Donnerstag, 4. Juni 2020

Pädagogik ohne Logik


In der nächsten Woche sollen auch die Kantons- und die Berufsschüler wieder zur Schule gehen können. Soweit der Bundesrat. Dieser Re-Start erfolgt jedoch nur teilweise. Solothurns Erziehungs-,  pardon: Bildungsdirektor Remo Ankli betonte, dass vorläufig nur jene Schüler Präsenzunterricht erhalten sollten, «die in den letzten Wochen gelitten haben». Was genau er damit meinte, ist nicht bekannt. Meinte er damit jene Schüler, die nicht genügend motiviert (zu Deutsch: zu faul) waren, um zu lernen. Oder meinte er jene, die dem digitalen Unterricht aufgrund mangelnder Intelligenz nicht zu folgen vermochten?

Ankli betonte auch, dass man in den Schulen inzwischen «Schutzkonzepte» erarbeitet habe. Gemäss Polizei sind es jedoch gerade die 15-25-Jährigen, die sich sehr ungenügend an die Vorgaben des Bundesrates halten. Im Schulhaus alle Vorsichtsmassnahmen, davor null. Das ist nun mal weitgehend die Realität.

Aber zurück zu Bildungsdirektor Ankli. Erst einmal soll also all jenen Schülern geholfen werden, die in den letzten Wochen dabei überfordert waren, selbständig zu lernen. Das überrascht bei Kantischülern doppelt. An der Hochschule oder der Universität, wird sie niemand mehr bei der Hand nehmen und beim Lernen eng begleiten. Entweder sie sind dann «maturi», reife, selbständige Erwachsene, oder sie scheitern beim Versuch eine akademische Ausbildung abzuschliessen. Seit Jahren klagen die Universitäten genau darüber. Zu viele Studenten scheitern bereits in den ersten Semestern. Wer also in den letzten Wochen nicht fähig war, «im Fernunterricht» zu lernen, der gehört eigentlich auch nicht an eine Universität.

Etwas anders präsentiert sich die Situation bei den Berufsschülerinnen. Doch sie hatten und haben jederzeit die Möglichkeit, ältere Lehrlinge oder Arbeitskollegen zu fragen und um Hilfe zu bitten. Ausserdem unterstützt und betreut sie in jedem Betrieb ein spezieller Lehrlingschef.

Es ist also nicht einzusehen, weshalb jetzt jene Schüler «belohnt» werden sollen, die in den letzten Wochen die Zügel schleifen liessen und sich lieber bei Netflix, beim Gamen oder mit Kollegen vergnügten. Diejenigen, die fleissig und motiviert bei der Sache waren, sollen dagegen «auf der Wartebank» Platz nehmen. Unselbständigkeit wird belohnt, statt Selbständigkeit gefordert. Was ist denn das für eine Pädagogik? Was werden denn hier für Anreize und Zeichen gesetzt? Nach dem gesunden Menschenverstand sicherlich die falschen.


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