Dienstag, 22. Dezember 2020

Blind vor lauter Moralin

Die Realität ist manchmal schwer zu ertragen. Nein, diesmal geht es nicht um Corona. Diesmal geht es um nichts weniger als die Weltpolitik. Dabei masst sich der Blogger nicht an, Rezepte dafür zu haben; bloss ein paar Gedanken erlaubt er sich.

«Macht vor Recht.» Diese Maxime haben sich Länder wie China, Russland oder die Türkei auf die Fahne geschrieben. Nein, nicht im 19. Jahrhundert, sondern 2020. Etliche andere Länder liebäugeln zumindest damit, diese Politik nachzuahmen. Offenbar entschwinden die Millionen Toten des 20. Jahrhunderts als Folge einer sinnlosen Machtpolitik allmählich dem Gedächtnis diverser Machthaber und ihrer Völker.

Es wäre zu erwarten, dass sich die Schweiz auf diese neue Herausforderung und mögliche Bedrohung einstellt. Unsere Politik macht jedoch Ende 2020 den Eindruck, als würde sie diese Entwicklungen nicht wahrnehmen. Die Agenda bestimmen momentan die selbsternannten Moralisten. Hochkonjunktur haben bei uns nicht jene, die sich um die Sicherheit des Landes sorgen, nicht jene, die Arbeitsplätze schaffen oder Produkte kreieren, welche der Menschheit in den nächsten 30 Jahren dienen könnten. Hochkonjunktur haben jene, welche die Moral mit einem barocken Absolutheits-Anspruch für sich reklamieren.

Dabei geht selbst der Satz vergessen, den einer ihrer Vorzeigeschriftsteller einst prägte: «Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral» (Bertolt Brecht). Staatsverträge der Schweiz zum Beispiel müssen deshalb nicht unserer Sicherheit, unserer Sozialen Wohlfahrt, unserer Versorgung und unserem «Fressen» (sprich: unseren Arbeitsplätzen) dienen, sondern in erster Linie der Moral, bzw. den von den Moralisten aufgestellten Moral-Kriterien.

Wer politisch blind ist, wird über kurz oder lang zu Schaden kommen, lehrt uns die Geschichte. Hoffentlich findet die Schweiz rechtzeitig zum Sehen zurück.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen