Die öffentliche Hand kauft auf den Märkten täglich Waren und Dienstleistungen ein. Sie tut dies nach den Regeln des Submissionsgesetzes. Im Jahr 1995 trat das heute gültige Bundesgesetz in Kraft. Der Staat müsse das «wirtschaftlich günstigste» Angebot berücksichtigen, steht dort u.a. Wer bei der Verwaltung «einkauft», hat jedoch häufig eine juristische, eine ökonomische oder eine Verwaltungs-Ausbildung genossen. Damit sind dann irgendwelche Waren, ICT-Leistungen und -Geräte ebenso wie Brücken, Tunnels, Strassen oder andere öffentliche Bauten zu evaluieren.
Bei der Evaluation spielen die Lebensdauer und die Betriebs- und Unterhaltskosten über die gesamte Lebens- bzw. Gebrauchsdauer eine oder gar die entscheidende Rolle. Dies einigermassen zuverlässig anhand der vorliegenden Offerten beurteilen oder gar errechnen zu können, setzt jedoch eine sehr hohe Kompetenz und Erfahrung im jeweiligen Fachgebiet voraus.
Weil diese nicht immer gegeben ist, hat sich sehr rasch eingebürgert, dass die öffentliche Hand in der Mehrzahl der Fälle anstelle des «wirtschaftlich günstigsten» einfachheitshalber das preislich billigste Angebot berücksichtigt hat. Und das nun während 25 Jahren. Was billig ist, muss nicht a priori schlecht sein – aber in den allermeisten Fällen ist es eben qualitativ weniger gut als teurere Waren oder Dienstleistungen. Aber wenn sich in 10, 20 oder gar in 40 Jahren herausstellt, dass der damalige Einkauf ein Fehleinkauf war, kümmert das den damaligen Einkäufer nicht mehr. Falls er überhaupt noch im Amt ist. Zudem wird niemals der Einkauf in Frage gestellt und der Einkäufer zur Verantwortung gezogen, sondern stets der Lieferant. Und der haftete eben nur bis zum Ablauf der Garantiefrist. Nicht selten wird der Einkäufer noch dafür gelobt, dass er beim Einkauf Geld gespart hat. Weil sich niemand darüber Rechenschaft gibt, dass bei einem Bauwerk zum Beispiel, das 50 Jahre seine Aufgabe erfüllen soll, nicht der Einkaufspreis entscheidend ist. Hier fallen die Betriebs- und die Unterhaltskosten um ein Vielfaches stärker ins Gewicht.
Es ist deshalb kein Zufall, dass etwa die SBB, die den Einkaufspreis sehr hoch gewichten und als Monopolbetrieb von ihren Lieferanten gerne weitere Rabatte verlangen, immer mal wieder deutlich mangelhafte Ware eingekauft haben. Der FV-Dosto von Bombardier lässt grüssen. Und es ist nicht weiter erstaunlich, dass gerade bei den eher seltenen und technisch enorm anspruchsvollen, weil hochkomplexen Spitalbauten (Frauenspital Bern, Bürgerspital Solothurn etc.) Fehler passieren. Es ist eine altbekannte Tatsache: Wer (zu) billig einkauft, hat mehr Ärger mit Garantieleistungen und Mängeln. Jeder kennt das vom Privatkonsum her bestens.
Der Bund hat jetzt das Submissionsgesetz revidiert; besonders in diesem Punkt. Bleibt zu hoffen, dass in Bälde beim Einkauf wieder die Qualität im Vordergrund stehen wird. Denn unsere Steuerfranken sind zu wertvoll für Billigware. Besonders schädlich für unsere Volkswirtschaft ist dabei, wenn ausländische Billigware der schweizerischen Qualitätsware vorgezogen wird. Ärgern über Fehleinkäufe werden wir uns aber noch eine Weile – und nicht immer liegt eben der Hauptfehler beim Lieferanten; nur allzu häufig liegt er beim Einkäufer.
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