Sonntag, 5. Juli 2020

Das Geschrei nach dem Portemonnaie der Anderen


Die SP Schweiz schreit einmal mehr nach neuen und mehr Steuern in der Schweiz. Neben der teilweise schon beschlossenen, teilweise noch kommenden happigen Erhöhung der Sozialabgaben, will sie gleich zwei neue Steuern einführen: Eine (Bundes-)Erbschaftssteuer und eine «Solidaritätssteuer». Als Drittes soll die direkte Bundessteuer erhöht werden.

Dabei bewegt sich die direkte Bundessteuer bereits auf staatspolitisch sehr gefährlichem Terrain: nur noch knapp mehr als die Hälfte aller Steuerpflichtigen erhalten vom Bund eine Steuerrechnung. Das heisst, dass bald die Mehrheit über diese Steuer entscheiden könnte, ohne dass sie selbst betroffen wäre. Und das heisst auch, dass die ursprüngliche Wählerschaft der SP zu ihrem grossen Teil keine Bundessteuer bezahlen muss.

Das ist jedoch eine sehr ungesunde Entwicklung, die staatspolitisch keineswegs gewollt sein kann. Denn sie untergräbt mittelfristig die Steuermoral und führt zu einer gesellschaftlichen Entsolidarisierung in der Schweiz – genau das Gegenteil dessen, was die SP sich einst auf ihre Fahnen geschrieben hat…

Die neue Solidaritätssteuer will die SP auf «grossen Vermögen» verlangen. Einmal mehr eine Reichtumssteuer-Vorlage also. Damit würde neben den Kantonen, den Kirchen und den Gemeinden auch der Bund das Vermögen besteuern. Bereits heute aber kennen nur sehr wenige Staaten weltweit überhaupt eine Vermögenssteuer. Wir müssen unser Geld versteuern, wenn wir es verdienen. Wieso müssen wir es auch versteuern, wenn wir es auf die hohe Kante legen? Das ist nichts weiter als eine Strafsteuer für alle Sparsamen. Eine vierfache Besteuerung des gleichen Vermögens, wie es nun die Sozialisten wollen, kennt kein einziger Staat weltweit. Wer wollte da sein Vermögen noch freiwillig in der Schweiz lassen?

Die Erbschaftssteuer führt die SP häufiger an, als der Pfarrer in der Kirche das «Amen» spricht. Damit also wollen die Genossen den Rest des Vermögens, das sie jährlich neu vierfach besteuert haben wollen, ein weiteres, ein fünftes Mal so richtig grosszügig vom Staat stehlen lassen. Doch erstens kennt die Schweiz bereits Erbschaftssteuern (ausgenommen sind i.d.R. nur die Kinder; für andere Verwandte können die Steuern gar bis zu 50% des Erbes betragen) – und zweitens gehören diese Steuereinnahmen ebenso wenig dem Bund wie die Vermögenssteuern. Ein Teil des diesbezüglichen Steueraufkommens würde damit von den Kantonen und Gemeinden auf den Bund verschoben.

Ausserdem sind die Erbschaftssteuern - wie oben notiert - nichts Anderes als eine einmalige anstelle einer sich jährlich wiederholenden Vermögenssteuer. Und gemäss unserer Verfassung kann der gleiche Gegenstand nur einmal besteuert werden.

Doch wer wollte bei einer solchen Fülle an Steuern auf seinem Ersparten und Erarbeiteten denn überhaupt noch etwas auf die Seite legen? Wer wollte sich da noch anstrengen und etwas erarbeiten, das ihm der Staat sowieso gleich wieder wegnimmt? Beispiele, wohin das führt, gibt es viele. Auch in Europa. Der Mensch wird immer einen Weg finden, sein Leben zu optimieren. Die kleine Schweiz als Steuerhölle Europas würde rascher zum Armenhaus Europas mit spitzen-hoher Arbeitslosigkeit werden, als die SP ein neues Parteiprogramm schreiben könnte. Und dann würde die Schweiz wieder ein Auswanderungsland - wie auch schon. Denn das Tor zur Welt stand nie offener als heute. Und wenn die Negativspirale einmal zu drehen beginnt, ist sie kaum mehr aufzuhalten. Dafür gibt es weltweit eine reiche Fülle an Beispielen. Und nicht wenige solcher Staaten werden von Sozialisten regiert. Ein Zufall?

Donnerstag, 2. Juli 2020

Masslosigkeit als Mass


«Ich will immer mehr für mich. Die Anderen sollen das für mich bezahlen. Mein Leben muss ich nicht mehr selbst organisieren und für mein Wohlergehen sind die Anderen zuständig und verantwortlich – und die sollen sich gefälligst noch mehr für mich anstrengen.» Das tönt zwar nach einem spätmittelalterlichen Adeligen. Aber: Auf etwa diesen Klartext lässt sich bringen, was momentan in Bundesbern abläuft und was noch auf der politischen Forderungsliste steht.

Dass die SP sich da noch zur Formulierung versteigt, das sei einer vermehrten Solidarität geschuldet, ist so abstrus, dass es dafür keinen vernünftigen Begriff mehr gibt. Denn Solidarität setzt eigenverantwortlich handelnde Personen voraus und nicht entmündigte Egoisten, die für sich alles wollen – und allen Ernstes fordern, dass alle anderen ihre Wünsche nicht nur erfüllen, sondern das auch noch gleich bezahlen sollen.

Kaum hat Bundesbern den Vaterschaftsurlaub vervielfacht und die Kinderabzüge erhöht, wurde ungeachtet der in ihrer Höhe noch nicht mal bekannten Corona-Kosten eine Überbrückungsrente kreiert. Die SVP hatte dazu die bürgerliche Mitte dem Ultimatum der Linken ausgeliefert. Alle drei Beschlüsse sind im höchsten Fall Titel auf einer Wunschliste für Hochkonjunkturzeiten. Eltern haben zwar viele Verpflichtungen, ihnen kommt aber – direkt oder indirekt – eine Vielzahl staatlicher Unterstützungen zu. Die Überbrückungsrente wird vor allem jenen dienen, die sich Anstrengungen und Kosten des lebenslangen Lernens und Weiterbildens sparen und damit das Risiko massiv erhöhen, irgendeinmal wegen fehlendem Know-how aus dem Arbeitsmarkt zu fallen.

Auch die Selbständigen sollen zudem neu der Arbeitslosenversicherung (ALV) unterstellt werden. Erst kamen sie wegen der Corona-Krise in den Genuss von ALV-Leistungen, ohne je Beiträge bezahlt zu haben. Nun erfolgt die längst fällige Korrektur. Aber auch das ist erneut ein Ausbau des Sozialstaates. Und stets geben wir einen Teil unserer Selbstverantwortung ab; stets werden wir etwas mehr entmündigt.

Das alte Solothurn kannte 45 kirchliche Feiertage pro Jahr. (Fast) Niemand durfte oder musste dann arbeiten. Das würde heute neun Wochen Ferien entsprechen; allerdings wurde früher niemand für die Feiertage entlöhnt – im Gegensatz zu den heutigen Ferien. Dennoch verlangte 1756 die Obrigkeit vom Papst die Streichung von 22 dieser arbeitsfreien Tage. Nein: früher war nicht alles besser – aber vernünftiger, weil massvoller waren sie alleweil.