Dienstag, 8. Dezember 2020

Ein staatlicher Maulkorb für das Internet?

Politische Online-Werbung soll verboten werden. Das fordert ein Bündner SP-Nationalrat in einem Postulat, das von Radio und TV-SRF verbreitet wurde. Denn diese Werbung sei intransparent und mithin nicht kontrollierbar. Und wenn schon in Radio und TV keine Politwerbung gestattet sei, sei es nur logisch, diese auch im Internet zu verbieten.

Tönt tatsächlich irgendwie logisch. Jedenfalls auf den ersten Blick. Auf den zweiten fragt man sich, weshalb überhaupt auf den privaten Radio- oder TV-Sendern in der Schweiz politische Werbung verboten ist. Wohl einzig aus Rücksicht auf die öffentlich-rechtliche SRG. Denn dass hier Politwerbung in Konflikt mit der Position und Aufgabe der SRG kommen könnte, leuchtet ein. Ein staatspolitischer Unterscheid zwischen gedruckten Inseraten und solchen in den elektronischen Medien, lässt sich jedenfalls beim besten Willen nicht konstruieren. Das gleiche gilt für bezahlte Plakate.

Dass im Internet Schweizer Recht auf einfachste Weise umgangen werden kann, dürfte jedem klar sein. Dass jedoch genau dieses Internet vor allem für linke und grüne Parteien und Organisationen als Medium für ihre Abstimmungsbotschaften sehr wichtig geworden ist, haben gerade die letzten Jahre und Monate sehr offenkundig vor Augen geführt. So überrascht denn der Vorstoss aus der linken Ecke erst einmal.

Immerhin jedoch liegt es in der linken Tradition, für mehr Staatseingriffe zu plädieren. Nur hält sich (auch) in diesem Fall die Realität nicht ans linke Wunschprogramm. Selbst wenn die UNO ein solches Verbot fordern würde, bliebe es ein toter Buchstabe. Zu leicht liesse sich eine solche Einschränkung – letztlich der Meinungsäusserungsfreiheit – umgehen. Die Durchsetzung solcher oder ähnlicher Einschränkungen der Bürgerfreiheit ist nur für totalitäre Staaten möglich und zum Beispiel im kommunistischen China gang und gäbe. Aber auch dort tun sich immer wieder Lücken auf, die von den unterdrückten Bürgern nur allzu gerne auch genutzt werden.

Wir wollen aber in der Schweiz weder eine staatliche Bevormundung der Bürger noch eine Staatszensur. Und wenn der eine oder andere Politiker, die eine oder andere Partei oder Organisation nach solchen Verboten ruft, dann spricht das meist für kurzsichtiges Denken. Ein kurzsichtiges Denken jedoch, dessen Ergebnis in das Gegenteil von freiheitlich-demokratisch mündet.

 

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