell verloren, wie in der Krise. Das ist zwar eine Jahrtausende alte Weisheit. Dennoch scheint sie noch nicht bei allen Politikern bekannt zu sein.

Samstag, 23. Januar 2021

Fake-News oder bloss Inkompetenz?

Die Wahlen in Solothurn nahen. Damit auch die Zeit, wo ein Teil der Kandidierenden und der politisch Aktiven sich das Recht herausnimmt, die Realität nach seinem Gusto zurecht zu biegen. Man kann auch etwas zeitgemässer von einer Pandemie des Fake-News-Virus sprechen.

Zwei Beispiele gefällig?

Eine SP-Frau behauptet mit offensichtlich trumpschem Realitätsverständnis, dass «50% der Firmen» keine Steuern zahlen würden. Entweder die Frau hat keinerlei Ahnung von unserem Steuersystem oder sie verbreitet bewusst Fehlinformationen; in der Hoffnung damit mehr Wählerwasser auf die eigene Mühle zu leiten.

Um es kurz zu machen, jedes Unternehmen (juristische Person) muss Mehrwertsteuern bezahlen (7.7% des Umsatzes). Dazu Kapitalsteuern (je für Bund, Kanton und Gemeinde) – die Kapitalsteuern sind auch zu entrichten, wenn das Unternehmen Verlust macht – also für viele Unternehmen auch für das Verlustjahr 2020. Macht das Unternehmen Gewinn, ist zudem eine Gewinnsteuer fällig; und dies für den Bund, für den Kanton, für die Gemeinde und für die Kirchen. Ja, Unternehmen müssen auch Kirchensteuern entrichten. Einzig die Gewinnsteuer fällt weg, falls das Unternehmen Verluste schreibt. Die anderen Steuern bleiben so oder so.

Massgebend für die Steuern sind die, meistens revidierten Bilanzen und Erfolgsrechnungen. Nur kleine und Kleinstunternehmen, die nicht auf Bankkredite angewiesen sind, können es sich leisten, sich nicht revidieren zu lassen. Kaum eine Bank verleiht heute noch Kredite, ohne dass die Zahlen von einem externen Treuhänder revidiert worden sind. Zum Schummeln bleibt da also kein Raum.

Neben Steuern bezahlen Unternehmen aber auch zahlreiche Gebühren und Abgaben verschiedenster Art. Ausserdem sind viele von ihnen in ihren «Heimatgemeinden» regelmässig als Sponsoren und Geldgeber für allerlei Zwecke tätig. Die SP-Frau sollte mal besser selber in einem Unternehmen Verantwortung für Arbeitsplätze übernehmen, zum Beispiel, indem sie das eigene Ersparte für die Schaffung von Arbeitsplätzen einsetzt. Vielleicht dämmert ihr dann, dass dieses Geld ja bereits mehrfach besteuert wurde, bis es seinen guten Zweck erfüllen kann. Und vielleicht dämmert ihr dann auch, dass Familienunternehmen (und das sind mit Abstand die meisten in der Schweiz) für das gleiche Steuersubstrat gleich mehrfach zur Staatskasse gebeten werden. Und vielleicht realisiert sie dann auch, dass man Menschen, die ihr Privatgeld für die Schaffung von Arbeitsplätzen investieren, achten und respektieren sollte, anstatt sie pauschal der Steuerhinterziehung zu beschuldigen.

Ein CVP-Regierungsratskandidat scheint ebenso wenig von der unternehmerischen Realität zu wissen: Er behauptete jüngst im Stil eines überforderten Unternehmensberaters, die Corona-Krise tue den Unternehmen gut. So könnten sie ihren «Speck verlieren», um dann gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Die meisten Unternehmen verlieren einerseits in dieser Krise enorm viel Geld. Flüssige Mittel also, die für die Sicherung der Arbeitsplätze, für Investitionen, welche die Wettbewerbsfähigkeit erhalten, etc. nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Andererseits müssen diese Unternehmen in den nächsten Jahren Bank- und Staatskredite zurückzahlen. Um das stemmen zu können, sind in vielen Fällen rigorose Sparübungen nötig. Und in dieser Zeit können die Unternehmen nur beten und hoffen, dass sie die chinesische Konkurrenz zum Beispiel, finanziert über Staatsgelder eines kommunistisch-diktatorischen Regimes, nicht vom Markt verdrängt.

Der Kanton Solothurn benötigt dynamische, intelligente und sachkompetente Persönlichkeiten, um die riesigen Herausforderungen der nahen Zukunft erfolgreich bewältigen zu können. Die beiden Obgenannten gehören offenkundig nicht dazu.

Mittwoch, 20. Januar 2021

Die Fasnacht wäre jetzt nötiger denn je

Ausgerechnet in diesem Jahr findet die Fasnacht (so gut wie) nicht statt. Das ist aus zwei Gründen äusserst schade:

1.      Hat es selten so viele gute Sujets gegeben wie heuer.

2.     Fehlt damit ein Ventil für unseren Frust und unsere Verständnislosigkeit über das Handeln der Obrigkeit, die auch noch selten so gross waren wie heuer.

Die Schweiz ist im Shutdown. Vor einem Jahr haben wir noch nicht gewusst, was das Wort «shutdown» bedeutet. Auch «lockdown», «contact tracing» etc. waren für uns Nicht-Anglisten alles andere als gängige Begriffe. Jetzt hauen uns die Politiker, Behörden und Journalisten diese Begriffe im Stundentakt um die Ohren. Und wir werden mit Verhaltensregeln konfrontiert, wie wir sie seit unseren Kindertagen nie mehr gehört haben. Ähnlich wie damals garniert mit der pädagogischen Warnung: «Wenn Du nicht vorsichtig bist und nicht machst, was ich sage, dann…»

Innert nicht mal 12 Monaten ist die Verantwortung für meine Gesundheit von mir auf den Staat übergegangen. Und ich wurde nicht mal gefragt, ob ich damit einverstanden bin. Niemand hat ein Referendum dagegen ergriffen oder sammelt Unterschriften für eine Initiative mit dem Titel «Meine Gesundheit gehört mir!» Ist ja auch nicht sooo wichtig wie zum Beispiel die Frage, ob die Kühe Hörner tragen sollen oder nicht.

Oder die Geschichte mit den vielen Todesfällen: Um noch mehr Leid zu vermeiden, wurde erneut der Shutdown verhängt. Blöd (oder besser: absurd) nur, dass zwei Drittel der Todesfälle auf die betagten Menschen in den Pflegeheimen entfallen und die geschlossenen Schulen, Geschäfte, Theater und Konzertsäle, etc. hier nicht eine einzige dieser Personen schützen und wohl kaum je auch nur eine Ansteckung oder gar einen Todesfall vermeiden konnten. 

Und unsere freien Medien? Diese haben den Etatismus für sich entdeckt und berichten heute unkritischer über regierungs- und bundesrätliche Erlasse als seinerzeit die «Prawda». Beispiel gefällig?

Bundesrat Alain Berset besuchte in der vergangenen Woche die Lonza-Werke im Wallis. Diese sind wesentlich an der Herstellung des Moderna-Impfstoffes beteiligt. Weshalb er das tat, wusste er offenbar selbst nicht so genau. Das Schweizer Fernsehen übertrug die anschliessende Medienkonferenz zwar live (das ist kein Witz!). Die einzige Botschaft des Bundesrates lautet jedoch (O-Ton): «Ein wichtiger Teil der [Impfstoff-]Produktion passiert im Wallis.»

Keine der anwesenden Bundeshausjournalistinnen stellte die Frage, weshalb der Bundesrat eine Medienkonferenz einberufe, um dort nichts zu sagen und bloss sich selbst zu inszenieren. Keiner fragte, weshalb der Bundesrat die Impfdosen erst so spät bestellt habe und warum er nicht schon im letzten Frühjahr mit der Pharmaindustrie enge persönliche Kontakte gepflegt habe (so wie etwa Israel). Weshalb der Bund mit seiner Software zum Impfstart nicht bereit gewesen sei, etc.

Hätte die Medienschar am Ende der Medienkonferenz applaudiert, der Anlass hätte gut und gerne auch in Peking stattgefunden haben können. Offensichtlich haben die Medien ihre Unabhängigkeit auch gleich bei Monsieur Berset deponiert. Allen voran der Zürcher Tages Anzeiger, der sich zum persönlichen Medienorgan des SP-Bundesrates gemausert hat und der Einfachheit halber meist auch gleich dessen Positionen übernimmt.

Fasnächtlich mutet auch an, wenn der Steuerzahler seit 10 Monaten Millionen aufwenden muss, um das «Contact tracing» (CT) zu bezahlen, wenn dieses aber offenkundig bis heute nie flächendeckend funktioniert hat. Nicht einmal die Verbreitung der England-Mutation kann das CT eindämmen. Der Bundesrat glaubt offensichtlich selbst nicht mehr an sein Instrument, hat er doch die jüngsten Massnahmen präventiv gegen die Verbreitung der Mutation verordnet. Nur hat niemand den Mut laut zu sagen, was längst alle wissen: Das CT kostet zwar viel, nützt aber so gut wie nichts.

So wäre denn die Fasnacht die letzte Bastion des kritischen Denkens und der kritischen Meinungsäusserung. Wenn sie denn stattfinden würde… Versuchen wir also, allein im stillen Kämmerlein, uns ein einsames Lächeln abzuluchsen. Als kleine Therapie-Dosis gegen die sich anbahnende Frustration, die sonst allzu leicht Richtung Verzweiflung kippen könnte. 


Zu guter Letzt: Keine Solothurner Fasnacht ohne kleinen Seitenhieb nach Grenchen. Die Migros eröffnete in diesen Tagen ausgerechnet in Grenchen den ersten völlig personal-freien Einkaufsladen der Schweiz. Als Versuch. Wahrscheinlich sagten sich die Migros-Oberen: Wenn sogar die Grenchner mit dieser neuen Einkaufstechnologie zurecht kommen, werden es sicherlich alle andern Schweizerinnen auch.


Samstag, 16. Januar 2021

Die grosse Tragik in den Betagtenheimen

Manchmal dauert es etwas, bis die Schweizer Behörden und/oder Politikerinnen sich bewegen. Das hat nicht selten auch sein Gutes. In Krisenzeiten jedoch eher nicht.

Seit dem letzten Frühjahr ist es bekannt, im letzten Quartal hat es sich wiederholt: mehr als die Hälfte – in manchen Kantonen sind es gar zwei Drittel oder noch mehr – der Todesfälle gehen auf das Konto der Betagtenpflegeheime. Das ist wohl auch der Hauptgrund, weshalb die Schweiz trotz an sich guter Spitalversorgung derart viele Todesfälle zu verzeichnen hat.

Diese Woche endlich hat die Gesundheitskommission (SGK) des Nationalrates vom Bundesrat verlangt, Geld für Gratistests in Pflegeheimen bereit zu stellen. Nachdem der Bundesrat sehr lange damit gezögert hat, Schnelltests überhaupt zuzulassen, haben erst ganz wenige Heime damit begonnen, ihr Personal und die Besucher regelmässig einem Schnelltest zu unterziehen. Deshalb ist die Gefahr, sich als betagter Mensch mit Corona-Viren zu infizieren, um ein Vielfaches höher im Heim als zu Hause.

Und deshalb werden betagte Menschen in der Schweiz aktuell wieder weggesperrt und meist von allen Kontakten mit ihren nächsten Familienangehörigen isoliert. So sterben sie denn einsam im Heim – angesteckt nicht selten vom Personal, das niemand testet. Das hören die Heimverantwortlichen zwar nicht gerne. Aber wenn seit zwei Monaten niemand mehr die Heimbewohner besuchen darf und sie trotzdem an Corona sterben, wer soll sie denn sonst angesteckt haben?

Dieses stille grosse Sterben ist für das Schweizer Gesundheitswesen ein Riesendesaster. Zuerst nimmt man den Menschen jeden Lebensgrund und damit jeden Lebenswillen, indem man sie alt, krank und häufig dement, wie sie sind, isoliert. Und dann lässt man sie auch noch ohne ihre Liebsten einsam sterben. Wenn offenkundig die Pflegeheime mit ihren Hygienemassnahmen die vielen Ansteckungen nicht verhindern können, wäre wenigstens mit regelmässigen (z.B. zweimal wöchentlichen) Tests die Not zu lindern. Einer begrenzten Anzahl Personen könnte so zumindest der persönliche Kontakt mit den Betagten erlaubt werden, ohne ein überaus grosses Risiko einzugehen.

Was die SGK des Nationalrates verlangt, kommt deshalb zwar äusserst spät, ist aber dringend nötig: «Spät kommt ihr, doch ihr kommt», um mit Schiller zu sprechen.

Die kantonale (Heim-)Politik wird aber nun sehr rasch mit einem neuen Problem konfrontiert sein: Die Heime sind halb leer. Erstens, weil sehr viele Bewohnerinnen in kurzer Zeit verstorben sind und zweitens, weil die Angehörigen vorläufig alle möglichen Anstrengungen unternehmen, damit ihre Liebsten nicht ins Heim gehen müssen. Ein Betagtenpflegeheim, das 10 oder mehr Prozent der Betten nicht belegt hat, fährt im Normalfall ein Defizit ein. Im Raum Bern-Solothurn wurden jedoch schon vor Corona zu viele Pflegebetten angeboten. Die Heime, vor allem im angrenzenden Kanton Bern, kämpften seit Jahren, seit dem grossen Spitex-Ausbau, um eine möglichst gute Belegung. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr gross, dass in den nächsten 2 bis 3 Jahren zahlreiche Pflegebetten leer stehen werden. Entweder entlassen die Institutionen dann Fachkräfte und legen ganze Bettenstationen still oder Heime schliessen definitiv. Verschwinden die Betten, könnten sie später schmerzlich vermisst werden, bleiben sie, kosten sie den Steuerzahler viel Geld. Das Gleiche lässt sich vom Fachpersonal sagen. Welches die bestmögliche Version sein wird, muss die kantonale Gesundheitspolitik rasch entscheiden: In vielen Heimen läuft der Kostenzähler bereits auf Hochtouren.

Dienstag, 12. Januar 2021

Das Ende der Glaubwürdigkeit

Die Solothurner Regierung gibt nicht bekannt, welche Stellungnahme sie zu den vorgeschlagenen Corona-Massnahmen im Rahmen der kurzen Vernehmlassung unter den Kantonen an den Bundesrat gesandt hat. Die Regierung und ihre Sprecherin machen in Geheimniskrämerei. Dies, während die Nachbarkantone wie viele andere auch, laufend ihre Haltung darlegen und dies auch sachlich mehr oder weniger überzeugend begründen.

Was ist hinter der Kommunikationsverweigerung der SP-Regierungsrätin Schaffner (sie ist federführend) zu vermuten? Will sie so ihre Hände in Unschuld waschen, wenn die Bevölkerung und die Wirtschaft die Massnahmen nicht goutieren? Ganz nach dem Prinzip: «Ich war das nicht.» Oder traut die Regierungsrätin der Solothurner Bevölkerung nicht über den Weg? Ganz nach dem Motto: Die begreifen das ja doch nicht. Also muss ich erst gar nicht versuchen, es ihnen zu erklären.

Oder fehlt gar der Mut, öffentlich zur eigenen Meinung zu stehen? Das lässt immerhin die Verlautbarung der Mediensprecherin vermuten. Solothurn verlangt vermutlich eine massive Verschärfung der Massnahmen. Das soll aber wohl besser niemand wissen. Etwa weil man um das eigene Image bei den Wählerinnen fürchtet?

Da fragt sich der geneigte Beobachter bloss: Was wollen die noch alles tun, um den letzten Rest Glaubwürdigkeit bei der Bevölkerung zu verspielen? Wer nicht die Zivilcourage besitzt, zur eigenen Meinung zu stehen, hat eigentlich im Solothurner Rathaus nichts verloren, nicht als Kantonsrat und schon gar nicht als Regierungsrätin.

 

Freitag, 8. Januar 2021

Datenschutz VOR Menschenschutz - oder doch lieber umgekehrt?

Wem soll eigentlich der Datenschutz dienen? Den Menschen oder den Daten? Das ist keine fiktive Frage und so abwegig, wie sie vielleicht auf den ersten Blick tönt, ist sie auch nicht.

Vor mehr als 20 Jahren wurde die Idee einer Patientenkarte (elektron. Patientendossier) geboren. Seither hat in erster Linie der Datenschutz dafür gesorgt, dass es diese Karte noch immer nicht gibt. Damit konnten alle die damit verbundenen und für die Patienten und ihre Gesundheit nützlichen Effekte nicht generiert werden. Und die Kosteneinsparungen für das Gesundheitswesen blieben auch auf der Strecke. Für die nun anstehende Corona-Impfkampagne musste der Bund – weil die Patientenkarte fehlt –  extra eine neue Software kaufen (Kostenpunkt rund 1 Mio Franken), welche nun noch nicht bereit ist, weil der Bund zu spät reagiert hat und sich noch immer mit den Kinderkrankheiten der neuen Software oder dem eigenen Unvermögen auseinandersetzt. Das verzögert die Impferei und kostet damit Menschenleben – und es verteuert die ganze Corona-Bekämpfung administrativ sowie das Gesundheitswesen.

Vor ein paar Tagen gab das BAG (Bundesamt für Gesundheit) bekannt, dass die neue, englische Virus-Mutation «hochansteckend» sei und zudem zu schwereren Krankheitsverläufen führe als die bisher bei uns verbreiteten Virus-Stämme. Es sei deshalb unbedingt zu vermeiden, dass sich diese Mutation in der Schweiz ausbreite. Damals sprach das BAG von «28 Fällen in 7 Kantonen». Inzwischen sollen es über 40 Fälle in 10 Kantonen sein (Stand 8.1.2021: rund 90 Fälle). Aber wenn das Virus derart hochansteckend ist und es so wichtig ist, sich davor zu schützen, weshalb gibt das BAG nicht bekannt, wo genau sich die bisher infizierten Personen befinden? Wenigstens der Stadtkreis oder die Gemeinde wären wichtig zu wissen. Aus Datenschutzgründen werden aber so präzise Angaben verschwiegen. Dafür werden lieber ein paar Tote und ein paar Spitaleinweisungen mehr in Kauf genommen.

Bei den meisten Kantonen (Solothurn ist da eine löbliche Ausnahme!) werden die Infiziertenzahlen nicht nach Gemeinden aufgeschlüsselt. Begründung in den meisten Fällen: Datenschutz. Aber wenn ich weiss, dass in meiner Gemeinde sehr viele Neuansteckungen sind, werde ich mich wenn möglich (noch) vorsichtiger verhalten, wenn mir meine Gesundheit lieb ist. Was ich dagegen nicht weiss, kann mich auch nicht bekümmern. Behördenaufrufe hin oder her.

Liebe Politiker und Behörden. Nichts gegen einen guten Datenschutz. Er kann aber nie wichtiger sein als die Gesundheit oder gar als Menschenleben. Eine Kehrtwende ist deshalb dringend nötig. Auch wenn unverbesserliche Datenschutz-Freaks und Einfach-Denker soeben das Referendum gegen das Terrorismus-Gesetz eingereicht haben. Datenschutz ja – aber Menschenschutz geht ihm in einem humanitären Rechtsstaat immer vor. Ausnahmslos.

Montag, 4. Januar 2021

Der Worte sind genug gesprochen - lasst uns nun endlich Taten sehn

Leider muss es in dieser Härte festgestellt werden: Die Solothurner Regierung, allen voran Susanne Schaffner, macht in der aktuellen Pandemie einen schlechten bis miserablen Job. Aufrufe an die Bevölkerung, sich an die verordneten Einschränkungen zu halten, werden zuhauf produziert. Dabei werden Einschränkungen erlassen, die momentan über diejenigen aller anderen Kantone hinausgehen. Sogar der Aargau hat weniger Läden und Geschäfte geschlossen als Solothurn.

Daraus müsste man eigentlich folgern: Offenbar war Solothurns Gesundheitswesen schlechter auf eine Pandemie vorbereitet als dasjenige anderer Kantone. Im Solothurner Rathaus jedoch nimmt man lieber die Bevölkerung in die Pflicht als sich selbst. Und informiert wird so, dass man selber stets gut dasteht. Auch dann, wenn die Fakten dazu etwas zurechtgeschneidert werden müssen.

Beispiel gefällig? Weil man nicht mehr Impfstoff habe, könne man täglich maximal 50 Impfungen vornehmen, erklärte Schaffner in den letzten Tagen mehrmals. Sie schiebt damit die Schuld auf den Bund, bzw. ihren SP-Parteikollegen Berset, der tatsächlich viel zu spät zu wenig Impfungen bestellt hat. Dass dieser aber betont, dass er laufend mit den Kolleginnen aus den Kantonen im Kontakt stehe und gestanden habe – diese also damit in die Verantwortung mit eingebunden sind – wird schlicht «übersehen».

Der Kanton Solothurn hat von der ersten Lieferung der Impfdosen zwischen 3'000 und 3'500 Stück erhalten, wenn gemäss Bevölkerungszahl verteilt wurde, was mindestens so ähnlich mal vom BAG verlautete. In dieser Woche werden nochmals rund 3’500 Dosen für Solothurn geliefert. Wenn der Kanton Solothurn also (werk-)täglich jämmerliche 50 Dosen «verimpft», wie dies Regierungsrätin Schaffner verkündet hat, werden allein diese Lieferungen bis im Sommer 2021 reichen. Von wegen mangelnder Impfdosen… Was hier mangelhaft ist, ist allein die Impforganisation.

Es ist mehr als ein Skandal. Es ist in höchstem Masse «unanständig» und grenzt an Menschenverachtung, wenn die Solothurner Regierung und speziell das Departement Schaffner zu lange zu tief «geschlafen» und die Impf-Hausaufgaben nicht gemacht hat. Wenn sie Appelle absetzt an die Bevölkerung und die kantonale Wirtschaft, selber aber gleichzeitig wegen Schlamperei weitere Todesfälle und nachhaltige wirtschaftliche Schäden in Kauf nimmt. Bleibt nur die Frage, ob dies aus Unvermögen geschieht oder wegen mangelnder Leistungsbereitschaft.

Die Zeit der Sonntagspredigten und der beschönigenden Worte ist vorbei, Frau Schaffner. Jetzt sind Taten gefordert. Und das ohne Verzug. Nein, nicht von der Bevölkerung. Sondern von Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen. Ihre Glaubwürdigkeit ist in weiten Kreisen sowieso bereits Geschichte – nur rasches und einwandfrei koordiniertes und strukturiertes Handeln entspricht jetzt der Verantwortung Ihres Amtes.