Donnerstag, 3. Dezember 2020

Durchatmen und Nachdenken, bitte

Die Wirte sind sauer und «versprechen» eine Prozesslawine. Dies weil das Bundesparlament die Vertragssicherheit und -freiheit höher gewichtet hat als den Ruf der Gastwirte nach einer Mietzinsreduktion für die Corona-Lockdown-Monate im Frühjahr.

Mal abgesehen davon, dass die Anwälte für diese Prozesslawine in den meisten Fällen wohl Einiges mehr kosten dürften als die erhofften und nun entgangenen Mietreduktionen.

Mal abgesehen davon, dass etliche Kantone bereits Reduktionen von 60% ins Auge gefasst oder beschlossen haben (weil die Steuerzahler und die Vermieter je 30% übernehmen).

Mal abgesehen davon, dass es viele Gründe für einen Wirtschaftseinbruch geben kann und dass dieses Risiko jeder, der ein Unternehmen sein eigen nennt, kennt und bewusst eingeht.

Mal abgesehen davon, dass es für Betriebsunterbrüche Versicherungen gibt, deren Prämien man in guten Zeiten bereit sein muss zu zahlen.

Mal abgesehen davon, dass kaum eine Branche und kaum ein Unternehmen oder Gewerbe im Jahr 2020 nicht massive Umsatzeinbussen und viele Unternehmen auch grosse Verluste zu verzeichnen haben.

Mal abgesehen davon, dass jedes Unternehmen in guten für die schlechten Zeiten vorsorgen muss – und diese kommen so sicher wie die Aare abwärts fliesst.

Weshalb sollen also ausgerechnet die Wirte eine Sonderbehandlung geniessen und alle anderen Gewerbe und der Handel nehmen die Fakten hin, wie sie eben sind? Weshalb sollen der Steuerzahler und die Hauseigentümer (damit u.a. auch viele Pensionskassen) dafür aufkommen, wenn eine Pandemie übers Land fegt? Das Pandemierisiko wurde jahrzehntelang aktiv kommuniziert. Spätestens nach SARS I hätte jedes Unternehmen sich Gedanken machen und sich wappnen können und müssen. Die Zeit hätte gereicht vor SARS II/Covid 19.

Wenn Bund und Kantone mit Steuergeldern heute die Wirtschaft stützen, damit nicht ein riesiger Scherbenhaufen zurückbleibt, ist dies wohl angebracht (das definitive Urteil darüber wird die Geschichte fällen). Aber nur so lange, als es sich darum handelt, einen verheerenden Flächenbrand zu verhindern. Jedes einzelne Glutnest, jedes einzelne Glutstücken zu löschen kann und darf nie Aufgabe des Staates und damit der Steuerzahler sein.

Auch die Gastwirte profitieren davon, dass die Schweiz viele Milliarden in die Wirtschaft pumpt. Auch die Gastwirte profitieren davon, dass die Schweiz mehr Tote und mehr teure Hospitalisierungen in Kauf nimmt und auf einen zweiten Lockdown verzichtet. Deshalb sollten sie den Steuerzahlern – die notabene auch ihre Kunden bzw. Gäste sind – dankbar sein, statt zu versuchen, ihnen mit Hilfe von Anwälten noch mehr Geld aus der Tasche zu ziehen.

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