Dienstag, 29. Dezember 2020

Fakten und ihre Interpretation

Aus einzelnen Fakten werden manchmal Interpretationen und aus diesen politische Forderungen abgeleitet, die beide – die Interpretationen wie die Forderungen – einer näheren Betrachtung nicht standhalten. Aber wer macht sich schon die Mühe, sich ein paar Gedanken mehr zu machen, wenn Schlagzeilen so fett, «knackig» und scheinbar derart simpel nachvollziehbar daherkommen?

Es war im Dezember, als einige Medien offensichtlich «Erbarmen» zeigten mit jungen Familien, indem sie feststellten, die aktuellen Immobilienzahlen liessen deren Wunsch nach einem Eigenheim platzen. Im Gegensatz zu früheren Generationen, sei es der heutigen nicht (mehr) möglich, die Mietwohnung gegen Eigentum zu «tauschen».

Was an diesen Meldungen stimmt, ist, dass die Preise für Einfamilienhäuser und für Eigentumswohnungen in der Schweiz in den letzten Jahren mit der guten Konjunktur stark angestiegen sind. Es wurde und wird zwar viel gebaut, aber meist nicht «billig». Werthaltigkeit steht im Vordergrund und dazu eine hohe Beachtung der umwelttechnischen Nachhaltigkeit. Komplexe Systeme mit alternativen Energiequellen, mit Wärmerückgewinnung und nachhaltigen Materialien, mit hohem Wohnkomfort, grossen Räume etc. erfordern einen hohen Land- und einen grossen planerischen und technischen Einsatz – und das wirkt sich auf den Preis aus.

Aber ist das Wohnen im Eigenheim heute tatsächlich viel teurer als vor 35 Jahren? Wer 1985 ein Eigenheim für CHF 800'000 erwarb, müsste – einfach mal die allgemeine Teuerung (gemäss BfS) der Konsumentenpreise eingerechnet – heute für ein vergleichbares Wohneigentum rund 1.2 Millionen Franken bezahlen. In der Nähe urbaner Zentren vor allem sind die Preise jedoch stärker gestiegen und erreichen schon mal 1.4 bis 1.6 Millionen Franken für eine vergleichbare Liegenschaft. Auf dem Land dagegen haben sie sich deutlich schwächer entwickelt.

Die aktuellen Immobilienpreise setzen zwar ein höheres minimales Eigenkapital voraus als 1985. Das Wohnen an sich im Eigenheim ist jedoch heutzutage deutlich günstiger. Die folgende Rechnung geht davon aus, dass die Käufer jeweils 80% des Kaufpreises über eine Hypothek finanzieren:

1985 lagen die Hypothekarzinsen bei 4.5-5%; in den Folgejahren stiegen die Zinsen gar bis über 10% an. Die Zinslast betrug für die junge Familie also 1985 (für die Hypothek von CHF 640'000) zwischen CHF 28'800 und 32'000 pro Jahr; und dies mit steigender Tendenz. Wer heute für sein Eigenheim zum Preis von 1.4 Millionen rund 1.12 Millionen hypotheziert, bezahlt dafür in der Regel nicht mehr, meist sogar weniger als 1% Zins. Also rund 11'000 Franken im Jahr oder knapp 40% jener Familie, die vor 35 Jahren ein Eigenheim erwarb. Und dies bei stabil tiefen Zinsaussichten, deutlich höheren Löhnen und einem viel grösseren Haushaltseinkommen als vor 35 Jahren.

Kann man angesichts dieser Zahlen tatsächlich und seriös davon sprechen, das Eigenheim bleibe heutzutage – im Gegensatz zu früher – ein Traum? Vor allem, wenn man dazu berücksichtigt, dass 1985 noch praktisch keine Eigentumswohnungen auf dem Markt waren, die in der Regel deutlich günstiger zu haben sind als Einfamilien- oder Reihenhäuser.

Donnerstag, 24. Dezember 2020

Frohe Festtage!

Liebe Leserinnen und Leser

Das annus horribilis 2020 neigt sich dem Ende zu. Für Ihr Interesse an meinem Blog danke ich Ihnen herzlich. Ich wünsche Ihnen ein glückliches und gesundes neues Jahr. Bleiben Sie optimistisch, liberal und freiheitsbewusst.

Ihr SO-Blogger

Mittwoch, 23. Dezember 2020

Immer zu spät ist auch konsequent

Dieser Titel ist, zugegeben, etwas pointiert. Aber es entspricht nun mal den Tatsachen, dass die Schweizer Politiker und Behörden dem Corona-Virus seit seinem chinesischen Erscheinen hinterherhinken.

Die jüngsten Beispiele sind

-        Die neue Virus-Variante: mehr als eine Woche, nachdem sie bekannt wurde, reagierten die Schweizer Behörden. Dumm nur, dass bis am letzten Sonntag gemäss Behörden schon rund 10'000 Engländer  (oder Schweizer aus England) hergereist sind, um hier Ferien zu machen bzw. die  Festtage zu verbringen. Die ersten sieben, der ihnen verordneten Quarantänetage haben damit schon gar nicht erst stattgefunden.

-        Die Impfungen: Seit rund einem Monat ist absehbar, dass die Impfungen schneller möglich werden, als es einige Politiker lauthals «besser» gewusst haben. Alle sind sich einig, dass die Impfung Menschenleben retten und das Gesundheitswesen massiv entlasten kann. Und auch, dass hier jeder Tag zählt. Doch nun wird kleinlaut verkündet: «Wir haben nicht damit gerechnet, dass das so schnell geht. Wir sind noch nicht bereit.» Nochmals gehen viele Wochen unnötig in den Beamtenstuben verloren.

-        Die Betagtenheime: Sie haben in der Schweiz in dieser Pandemie ziemlich flächendeckend versagt. Ihre Hygienemassnahmen waren zu large; das Personal offenbar zu wenig vorbereitet. Dies, obwohl gerade diese Einrichtungen mit den jährlichen Grippewellen zu kämpfen haben und damit, dass das extrem leicht übertragbare Noro-Virus regelmässig «zu Besuch» kommt. Da sollte weiss Gott genug Wissen und Erfahrung vorhanden gewesen sein.               

Jetzt lässt sich die Gesundheitsministerin des grössten Schweizer Kantons so vernehmen: Bevor wir in den Heimen impfen können, müssen wir über die Impfung informieren. Wir müssen auch mit den Angehörigen der Heimbewohner Kontakt aufnehmen und ihnen und den Betagten Zeit geben, sich eine Meinung zu bilden. – Wie bitte? Das Virus ist seit 10 Monaten in der Schweiz. Die Impfdiskussionen laufen seit dem Frühjahr/Sommer und die Verantwortlichen für die Betagtenpflege haben noch keine Gelegenheit gehabt, diese Hausaufgaben ordentlich zu erledigen?

 

Und noch einen Hinweis: die Betagten leiden nicht alle unter Demenz und haben sich in den letzten Monaten durchaus eine Meinung bilden können, falls sie wollten. Liegt das Problem etwa darin, ihren Entscheid akzeptieren zu können? (Damit der Blogger nicht missverstanden wird: Im Interesse der Gesamtgesellschaft sollte sich ausnahmslos jede Person impfen lassen – das ist ein bescheidener Beitrag jedes Einzelnen zu Gunsten vor allem der jüngeren und der werktätigen Bevölkerung und deren Zukunft).

 

Stehen wir also an zum Impfen. Und wappnen wir uns mit Geduld. Diese «Ansteherei» könnte länger dauern.

Dienstag, 22. Dezember 2020

Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld?

Die Solothurner Regierung spielt den Krösus. Obwohl die Zahlen seit Tagen leicht rückläufig sind und die Wirkung der jüngst erst vom Bundesrat beschlossenen Massnahmen noch nicht bekannt sein können, verfügt sie einen Lockdown à la Frühjahr 2020. Etwas ist jedoch anders: im Frühjahr verfügte der Bundesrat diese Massnahme aufgrund von Notrecht. Ob die Solothurner Regierung in der aktuellen Lage diese Kompetenz wirklich besitzt oder sich diese bloss anmasst, werden vielleicht die Gerichte entscheiden – vielleicht auch nicht. Sicher ist jedoch, dass hier ein Anderer befiehlt als im Frühjahr und deshalb auch ein Anderer bezahlt. Fragt sich nur, woher unser bis unters Dach verschuldeter Kanton diese riesigen Beträge herholen soll. Einmal, um den nun angerichteten wirtschaftlichen Schaden zu mindern und Arbeitsplätze zu retten und zum Zweiten, um der derart regierungsrätlich aufs Akut-Krankenbett gezwungenen Wirtschaft in den nächsten Jahren wieder auf die Beine zu helfen. Von den in Zukunft nicht mehr fliessenden Steuereinnahmen erst gar nicht zu sprechen.

Haben die im Solothurner Rathaus bloss Panik gekriegt oder leiden sie machtlüstern unter galoppierender Selbstüberschätzung? Glauben sie wirklich, das Volk wird diese Massnahmen derart kurz vor der Impfkampagne – deren richtige Vorbereitung (inkl. rechtzeitiger Kommunikation und Meinungsbildung) auch der Kanton Solothurn kläglich verschlafen hat – einfach so gutheissen und mittragen?

Zudem: Keine Gemeinde des Kantons Solothurn ist mehr als fünf Kilometer von der Kantonsgrenze entfernt. Nur die beiden  Kantone Aargau und Solothurn haben aktuell die Läden flächendeckend geschlossen. Diese Ladenschliessungen lassen sich also sehr leicht umgehen und werden damit «corona-mässig» rein gar nichts bewirken. Das Weihnachtsgeschäft lief schlecht und die Rabatte werden im Januar 2021 höher sein als je - und verlockender. Der Einkaufstourismus in die Nachbarschaft wird boomen. Ähnlich wie im November, als Romands in bisher nie gesehener Zahl in Bern zum Beispiel einkauften.

Weniger einfach lässt sich jedoch – ausser für die Kantonsverwaltung – für viele Firmen das Homeworking arrangieren. Es wird ebenso erneut Geld verschlingen wie all jene Schutzkonzepte, die den Restaurants, Skigebieten und Läden in den letzten Wochen von den Behörden aufgezwungen wurden. Hier sind enorm viele Aufwendungen verlangt worden, die nun mit einem Federstrich für nichtig erklärt werden.

Im Gegensatz zur Verwaltung müssen jedoch diese Kosten, die hier vom Kanton bei der Wirtschaft und beim Gewerbe verursacht wurden, wieder verdient werden. Falls sie sich in vernünftiger Frist nicht (mehr) verdienen lassen, werden die Firmen schliessen und die Arbeitsplätze den Bach runter gehen. All das scheint der Solothurner Regierung egal zu sein. Die Wirtschaft soll jetzt offenbar die kantonalen Vorsorge-Mängel und -Unterlassungen beim Gesundheitswesen und insbesondere die Überforderung der Pflegheime indirekt finanzieren.

Das wird jedoch nicht zum Erfolg, sondern zum wohl corona-mässig ziemlich wirkungslosen Finanzdebakel auf dem Buckel unserer Werktätigen und der jüngeren Generationen führen.

Da bleibt selbst der baldige Wahltermin nur noch ein kleiner Trost.

Blind vor lauter Moralin

Die Realität ist manchmal schwer zu ertragen. Nein, diesmal geht es nicht um Corona. Diesmal geht es um nichts weniger als die Weltpolitik. Dabei masst sich der Blogger nicht an, Rezepte dafür zu haben; bloss ein paar Gedanken erlaubt er sich.

«Macht vor Recht.» Diese Maxime haben sich Länder wie China, Russland oder die Türkei auf die Fahne geschrieben. Nein, nicht im 19. Jahrhundert, sondern 2020. Etliche andere Länder liebäugeln zumindest damit, diese Politik nachzuahmen. Offenbar entschwinden die Millionen Toten des 20. Jahrhunderts als Folge einer sinnlosen Machtpolitik allmählich dem Gedächtnis diverser Machthaber und ihrer Völker.

Es wäre zu erwarten, dass sich die Schweiz auf diese neue Herausforderung und mögliche Bedrohung einstellt. Unsere Politik macht jedoch Ende 2020 den Eindruck, als würde sie diese Entwicklungen nicht wahrnehmen. Die Agenda bestimmen momentan die selbsternannten Moralisten. Hochkonjunktur haben bei uns nicht jene, die sich um die Sicherheit des Landes sorgen, nicht jene, die Arbeitsplätze schaffen oder Produkte kreieren, welche der Menschheit in den nächsten 30 Jahren dienen könnten. Hochkonjunktur haben jene, welche die Moral mit einem barocken Absolutheits-Anspruch für sich reklamieren.

Dabei geht selbst der Satz vergessen, den einer ihrer Vorzeigeschriftsteller einst prägte: «Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral» (Bertolt Brecht). Staatsverträge der Schweiz zum Beispiel müssen deshalb nicht unserer Sicherheit, unserer Sozialen Wohlfahrt, unserer Versorgung und unserem «Fressen» (sprich: unseren Arbeitsplätzen) dienen, sondern in erster Linie der Moral, bzw. den von den Moralisten aufgestellten Moral-Kriterien.

Wer politisch blind ist, wird über kurz oder lang zu Schaden kommen, lehrt uns die Geschichte. Hoffentlich findet die Schweiz rechtzeitig zum Sehen zurück.

Freitag, 18. Dezember 2020

Die Epoche der Schönrednerei?

Wird unsere Zeit einmal als Epoche der Schönrednerei in die Geschichte eingehen? Das Potenzial dazu hätte sie. War der «zweite Sieger» anstelle des «Verlierers» vor Jahrzehnten noch humorvoll oder ironisch gemeint, so schaffen Politiker, PR-Profis und Medien heutzutage laufend neue «schöne» Begriffe, welche die harte Realität übertünchen oder davon ablenken sollen.

So wurden aus «Konkurrenten» in den 90er Jahren «Mitbewerber». Neuerdings sind es – noch «neutraler» formuliert – «Marktbegleiter». Wessen Intelligenzquotient etwas unter dem Durchschnitt liegt, der wurde früher schlicht und einfach als «dumm» bezeichnet. Später wurde daraus «etwas weniger intelligent» oder «lernschwach». Heute heisst das «aus bildungsfernen Schichten stammend» – womit auch gleich die «Schuld» für das eigene Unvermögen dem Schicksal und der Gesellschaft überantwortet wird.

Konsequenterweise gibt es in der Schule denn auch keine Tests oder Prüfungen mehr, sondern «Potenzialmessungen».

Die Ungleichheit der Geschlechter – die in mancherlei Hinsicht sicherlich ungerecht war und teilweise noch immer ist – übertünchen manche mit dem grossen «i» («-Innen») oder dem «Gender-Stern». Andere kreieren Wortschöpfungen wie «Menschin», «Gästin» oder gar «Mitgliederinnen», dass jedem Linguisten die Haare zu Berge stehen.

Um den (tatsächlich vielerorts bedenklichen) Rassismus auszumerzen, werden Begriffe verboten, die seit Jahrhunderten gängig waren. «Neger» oder «Rothaut» sind nur zwei davon («Weisse» gehört offenbar nicht dazu). Aber auch «Schwarze», «Farbige» und viele andere Begriffe sind inzwischen verpönt oder tabu. Sie seien Ausdruck eines falschen Denkens, einer zu verurteilenden Geisteshaltung, wird als Grund genannt. Das stimmt wohl häufig auch und der Rassismus als solcher verdient nur eine klare Verurteilung.

Aber nützen diese linguistischen Korrekturen all diesen Anliegen? Oder werden hier nicht einfach potemkinsche Dörfer, schöne Kulissen aufgebaut, welche die wahre Realität verschleiern? Muss nicht stutzig machen, dass ausgerechnet Potentaten, Nationalisten und ideologisch oder religiös motivierte Weltverbesserer sich genau dieses Mittels seit Jahrhunderten bedienten und weiter bedienen?

Die Realität schön zu reden heisst nicht, die Realität zu verändern. Im Gegenteil. Hier deckt die Sprache Probleme zu, die somit als deutlich weniger störend empfunden werden können und auf diese Weise auch nicht dringend gelöst oder bekämpft werden müssen.

Nur wer die Realität und die Probleme beim Namen nennt, leistet letztlich einen Beitrag zu deren Lösung. Und: Von der Schönrednerei zu den FakeNews ist es nur ein klitzekleiner Schritt.

Dienstag, 15. Dezember 2020

1. April im Dezember

Die Basler ebenso wie die Solothurner und die Luzerner Fasnacht fallen diesen Winter aus. Es gibt wenig zu lachen in Corona-Zeiten. Da ist es doch erfreulich, dass sich die US-amerikanische Wirtschaftszeitung «Forbes» aus New Jersey kurz vor Weihnachten einen kleinen Scherz erlaubt.

Worum geht es?

«Forbes» veröffentlicht jeden Dezember eine Liste der 100 einflussreichsten bzw. mächtigsten Frauen der Welt. Diese Liste beansprucht für sich selbstverständlich höchste Seriosität. Bisher waren darauf keine Schweizerinnen vertreten, obwohl eigentlich diverse Damen eine äusserst erfolgreiche und wichtige Rolle in unserer Wirtschaft und Politik spielen.

Aber das ist diesmal anders. Auf Platz 56 – immerhin knapp nach der besseren Hälfte – steht der Name Simonetta Sommarugas, ihres Zeichens Schweizer Bundesrätin und Bundespräsidentin 2020. In diesem Job ist sie zwar nicht die erste, aber offenbar hat diesmal jemand ihren Namen nach New Jersey gemeldet. Dass bei uns in der Schweiz zum Beispiel die Nationalratspräsidentin die mächtigste Dame der Nation ist, scheint dagegen den Weg über den Atlantik nicht gefunden zu haben.

Oder eben vielleicht doch?

Es kann doch kaum sein, dass die seriöse «Forbes» parteipolitisch auf einem Auge blind ist oder keine Ahnung vom schweizerischen politischen System hat. Deshalb kann es sich nur um einen Scherz handeln, den sich die Amerikaner hier mit unserer Bundespräsidentin erlaubt haben und auf den alle unsere Medien so schön reingefallen sind. Auch im Dezember kann eben der 1. April sein.

Samstag, 12. Dezember 2020

Dieser bundesrätliche Sonderzug holpert bedenklich

Wenn sie einmal damit angefangen haben, können sie nicht mehr loslassen. Es ist wie bei der Drogensucht: Wenn die Politiker einmal damit angefangen haben, ihre Macht auf Kosten des Volkes zu mehren, wollen sie nicht mehr davon lassen. Auch der schweizerische Bundesrat macht da keine Ausnahme. Einmal im Frühjahr zu Notrecht gegriffen und schon spielt er sich auf als Vater/Mutter der Nation und greift in die bestehenden Machtstrukturen in unserem Staat ein wie ein Elefant im Porzellanladen.

Die Regierungsräte vieler Kantone sind sauer und desavouiert. Das Volk weiss nicht mehr, was heute gilt und ob das, was heute so wichtig ist, morgen noch richtig ist. Die Parteichefs hüllen sich in Schweigen, weil sie offenbar nicht mehr aus oder ein wissen. Das Parlament, immerhin die Vertretung des Volkes, macht auch keinen besseren Eindruck und geht erst mal auf eine Art bundeshäuslicher Tauchstation.

Daneben wäre doch alles relativ einfach: Allein die Impfung wird das Corona-Virus stoppen. Deshalb muss schnellstmöglich mit Impfen begonnen werden. Die europäische EMA (das ist die Behörde aus rund 800 Spezialisten, welche die Impfstoffe kontrolliert) wird am 17. Januar mit grosser Sicherheit mehr als einem Impfstoff die Zulassung gewähren. Die amerikanische FDA, wegen dem exorbitanten Haftungsrecht der USA strenger als jede andere Zulassungsstelle, hat gestern Nacht Schweizer Zeit den ersten Impfstoff zugelassen. 

Die Impfstoffherstellerin Moderna bekräftigte, sobald die Zulassung in der Schweiz da sei, werde sie sofort Impfstoffe liefern können. Die Swissmedic sagt von sich, sie arbeite mit Hochdruck an der Prüfung. Die paar Spezialisten, deren Mittel verglichen mit der FDA oder der EMA äusserst bescheiden sind, wollen also prüfen, was andere gleichzeitig ebenfalls prüfen oder gar schon geprüft haben. Erst dann soll die Impfung in der Schweiz möglich sein. Bis dahin nehmen wir noch einmal einen volkswirtschaftlichen Milliardenschaden in Kauf und lassen das Loch in der Bundeskasse nochmals grösser werden. Die Linke freuts: denn auf dieses Riesenloch wird sie glaubwürdig die Forderung nach neuen Steuern und nach Steuererhöhungen draufsetzen können.

Das Parlament hat zur Swissmedic-Praxis offenbar nichts zu sagen. Vielleicht, weil es sich nicht die Frage stellen will, weshalb sich die kleine Schweiz überhaupt eine eigene Zulassungsstelle leistet. Oder weshalb wir von der EMA oder der FDA geprüfte Produkte nochmals prüfen. Denn das bezeichnet man gemeinhin eigentlich als Leerlauf. Umso mehr als wir viele Produkte aus der EU zum Beispiel aufgrund der Staatsverträge so oder so bei uns auch zulassen müssen. 

Und da staunen die Politiker noch, dass sie ebenso wie der Bundesrat täglich mehr an Glaubwürdigkeit verlieren. Und das, gemessen nicht mit irgendwelchen Umfragen, sondern manifest im täglichen Verhalten der Bürgerinnen und Bürger – wie die aktuelle Entwicklung der Corona-Zahlen beweist.

Dienstag, 8. Dezember 2020

Ein staatlicher Maulkorb für das Internet?

Politische Online-Werbung soll verboten werden. Das fordert ein Bündner SP-Nationalrat in einem Postulat, das von Radio und TV-SRF verbreitet wurde. Denn diese Werbung sei intransparent und mithin nicht kontrollierbar. Und wenn schon in Radio und TV keine Politwerbung gestattet sei, sei es nur logisch, diese auch im Internet zu verbieten.

Tönt tatsächlich irgendwie logisch. Jedenfalls auf den ersten Blick. Auf den zweiten fragt man sich, weshalb überhaupt auf den privaten Radio- oder TV-Sendern in der Schweiz politische Werbung verboten ist. Wohl einzig aus Rücksicht auf die öffentlich-rechtliche SRG. Denn dass hier Politwerbung in Konflikt mit der Position und Aufgabe der SRG kommen könnte, leuchtet ein. Ein staatspolitischer Unterscheid zwischen gedruckten Inseraten und solchen in den elektronischen Medien, lässt sich jedenfalls beim besten Willen nicht konstruieren. Das gleiche gilt für bezahlte Plakate.

Dass im Internet Schweizer Recht auf einfachste Weise umgangen werden kann, dürfte jedem klar sein. Dass jedoch genau dieses Internet vor allem für linke und grüne Parteien und Organisationen als Medium für ihre Abstimmungsbotschaften sehr wichtig geworden ist, haben gerade die letzten Jahre und Monate sehr offenkundig vor Augen geführt. So überrascht denn der Vorstoss aus der linken Ecke erst einmal.

Immerhin jedoch liegt es in der linken Tradition, für mehr Staatseingriffe zu plädieren. Nur hält sich (auch) in diesem Fall die Realität nicht ans linke Wunschprogramm. Selbst wenn die UNO ein solches Verbot fordern würde, bliebe es ein toter Buchstabe. Zu leicht liesse sich eine solche Einschränkung – letztlich der Meinungsäusserungsfreiheit – umgehen. Die Durchsetzung solcher oder ähnlicher Einschränkungen der Bürgerfreiheit ist nur für totalitäre Staaten möglich und zum Beispiel im kommunistischen China gang und gäbe. Aber auch dort tun sich immer wieder Lücken auf, die von den unterdrückten Bürgern nur allzu gerne auch genutzt werden.

Wir wollen aber in der Schweiz weder eine staatliche Bevormundung der Bürger noch eine Staatszensur. Und wenn der eine oder andere Politiker, die eine oder andere Partei oder Organisation nach solchen Verboten ruft, dann spricht das meist für kurzsichtiges Denken. Ein kurzsichtiges Denken jedoch, dessen Ergebnis in das Gegenteil von freiheitlich-demokratisch mündet.

 

Donnerstag, 3. Dezember 2020

Durchatmen und Nachdenken, bitte

Die Wirte sind sauer und «versprechen» eine Prozesslawine. Dies weil das Bundesparlament die Vertragssicherheit und -freiheit höher gewichtet hat als den Ruf der Gastwirte nach einer Mietzinsreduktion für die Corona-Lockdown-Monate im Frühjahr.

Mal abgesehen davon, dass die Anwälte für diese Prozesslawine in den meisten Fällen wohl Einiges mehr kosten dürften als die erhofften und nun entgangenen Mietreduktionen.

Mal abgesehen davon, dass etliche Kantone bereits Reduktionen von 60% ins Auge gefasst oder beschlossen haben (weil die Steuerzahler und die Vermieter je 30% übernehmen).

Mal abgesehen davon, dass es viele Gründe für einen Wirtschaftseinbruch geben kann und dass dieses Risiko jeder, der ein Unternehmen sein eigen nennt, kennt und bewusst eingeht.

Mal abgesehen davon, dass es für Betriebsunterbrüche Versicherungen gibt, deren Prämien man in guten Zeiten bereit sein muss zu zahlen.

Mal abgesehen davon, dass kaum eine Branche und kaum ein Unternehmen oder Gewerbe im Jahr 2020 nicht massive Umsatzeinbussen und viele Unternehmen auch grosse Verluste zu verzeichnen haben.

Mal abgesehen davon, dass jedes Unternehmen in guten für die schlechten Zeiten vorsorgen muss – und diese kommen so sicher wie die Aare abwärts fliesst.

Weshalb sollen also ausgerechnet die Wirte eine Sonderbehandlung geniessen und alle anderen Gewerbe und der Handel nehmen die Fakten hin, wie sie eben sind? Weshalb sollen der Steuerzahler und die Hauseigentümer (damit u.a. auch viele Pensionskassen) dafür aufkommen, wenn eine Pandemie übers Land fegt? Das Pandemierisiko wurde jahrzehntelang aktiv kommuniziert. Spätestens nach SARS I hätte jedes Unternehmen sich Gedanken machen und sich wappnen können und müssen. Die Zeit hätte gereicht vor SARS II/Covid 19.

Wenn Bund und Kantone mit Steuergeldern heute die Wirtschaft stützen, damit nicht ein riesiger Scherbenhaufen zurückbleibt, ist dies wohl angebracht (das definitive Urteil darüber wird die Geschichte fällen). Aber nur so lange, als es sich darum handelt, einen verheerenden Flächenbrand zu verhindern. Jedes einzelne Glutnest, jedes einzelne Glutstücken zu löschen kann und darf nie Aufgabe des Staates und damit der Steuerzahler sein.

Auch die Gastwirte profitieren davon, dass die Schweiz viele Milliarden in die Wirtschaft pumpt. Auch die Gastwirte profitieren davon, dass die Schweiz mehr Tote und mehr teure Hospitalisierungen in Kauf nimmt und auf einen zweiten Lockdown verzichtet. Deshalb sollten sie den Steuerzahlern – die notabene auch ihre Kunden bzw. Gäste sind – dankbar sein, statt zu versuchen, ihnen mit Hilfe von Anwälten noch mehr Geld aus der Tasche zu ziehen.