Der Kanton Bern offeriert dem Kanton Solothurn in diesen Wochen eine goldene Chance, sich als Standortkanton neben dem grossen Bruder zu empfehlen und zu profilieren. Denn Bern erhöht seine Liegenschaftsbewertungen per sofort massiv und drückt damit auch die Vermögens- und die Einkommenssteuern seiner Bürger empfindlich nach oben. Und dies ungeachtet der Tatsache, dass sehr viele Steuerpflichtige in diesem Jahr sowieso weniger Geld im Portemonnaie haben als im Vorjahr, viele von Kurzarbeit betroffen sind und zahlreiche gar ihre Stelle verlieren. Dabei sind die Aussichten auch nicht rosiger: Tausende von Stellen werden noch verloren gehen. Die Schweiz wird wahrscheinlich die tiefste und möglicherweise auch die längste Rezession erleben seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, also seit fast 50 Jahren.
Genau jetzt aber hat der Kanton Bern entschieden, seine Steuern zu erhöhen. Und das nicht zu knapp. Liegenschaftsbesitzerinnen und Wohnungseigentümer werden zur Kasse gebeten – ungeachtet der Tatsache, dass sich ihre wirtschaftliche Situation in vielen Fällen sogar deutlich verschlechtert hat. Das fällt besonders ins Gewicht, weil Bern die Eigentümer gleich mehrfach zur Kasse bittet: Neben der Vermögenssteuer und dem Eigenmietwert kennt der Kanton auch die Liegenschaftssteuern und häufig auch noch die veraltete Schwellenabgabe.
Volkswirtschaftlich betrachtet könnte man dieses Vorgehen des Kantons Bern angesichts der Aktualität als «staatliche Rezessionsförderung via negative Steuerpolitik» bezeichnen. Für Solothurn also ein Steilpass. Der Nachbarkanton verärgert mit den Hauseigentümern eine nicht unerhebliche Zahl von Steuerpflichtigen. Die hiesige Regierung kann nun zeigen, dass sie in dieser tiefen Krise intelligentere Konzepte und Rezepte hat. Dazu muss sie aber aufhören, ebenfalls davon zu sprechen, die Katasterschätzung zu erhöhen. Denn damit vergibt sie den Trumpf, den ihr die Berner nun zugespielt haben, gleich wieder.
Man muss kein Keynesianer sein, um Steuererhöhungen jeglicher
Art in Zeiten der Rezession als politische Dummheit bezeichnen zu dürfen.
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