Sonntag, 17. Mai 2020

Wehret den Anfängen oder per Schnellzug in die Vergangenheit


Die Berner Regierung liebäugelt sehr ernsthaft damit, das Road Pricing oder Mobility Pricing einzuführen. Nun wird niemand etwas dagegen haben, dass auch Teilnehmer der Mobilität die Kosten, die sie verursachen, zu einem gewissen Teil tragen sollen. Deshalb kennt jeder Kanton die sogenannte Motorfahrzeugsteuer und der Bund die Benzinzölle. Die Motorfahrzeugversicherung gilt notabene auch für Boote, obwohl der Kanton Bern zum Beispiel noch nie einen neuen Schwarzbelag auf dem Bielersee aufbringen musste. Aber bitte: der Staat nimmt, wo man ihn nehmen lässt.


Was hier jedoch, kaum getarnt mit dem Mäntelchen des Klimaschutzes und mit einem schwachen Hinweis auf das Verursacherprinzip daherkommt, entpuppt sich auch diesmal als neuer Weg zu alten Steuern. Denn Wegzölle gab es bereits im Mittelalter. Exponenten der Obrigkeit machten damals etwas legaler, was Wegelagerer etwas weniger legal ebenfalls fleissig taten: Wer vorbei ging bzw. auf Reisen war, wurde dafür um ein paar Münzen erleichtert. Die Berner waren darin seit je durchaus streng und konsequent. Noch 1838 – lediglich zehn Jahre vor dem Inkrafttreten unserer Bundesverfassung – diskutierte der bernische Grosse Rat hitzig über die Frage, wer wieviel Brückenzoll bezahlen sollte. Ob Kinder auch bezahlen müssten und wie das bei schwangeren Frauen zu handhaben sei.


Mit der neuen Bundesverfassung fielen 1848 alle Brücken- und Strassenzölle dahin. Das hielt genau 137 Jahre. Mit der Autobahnvignette wurde diese Errungenschaft der neuen Verfassung 1985 teilweise rückgängig gemacht. Nun sollen also weitere Strassen- oder Brückenzölle eingeführt werden. Im Unterschied zum Mittelalter bestehen heute aber die Motorfahrzeugsteuern und die Benzinzölle. Und zudem gibt es den öffentlichen Verkehr – die Postkutschen waren bereits im 19. Jahrhundert von den Strassenzöllen ausgenommen. Und der ÖV wird aus der Steuerkasse massiv subventioniert. Das heisst, jedes Bus- oder Bahnbillet, egal ob für einen armen oder einen reichen Mann, ist massiv verbilligt. Die Idee dahinter ist, dass der öffentliche Verkehr gefördert werden soll. Das Road Pricing geht noch einen Schritt weiter und will zusätzlich den Privatverkehr mit einer weiteren Steuer (neben Benzinzoll, Mehrwertsteuer und Motorfahrzeugsteuer) belasten oder richtiger: bestrafen.

Die einen werden also für ihre Mobilität bestraft – die anderen mindestens indirekt dafür belohnt.


Der Verkehr, so eine der Ideen, soll mit den neuen Abgaben gesteuert werden können. Das funktioniert jedoch nur, wenn diese Abgaben sehr hoch sind. Der Individualverkehr wird damit jedoch zu einer Frage des Portemonnaies. Zudem werden diese neuen Steuern unser Land mit einem Flickenteppich voller mehr oder weniger willkürlicher, weil lokal oder regional bedingter Strassenzölle überziehen. Dies zum Schaden der Wirtschaft allgemein, des Tourismus im Besonderen und ausserdem zu Lasten der persönlichen Freiheit. Dass damit auch die gleiche Sache noch mehrfacher als bis anhin schon besteuert wird, scheint inzwischen kaum mehr jemanden zu stören.

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