Aus einzelnen Fakten werden manchmal Interpretationen und aus diesen politische Forderungen abgeleitet, die beide – die Interpretationen wie die Forderungen – einer näheren Betrachtung nicht standhalten. Aber wer macht sich schon die Mühe, sich ein paar Gedanken mehr zu machen, wenn Schlagzeilen so fett, «knackig» und scheinbar derart simpel nachvollziehbar daherkommen?
Es war im Dezember, als einige Medien offensichtlich «Erbarmen» zeigten mit jungen Familien, indem sie feststellten, die aktuellen Immobilienzahlen liessen deren Wunsch nach einem Eigenheim platzen. Im Gegensatz zu früheren Generationen, sei es der heutigen nicht (mehr) möglich, die Mietwohnung gegen Eigentum zu «tauschen».
Was an diesen Meldungen stimmt, ist, dass die Preise für Einfamilienhäuser und für Eigentumswohnungen in der Schweiz in den letzten Jahren mit der guten Konjunktur stark angestiegen sind. Es wurde und wird zwar viel gebaut, aber meist nicht «billig». Werthaltigkeit steht im Vordergrund und dazu eine hohe Beachtung der umwelttechnischen Nachhaltigkeit. Komplexe Systeme mit alternativen Energiequellen, mit Wärmerückgewinnung und nachhaltigen Materialien, mit hohem Wohnkomfort, grossen Räume etc. erfordern einen hohen Land- und einen grossen planerischen und technischen Einsatz – und das wirkt sich auf den Preis aus.
Aber ist das Wohnen im Eigenheim heute tatsächlich viel teurer als vor 35 Jahren? Wer 1985 ein Eigenheim für CHF 800'000 erwarb, müsste – einfach mal die allgemeine Teuerung (gemäss BfS) der Konsumentenpreise eingerechnet – heute für ein vergleichbares Wohneigentum rund 1.2 Millionen Franken bezahlen. In der Nähe urbaner Zentren vor allem sind die Preise jedoch stärker gestiegen und erreichen schon mal 1.4 bis 1.6 Millionen Franken für eine vergleichbare Liegenschaft. Auf dem Land dagegen haben sie sich deutlich schwächer entwickelt.
Die aktuellen Immobilienpreise setzen zwar ein höheres minimales Eigenkapital voraus als 1985. Das Wohnen an sich im Eigenheim ist jedoch heutzutage deutlich günstiger. Die folgende Rechnung geht davon aus, dass die Käufer jeweils 80% des Kaufpreises über eine Hypothek finanzieren:
1985 lagen die Hypothekarzinsen bei 4.5-5%; in den
Folgejahren stiegen die Zinsen gar bis über 10% an. Die Zinslast betrug für die
junge Familie also 1985 (für die Hypothek von CHF 640'000) zwischen CHF 28'800 und 32'000 pro Jahr; und dies mit
steigender Tendenz. Wer heute für sein Eigenheim zum Preis von 1.4 Millionen
rund 1.12 Millionen hypotheziert, bezahlt dafür in der Regel nicht mehr, meist sogar
weniger als 1% Zins. Also rund 11'000 Franken im Jahr oder knapp 40% jener Familie, die vor 35 Jahren ein Eigenheim erwarb. Und dies bei stabil tiefen Zinsaussichten, deutlich höheren Löhnen und einem viel grösseren Haushaltseinkommen als vor 35 Jahren.
Kann man angesichts dieser Zahlen tatsächlich und seriös davon
sprechen, das Eigenheim bleibe heutzutage – im Gegensatz zu früher – ein Traum?
Vor allem, wenn man dazu berücksichtigt, dass 1985 noch praktisch keine
Eigentumswohnungen auf dem Markt waren, die in der Regel deutlich günstiger zu
haben sind als Einfamilien- oder Reihenhäuser.