Samstag, 31. Oktober 2020

Das Risiko und die Freiheit

Der Kanton Jura hat kalte Füsse bekommen und schliesst seine Restaurants und Bars. Da fragt sich der «gesunde Menschenverstand»: «Was soll das?» Zuerst tut die Kantonsregierung offenbar zu lange zu wenig und dann plötzlich diese Panikattacke?

(Inzwischen haben andere Kantone nachgezogen. Am Grundsatz ändert das aber nichts.)

Die Jurassier werden bestimmt nicht auf ein Bier oder ein Glas Wein in Geselligkeit verzichten. Die Realität wird sein, dass gesellige Treffen anderweitig stattfinden. Dies umso mehr, als der Kanton eine lange Tradition damit hat: Erinnert sei nur an die Grüne Fee (Absinth). Trotz jahrzehntelangem Verbot war sie nie aus dem Leben der Jurassier und Neuchâteloises verschwunden. Sie war dort immer deutlich präsenter als etwa schwarz gebrannter «Härdöpfeler» in der Deutschschweiz.

Die Jurassierinnen werden zudem die nahen Kantons- und Landesgrenzen nutzen. Im angrenzenden französischsprachigen Teil des Kantons Bern oder im Kanton Neuenburg werden die Restaurants sie gerne als Gäste willkommen heissen. Den Nutzen wird neben der Gastrobranche dieser Region vor allem das Corona-Virus haben. Es wird mit den Jurassiern mitreisen.

Damit resultiert am Ende ein Misserfolg für die Eindämmung des Virus. Und ein weiterer Schaden für die sonst schon enorm schwache lokale Volkswirtschaft im Jura. Wenn sich das Virus im Kanton Jura – wie überhaupt in der ganzen Romandie – derart stark verbreiten konnte (die Zahlen sind im Vergleich zur Deutschschweiz überdeutlich), dann doch wohl, weil sich die Menschen dort kaum an die wichtigsten Vorgaben hielten wie Abstand halten, grössere Zusammenkünfte ohne Schutz vermeiden etc.

Heute beobachtet – irgendwo in der Schweiz: zwei junge Frauen, beide Mütter mit kleinen Kindern, umarmen und küssen sich zum Abschied.

Beides – die Romands und die jungen Mütter – zeigen deutlich: nicht die Politiker oder die Behörden dämmen das Virus ein, sondern letztlich tut dies nur unser Verhalten. Das setzt wiederum voraus, dass uns diese Eindämmung überhaupt wichtig ist; jedenfalls wichtiger als eine Umarmung, ein Kuss oder ein gemeinsames Glas Wein. Setzen aber immer mehr Schweizerinnen und Schweizer andere Prioritäten als die Politiker und Behörden, sollten diese von einer pädagogisch gemeinten Bevormundung abrücken. Wer sich schützen will, kann das weitgehend tun. Selbstverständlich nicht mit einer 100-prozentigen Sicherheit. Diese habe ich aber auch nicht, wenn ich mit der Absicht ins Auto steige, mein Ziel dank sorgfältiger Fahrweise sicher zu erreichen. Schliesslich sind wir nicht allein auf der Welt (unterwegs).

Freiheit geht eben nie ganz ohne Risiko.

Und Nullrisiko gibt es nicht – auch wenn wir die persönliche Freiheit noch so sehr einschränken.

Dienstag, 27. Oktober 2020

Die Post eliminiert sich selbst

Die Schweizer Post ist tatsächlich erfinderisch. Nein nicht darin, neue und nützliche Dienstleistungen für uns alle zu erbringen. Vielmehr darin, uns immer wieder und immer mehr von ihr abzuhalten. Denn wenn niemand mehr auf die Poststelle geht, können alle diese gelben Schalter geschlossen werden.

Neustes Produkt dieser besonderen postalischen Kreativität ist die Zolldeklaration. Der grüne Zettel kann jetzt nicht mehr auf der Poststelle ausgefüllt werden, wenn nötig unter Mithilfe der Schalterbeamtin. Denn schliesslich ist die Post ja ein Dienstleister – oder war es zumindest einmal. Diese Deklarationen sind jetzt nur noch online verfügbar und müssen im Internet ausgefüllt werden. Wer das nicht kann oder sich anmasst, auf der Poststelle eine Dienstleistung zu erwarten, ist eben noch aus dem vorletzten Jahrhundert und noch nicht in der Gegenwart angekommen.

Übrigens: Dass die Post mir vorschreibt, wie viele einzelne Gegenstände ich in meinem Paket ins Ausland schicken darf (das ist kein Witz!), wäre schon lange ein Grund für einen Shitstorm gewesen, wenn auch das bei der Schweizer Post nicht normal wäre. «S’esch gäng so gsy.»

Die Post hat alle Narrenfreiheiten dieser Welt und nutzt sie weidlich – immer weidlicher sogar. Aussen vor bleibt dabei der Service public, dessentwegen dieser Bundesbetrieb am 1. Januar 1849 gegründet worden war. Zunehmend stärker wird jedoch die Überzeugung, dass sich unsere Schweizer Post in dieser Form(schwäche) überholt hat. Und der Verdacht liegt nahe, dass sie das selbst weiss und deshalb alles unternimmt, um ihre Daseinsberechtigung möglichst rasch zu eliminieren.


Samstag, 24. Oktober 2020

Was die Einen dürfen ...

Überall sieht man sie: sie hängen an Gebäuden, aus den Fenstern, an Balkonen, an denkmalgeschützten Kirchen und Kirchtürmen, an Gartenzäunen, an Bäumen etc. Diese orangen Fetzen werben aber nicht etwa für die CVP, sondern für eine Volksinitiative der Juso. Weshalb die Kirchen ausgerechnet mit Jenen gemeinsame Sache machen, die alles Religiöse verachten und die Kirchen am liebsten abschaffen würden, sei hier mal als Frage stehen gelassen. Warum die Kirchen seit Jahrzehnten stillschweigend-dankbar das Geld von jenen Unternehmen entgegennehmen, deren Geschäftspraxis sie nun anprangern, ist ja schliesslich auch eine unbeantwortete Frage.

Seit Wochen schon fallen die orangen Kleintransparente ins Auge. Und der Durchschnittsbürger fragt sich ernsthaft, welche neue «Praxis» hier eingeführt oder zumindest fürs Erste mal flächendeckend toleriert wird. Für Wahlplakate bestehen ganze Listen von Verordnungsregelungen. Hauseigentümer und die öffentliche Hand regeln an sich klar, was wo rausgehängt werden darf und was nicht. So ist das Aufhängen von Wäsche an Sonn- und Feiertagen in vielen Gemeinden untersagt. Und das Plakatieren an Mehrfamilienhäusern ist es ebenso rigoros.

Selbst wenn ich an meinem eigenen Einfamilienhaus eine Werbung anbringen will – egal ob gegen bares Geld oder gratis – benötige ich dazu eine Baubewilligung. Auch dann, wenn ich für meine eigene Pizzeria oder meine Bar werben will. Selbst wenn ich mein Auto als fahrende Werbefläche nutzen will, redet das Strassenverkehrsamt mit. Ordnung muss schliesslich sein. Nicht aber im Fall der Unternehmensverantwortungsinitiative, über die wir Ende November abstimmen werden und deren wilde Plakate bzw. Planen bereits seit rund zwei Monaten rumhängen.

Stellen Sie sich einmal vor, Ihr Nachbar hängt einen Fetzen aus dem Fenster, um für den Kaninchenzüchterverein zu werben? Oder er tapeziert den Balkon mit Werbebotschaften für den lokalen Musikverein – oder für den FC Bayern, für Servelats vom Grill, für sein Sportbike, für seinen PS-starken Sportwagen, für die Partei XY, gegen alle Rassisten, für alle Farbigen etc. etc. Stellen Sie sich einmal unsere Dörfer und Städte vor mit dieser «Hängerei».

Warum haben wir das alles – ein solches farbliches und inhaltliches Tohuwabohu – nicht schon lange? Weil Hunderte von Gesetzes- und Verordnungsartikel und eine Fülle an Reglementen genau das zum Schutze unserer Ortsbilder und eines friedlichen Zusammenlebens von uns Allen verbieten bzw. strikte regeln.

Nur in diesem Fall scheinen alle, die sonst bei der kleinsten Unregelmässigkeit sofort zur Stelle sind, sämtliche Augen zuzudrücken und konsequent wegzuschauen. Wenn künftig eine Partei die Wahlplakate zwei Monate zu früh raushängt, wird sie dann auch nicht (mehr) gebüsst? Ist das jetzt zur Nachahmung empfohlen oder gilt etwa in unserem Land, in unserem Kanton nicht für alle das gleiche Recht?

Donnerstag, 22. Oktober 2020

Vermisst wird: "Mut zur Zukunft"

Im nächsten Frühjahr wählt der Kanton Solothurn wieder. Es werden dabei die bekannten Programme der bekannten Parteien vorliegen und niemand wird überrascht sein: die Grünen wollen uns bevormunden, die Roten träumen vom «Väterchen Staat», die Schwarzen von allem ein wenig, die Dunkelgrünen sehen das Heil in der Abschottung der Schweiz und die Gelben sind sich mal wieder nicht ganz einig.

Die jüngsten kantonalen Wahlen lassen den Schluss zu, dass – wohl auch mangels anderer Themen – noch immer «grün» im Trend liegt. Dabei wäre eigentlich nicht Träumen von einer grünen Welt angesagt, sondern Handeln zugunsten einer lebenswerten Zukunft. Klimainvestitionen und einen teuren Sozialstaat können wir uns nur leisten, wenn wir das Geld dafür auch verdient haben. Der Fokus müsste also auf einer gesunden Wirtschaft und entsprechenden Rahmenbedingungen liegen. Den nachfolgenden Generationen einen Haufen Schulden zu überlassen ist ebenso egoistisch wie wenn es eine kaputte Umwelt ist.

Die letzten 75 Jahre haben überdeutlich gezeigt, dass gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen und effiziente Bildungseinrichtungen die Grundlage allen Wohlstands darstellen. Darin unterscheidet sich die Schweiz nicht vom Rest der Welt. Die Schweiz hat noch nie so viel in Bildung und Forschung investiert wie heute. Das ist super. Doch was ist mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen? Hier hat sich allein in den letzten 25 Jahren allerhand zum Schlechten entwickelt. Nicht in grossen Schritten – aber schleichend. Ein Befreiungsschlag täte wirklich not.

Einen solchen würde die Forderung darstellen, dass die Unternehmen in einem ersten Schritt von den Kirchensteuern und in einem zweiten Schritt von den Substanz- und Ertrags- bzw. Gewinnsteuern befreit werden. Eine Revolution wäre dies nicht. Denn die Unternehmen bezahlen ja trotzdem weiterhin Steuern (die Mehrwertsteuer z.B.) und Abgaben. Aber es würden auf einen Schlag viele Millionen Franken frei werden für private Investitionen in neue Ideen und damit in neue Arbeitsplätze.

Da schreit die Linke schon: «Das geht auf Kosten der restlichen Steuerzahlerinnen!» Nein! Ein «Unternehmen» selbst zahlt niemals Steuern. Es sind die Arbeitnehmer, die mit ihren Ideen und ihrer Leistung das erarbeiten, was der Staat mittels Steuern aus dem Unternehmen abschöpft. Es ist eigentlich das Geld der Mitarbeitenden. Bliebe es im Unternehmen, könnten damit die Löhne erhöht, die Produkte für die Konsumenten verbilligt und/oder neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Damit würde das Gesamtsteuersubstrat des Staates nicht merklich sinken. Aber Arbeitsplätze würden sicherer, Löhne besser und der allgemeine Wohlstand würde zunehmen.

Es gibt unzählige Ökonomen, die genau dies seit Jahren nicht nur fordern, sondern diese Forderung auch mit entsprechenden Fakten untermauern. Die Politik muss nur umsetzen, was hier schon lange als die optimalste Möglichkeit zur Sicherung des Wohlstandes auf dem Tisch liegt. Gefordert ist einzig Mut; Zivilcourage, das umzusetzen, was die Vernunft gebietet. Es wäre ein Wahlprogramm, das zwar für hitzige Diskussionen, aber auch für eine klare Profilierung sorgen würde. In der aktuellen Coronakrise wäre es aber das einzig richtige Wahlprogramm, weil es unseren Kanton in eine erfolgreiche Zukunft führen würde.

Sonntag, 18. Oktober 2020

Der Vorsprung bröckelt - Rezepte fehlen

Die Schweiz wurde bis vor kurzem in den Ratings der Wirtschaftsstandorte sehr weit oben geführt. Dieser Vorsprung, der für ein kleines Land so überlebenswichtig ist, bröckelt nun bedenklich dahin. Und das Bröckeln beschleunigt sich gar noch. Teilweise sind wir es selbst, die dieses Bröckeln verursachen. Das Parlament und der Souverän heissen immer wieder Massnahmen gut, die unsere Wirtschaft einengen, die Mehrkosten verursachen oder die Möglichkeiten unserer Wirtschaft auf dem Weltmarkt durch gesetzliche Einschränkungen wie Exportverbote beschneiden. Laufend werden zudem im Salami-Prinzip Mehrkosten für unsere Wirtschaft beschlossen; sei dies im Sozialbereich (Altersvorsorge, Zusatzkosten IV und Arbeitslosenversicherung, Zusatzkosten EO wegen Mutter- und Vaterschaftsurlaub etc.) oder durch neue und zusätzliche administrative Auflagen oder über höhere Steuern.

In einigen Kantonen – so auch in Solothurn – wurde mindestens im Fiskalbereich für die Unternehmen leicht Gegensteuer gegeben. Aber wird dies anhalten? Was nützt das, wenn gleichzeitig wegen der Corona-Folgen die kantonalen und kommunalen Steuertarife in den kommenden Jahren (wieder) erhöht werden?

Im Hintergrund lauert zudem die OECD, die unter dem Druck der grossen, bevölkerungsreichen Staaten die Steuervorteile der Schweiz verbieten will. Gleichzeitig sollen Milliarden an Steuereinnahmen von der Schweiz an grosse Nationen wie USA, Deutschland, Frankreich u.a. transferiert werden. Hier erstaunt, wie gelassen dem ALLE Schweizer Parteien entgegenblicken: von rechts bis links sind weder ernstzunehmende Wortmeldungen noch klare Lösungsansätze zu verorten. Die Verantwortlichen können sich aber nicht erst überlegen, was zu tun wäre, wenn die Bundeskasse und jene der Kantone und Gemeinden gähnend leer sind. Präventives Handeln ist angezeigt in einer Situation, die in Riesenschritten auf uns zukommt.

Die Parteien, das Parlament und der Bundesrat erwecken jedoch den Anschein, als könnten wir ohne weiteres wie bisher fortfahren. Da werden Finanzpläne geschmiedet und Steuerprognosen gewagt, ohne dass diese anstehenden internationalen Beschlüsse berücksichtigt werden. Und niemand steht mutig hin und sagt dem Souverän, dass die sieben fetten Jahre bald vorbei sein werden. Dass ein Ausbau der Altersvorsorge und weiterer Sozialwerke zur völligen Illusion wird, weil künftig Löcher in den Kassen klaffen werden, die in ihrer Grösse eher an Krisenstaaten als an gesunde Schweizer Staatsfinanzen erinnern. Draussen braut sich ein schweres wirtschaftspolitisches Unwetter zusammen und die Schweizer Politikerinnen schlafen den Schlaf der Gerechten – entweder weil der Mut, weil Rezepte und Ideen fehlen oder weil ihnen der Berg zu hoch und unüberwindlich erscheint.

Wo bleibt da die Verantwortung gegenüber diesem unserem Land und gegenüber uns Schweizerinnen und Schweizern? Wir werden die Zukunft nicht im Schlafwagen bewältigen können.

 

Mittwoch, 14. Oktober 2020

Vorwürfe und Suggestion anstelle von Fakten

Mantra-gleich haben es nach einem Beitrag der SRF-Rundschau die TV- und Radionachrichten unzählige Male wiederholt: Die Firma M (der Name tut hier nichts zur Sache) verlangt für die Sanierung des Lötschbergscheiteltunnels fast doppelt so viel wie sie ursprünglich offeriert hatte.

Suggeriert wird damit, dass die Firma M die BLS bzw. den Schweizer Steuerzahler übers Ohr gehauen oder mindestens ungehörig viel Geld verdient hat mit diesem Auftrag. Etwas nuancierter tönt es dann Stunden später in einem Interview von SRF mit dem BAV-Direktor Peter Füglistaler (warum eigentlich nicht mit dem BLS-Verantwortlichen oder mit der Firma M?). Der BAV-Direktor beteuert vorerst mal seine «Unschuld» an diesem Ereignis, indem er betont, sein Amt könne ja nicht alle Bauprojekte einzeln überwachen.

Dann wiederholt er, was bereits ein BLS-Bericht offenbart hat: «Fehler bei der Ausschreibung». Da habe «offenbar die Baufirma die besseren Bestimmungen im Vertrag als die BLS». Wie ist denn das nun zu verstehen, wenn die BLS grobe Fehler gemacht hat? Am Ende des Gesprächs nochmals ein Vorwurf an die Adresse der Firma M: Das sei eine «schlechte Offerte» gewesen. Aber bitte: Wenn die Ausschreibung fehlerhaft war, ist es denn nicht enorm schwierig zu offerieren und ist dann eine faire Beurteilung der Offerte aus der Ferne (das BAV war ja nicht direkt beteiligt; siehe oben) nicht so gut wie unmöglich?

Umso mehr als Füglistaler auch betont, dass der Kostenvoranschlag, wenn das Projekt «von Anfang an seriös aufgegleist» worden wäre, realistischerweise «eher in der Höhe von 150 als den 90 Millionen» gelegen hätte. Also was jetzt?

Die Sanierung eines Altbaus – der fast 15 Kilometer lange Lötschbergscheiteltunnel wurde 1913 eröffnet – ist immer mit tausend Unwägbarkeiten verbunden. Wer schon einmal ein altes Haus umbaute oder sanierte, weiss das mehr als genug. Nicht alles aus der grauen Vorzeit ist (richtig) dokumentiert. Laufend kommen neue Überraschungen ans Licht. Und unablässig stellt sich die Frage, was alles modernisiert werden soll und muss. Dabei bleibt die Unterscheidung zwischen dem heute Nötigen und dem mittelfristig wirtschaftlich Sinnvollen eine Gratwanderung. Wenn dann wie in diesem Fall auch noch die Ausschreibung mangelhaft ist, wird ein zielgenauer Abschluss des Projektes absolut unmöglich. 

Es spricht weder für die Rundschau noch den BAV-Direktor, wenn geurteilt wird, bevor alle Fakten auf dem Tisch liegen. Befremdend wirkt jedoch, wenn der BAV-Direktor bereits vorschnell suggeriert, dass das ausführende Unternehmen eine (Mit-)Schuld trifft und dies nicht einmal mit Fakten begründet. Es kann am Ende nicht darum gehen, dass ein Projekt der öffentlichen Hand dann gut gelaufen ist, wenn die Privatwirtschaft anstelle der öffentlichen Hand – trotz Fehler der Letzteren – einen Schuh voll (Verlust) herausgezogen hat. Eine gute und damit für alle Seiten nachhaltig erfolgreiche Partnerschaft zwischen Bund und Wirtschaft sieht jedenfalls anders aus.

Samstag, 10. Oktober 2020

Idealismus gibt's nicht ohne (Kosten-)Realität

Die alten Römer hatten ein überaus geachtetes und für ihre Zeit ausserordentlich faires Rechtssystem geschaffen. Vieles davon ist heute noch ein zentraler Grundbestandteil unseres Rechts. Ein Axiom, das bis heute bei uns geläufig und weit über die juristischen Kreise hinaus bekannt ist, lautet: «In dubio pro reo.» Zu Deutsch: «Im Zweifel für den Angeklagten.» Daraus leitet sich u.a. der Grundsatz ab, dass der Angeklagte nicht seine Unschuld, sondern der Rechtssaat ihm seine Schuld beweisen muss.

Eine Maxime, die etwa beim Steuerrecht für uns alle ausserordentlich wichtig ist: Wie mühsam wäre es doch, müssten wir jährlich dem Staat gegenüber beweisen, dass unser Einkommen im Veranlagungsjahr nicht grösser war, als in der Steuererklärung eingetragen. Und dass auch unser Vermögen präzis der deklarierten Zahl entspricht. Das würde uns jährlich viele Stunden Arbeit und viel Papier kosten und würde den Aufwand für die Steuererklärung vervielfachen. Oder wie schwierig wäre es für uns, müssten wir bei jeder Autofahrt beweisen, dass wir nicht schneller als erlaubt von A nach B gefahren sind.

Die Unternehmensverantwortungs-Initiative (von den Befürwortern aus abstimmungstaktischen Gründen «Konzernverantwortungs-Ive.» genannt) verlangt aber genau das von unseren Unternehmen. Sie sollen künftig beweisen müssen, dass sie alles richtig gemacht, nirgends das Gesetz gebrochen und alle Regeln eingehalten haben. Das stellt nicht nur unser Rechtssystem auf den Kopf, es wird auch einen hohen Aufwand verursachen und viel Geld kosten. Zahlreiche ausländische Firmen werden sich fragen, ob sie die Schweiz unter diesen Bedingungen noch beliefern wollen. Sie werden den Aufwand auf die Warenkosten schlagen oder auf unseren im internationalen Vergleich lediglich kleinen Markt verzichten. Und dass das nicht unrealistisch ist, zeigen etwa die Schweizer Banken, die US-Amerikaner nicht mehr als Kunden wünschen, weil die Vorgaben der USA zu viel Aufwand und damit zu hohe Kosten verursachen. Immerhin gibt es fast 400 Millionen US-Amerikaner oder fast 50-mal mehr als Schweizer...

Manche Schweizer Firma dagegen wird sich die Frage stellen, ob eine Verlagerung ins Ausland unter diesen Umständen ihre Position auf dem Weltmarkt nicht entscheidend verbessern würde. Und damit werden die einen um unser Land einen Bogen machen und andere wegziehen. Was bleiben wird, sind Stellenabbau und Stellenverlust, tiefere Steuereinnahmen, höhere Sozialkosten, Löcher in der Staatskasse und noch grössere Löcher in den Sozialversicherungen.

Das ist die Kosten-Realität dieser Medaille. Die andere Seite, die idealistische, glänzt zwar schön. Keine Realistin wird sich jedoch von diesem Glanz täuschen lassen, weil sie weiss, dass Medaillen mit nur einer Seite so unmöglich sind wie das «perpetuum mobile». 

Donnerstag, 8. Oktober 2020

Das notorische Vorgaukeln des "free lunch"

«There ain’t no such thing as a free lunch», sagen die Engländer. Zu Deutsch: Gratis gibt es nichts auf dieser Welt. Das wissen bereits die Kinder. Trotzdem gibt es immer wieder Politiker, die der Welt suggerieren wollen, dass gratis zu haben sei, was sie anbieten. In der Schweiz sind das vorwiegend jene, die Initiativen ergreifen und dafür Abstimmungskampf betreiben. Ein Beispiel gefällig? Nun, es sollen gleich 3 aktuelle Beispiele sein:

1.      Die Zweitwohnungsinitiative

2.      Die Kriegsmaterial-Initiative

3.      Die Konzernverantwortungsinitiative

 

Zur Zweitwohnungsinitiative

50.6% der Stimmberechtigten, die meisten davon in den Städten oder Agglomerationen lebend, haben mit ihrem Ja zu dieser Initiative der Bergbevölkerung mehr Arbeitslosigkeit, weniger berufliche Möglichkeiten und ein sinkendes Einkommen beschert und sie haben den Wert der Erst-Immobilien reduziert, während sie den Wert ihrer Zweitwohnungen in den Bergen erhöht haben. Der Bergbevölkerung wurde suggeriert, man wolle bloss die schöne Natur erhalten und davon würden alle profitieren. Diesen Lunch der Städter bezahlen – das haben nun Erhebungen gezeigt – eindeutig jene, die zufälligerweise dort heimisch sind, wo die Städter gerne ausspannen.

Zur Kriegsmaterial-Initiative

Ein gutes Gewissen zu haben ist förderlich für meinen gesunden Schlaf. Für mich ist es dann besonders günstig zu haben, wenn Andere dafür bezahlen. Bezahlen werden mein gutes Gewissen in diesem Fall zusammen mit der Nationalbank SNB alle AHV- und BVG-Rentner (die künftigen inbegriffen), viele Schweizer mit dem Verlust ihrer Stelle – und letztlich alle Steuerzahlerinnen.

Zur Konzernverantwortungs-Initiative

Auch hier kostet mein gutes Gewissen – falls ich denn überhaupt eines haben kann, wenn Andere die gute Tat vollbringen – am Ende viel Geld. In der Schweiz werden Arbeitsplätze verloren gehen und damit die Steuereinnahmen sinken. Gleichzeitig werden die Sozialkosten steigen und damit die Steuern erhöht werden.

Alle drei Initiativ-Komitees versprechen das Gute – von den Kosten dafür sprechen sie natürlich nicht. Diese folgen aber so sicher und konsequent wie das Amen in der Kirche. Und noch etwas: alle drei Initiativen wollen, dass Andere Opfer bringen bzw. Gutes tun, damit ich ein ruhiges Gewissen haben kann. Eine neue Art der Selbst-losigkeit quasi. Hier hat jemand den Philosophen Immanuel Kant und seine berühmte Maxime des Handelns («kategorischer Imperativ») definitiv falsch verstanden.

 

Dienstag, 6. Oktober 2020

Die Andern sollen müssen

Die Grünen gebärden sich hierzulande im Gegensatz etwa zu ihren Deutschen Namensvettern fast ausnahmslos als grünes, ethisch unterlegtes Gewissen mit dem alleinigen Anspruch auf die reine – und das heisst, auf die grüne Wahrheit und mit einem ungebremsten missionarischen Drang. Mit dieser schon beinahe religiös anmutenden Position, die auch gerne die massive Verurteilung all jener umfasst, die nicht reinen Glaubens sind, unterscheiden sich die Grünen eklatant von anderen politischen Parteigängern.

Doch wie häufig bei solchen Gruppierungen, wird mehr gepredigt als selber befolgt. Elektroautos stehen bei den Grünen wohl etwas häufiger in der Garage als bei anderen Parteigängerinnen. Trotzdem werden die «Elektromobilen» sicherlich deutlich in der Minderheit sein. Das trifft auch für Freizeithobbies wie Motorradfahren zu. Wohl auch bei den Grünen beliebt. Ebenso unbeliebt wie anderswo dürfte dagegen auch bei ihnen der Verzicht sein. Verzicht auf Mobilität etwa oder Verzicht auf nicht-regionale und nicht-saisonale Lebensmittel. Die Liste liesse sich beliebig fortsetzen.

Denn letztlich sind selbst grüne Parteigänger auch bloss Menschen. Und diese neigen eben zum Weg des geringsten Wiederstandes bzw. zur Bequemlichkeit. Wieso sollen da ausgerechnet die Grünen eine Ausnahme machen? Das verlangt auch niemand von ihnen. Bloss sollten sie damit aufhören, von allen anderen Menschen unaufhaltsam (neue) Opfer zu verlangen, die sie selber nicht zu tragen bereit sind.

Ihr Forderungskatalog ist lang und wird laufend ergänzt. Doch Begriffe wie Freiheit und Selbstverantwortung kommen darin nicht vor. Und: Selbst wer «heilig» ist muss noch «heiliger», pardon: grüner werden. Ist eine Forderung erfüllt, folgen ihr zehn weitere auf dem Fuss. Auch das ist nicht neu – gerade für Gruppierungen, die für sich die Wahrheit gepachtet haben wollen. Nur nützt es der Umwelt nichts, mit dem Finger auf die anderen Menschen zu zeigen und unrealistische Forderungen zu stellen. Wer sich so verhält, gelangt (zu) rasch zur letzten aller Forderungen: der Mensch ist ein Umweltschädling und sollte deshalb am besten von der irdischen Bildfläche verschwinden. Blöd nur, dass ihn seine schädlichen Einflüsse auf die Umwelt überdauern. Und blöd auch, dass selbst die Grünen nicht dazu bereit sind, auf Kinder zu verzichten…

Es wäre deshalb besser, auch die Schweizer Grünen würden etwas pragmatischer. Etwas mehr Vernunft und deutlich weniger Mission würde für sie – und letztlich auch für die Umwelt – durchaus nützlich(er) sein.

Sonntag, 4. Oktober 2020

Glacéhandschuhe für linksextreme Gewalttäter?

Soeben warnte der Bund davor die linksextreme Gewaltszene zu unterschätzen. Er wies darauf hin, dass sie zum Beispiel Demonstrationen unterwandern würden. 2019 gingen zudem 115 Gewaltakte auf das Konto der Linksextremen. Das sind mehr als 2 pro Woche. Rechtsextreme Gewaltakte wurden fast keine verzeichnet (1) – so wie das eigentlich in einem friedlichen demokratischen Land sein sollte.

Linksextreme unterwandern aber nicht nur Demonstrationen; sie verhindern auch jene, die ihnen politisch nicht in den Kram passen. So geschehen in diesem Jahr in Zürich. Und es soll sich im nächsten Jahr wiederholen, falls nicht - wie auch schon - das Bundesgericht ein Machtwort spricht. Die linken Kernstädte Zürich, Bern oder Basel haben die Linksextremen jahrelang mit Samthandschuhen angefasst. Bei Übergriffen wurde stets die Polizei kritisiert. Die Gewalttäter stellten sich als Opfer dar und die Stadtregierungen akzeptierten das so. Sie unterstützten sie sogar regelrecht dabei.

Und nun stellt der Zürcher Polizeikommandant fest, die linksextremen Gewalttäter legten «eine Dynamik an den Tag, die nicht mehr berechenbar ist» (NZZ, 2. 10. 2020). Deshalb sei auf gewisse Demonstrationen zu verzichten. Die könnten ja im digitalen Zeitalter aufs Internet ausweichen. Hat man solche Aussagen schon einmal gehört, wenn die Linksautonomen zum Beispiel in Bern einer ihrer regelmässigen «Abendspaziergänge» inszenieren, die nicht nur unbewilligt und damit illegal sind, sondern meist eher einem Saubannerzug als einer politischen Demonstration gleichen? Kennt der Polizeikommandant das Demonstrationsrecht überhaupt? Es mit dem Internet zu relativieren ist doch ein sehr starkes Stück für einen Staatsbeamten in seiner Position.

Zürich (Bern, Basel etc. werden wohl bald folgen) verbietet also faktisch jede politische Demonstration, die nicht ins linke oder linksextreme Ideologie-Schema passt. Wo bleiben da der Rechtsstaat, die Rechtsgleichheit und die Demokratie? Das ist ein gefährlicher Anfang bei der Beschneidung der politischen Recht und der Meinungsfreiheit. Wenn sich Links-Grün so die Schweiz der Zukunft vorstellt, muss sich jeder ehrliche Schweizer Demokrat ernsthaft fragen, ob solche Parteien wählbar sind. Geht diese Entwicklung weiter, wird künftig an der Urne zwischen Links-Grün und der Demokratie zu entscheiden sein. Ist es wirklich das, was diese Parteivertreter und -ideologinnen wollen?

 

Freitag, 2. Oktober 2020

Grünkraut auf Links-Verordnung

Möchten Sie, wenn Sie krank im Spital liegen oder wenn Sie die letzten Monate Ihres Lebens im Alterspflegeheim verbringen, auf Vieles verzichten, was Ihnen auf dem Teller ein Leben lang lieb und teuer war? Wohl kaum. So in etwa stellen sich das jedoch zwei Zürcherinnen vor, zwei Gemeinderätinnen der Stadt Zürich. Die beiden, eine ist Mitglied der Sozialdemokratischen und eine der Grünen Partei, wollten, dass der Zürcher Stadtrat in allen 459 (sic!) städtischen «Verpflegungsbetrieben» (Heime, Pflegezentren, Spitäler etc.) nur noch vegane und vegetarische Kost serviert.

Das heisst, die beiden wollten, dass ein paar tausend Menschen nur noch das essen dürfen, was sie als Politikerinnen aufgrund ihrer Ideologie für richtig erachten. Genauso gut könnte Dr. Bircher – wenn er noch leben würde – für uneingeschränkten Birchermüesli-Konsum plädieren. Oder die Bäcker für absatzfördernden Brotkonsum, die Bauern für eine Diät aus Erd- und anderen Äpfeln und die Metzger für eine Servelat-Kur.

Schlimm nur, dass die beiden Frauen das wirklich ernst gemeint haben. Und noch schlimmer, dass die Stadt Zürich tatsächlich eine «Ernährungsstrategie 2030» verabschiedet hat, die in diese Richtung zielt. Die linken Politiker wollen uns also allen Ernstes künftig vorschrieben, was wir zu essen haben. Wahrscheinlich wird das Trinken dem auf dem Fuss folgen und nur dem gewohnt starken Lobbying der Schweizer Weinproduzenten wird es wohl einmal zu verdanken sein, dass wir nicht auch noch auf ein Glas Wein verzichten müssen.

Die Bevormundung geht also – mit oder ohne Corona – munter weiter. Gemäss Links-Grün sollten wir alle mit der Geburt sämtliche (Freiheits-)Rechte ihren Parteiideologen überlassen und ein Leben lang bloss staatlich gelenktes, unmündiges Wesen sein. Nur ja kein selbstverantwortlicher und selbständig denkender und handelnder Mensch. Nun, ganz überraschend ist das nicht. Sowas haben doch die im Osten bereits seit rund 100 Jahren versucht. Der katastrophale Misserfolg spricht zwar nicht für ein solches Staatssystem. Die Schweizer Linke scheint das jedoch noch nicht bemerkt zu haben.